Sprachlos in Portugal
Mutter, Vater, Tochter. Wirtschaftskrise. Arbeitslosigkeit. Sprachlosigkeit. Entfremdung. Das sind die Zutaten von Teresa Villaverdes COLO. Ein unglaublich deprimierender Film. Nicht unbedingt, weil das Thema so traurig ist, was es zugebenermaßen ist (der Portugiese in der Krise). Sondern, weil der Film damit in einer deprimierend uninspirierten und uninspirierenden Weise umgeht. 138 quälend lange Minuten schaut man einer Familie dabei zu, wie sie schleichend auseinanderdriftet. Die gemeinsame Wohnung, die eigentlich ein Hort der Geborgenheit sein sollte, wird zum Gefängnis, dem man nur noch entfliehen kann. Man selbst wünscht sich, dem Kinosaal ebenfalls entfliehen zu können. Das tut man aber nicht, weil man geschätzte 120 Minuten lang darauf hofft, dass der Film doch noch eine interessante Richtung einschlägt. Allein: es wird nichts damit.
Dabei passiert durchaus dies und das: Die Mutter kommt sehr spät nach Hause, Tochter und Vater machen sich Sorgen. Die 17-jährige Tochter bleibt über Nacht weg, die Eltern machen sich Sorgen. Der Vater bleibt über Nacht weg, die Mutter und die Tochter machen sich Sorgen. Der Vater versucht vergeblich, einen ehemaligen Schulkollegen, der seine Jobbewerbung ignoriert, zur Rede zu stellen. Der Strom wird abgestellt. Der Kanarienvogel stirbt. Wird das Muster klar? Unterlegt wird diese Handlung durch bedeutungsvolle Bilder: Mensch in der Totale am Meer, Blick von außen auf die Wohnung, in der die einzelnen Familienmitglieder isoliert voneinander in ihren verschiedenen Zimmern zu sehen sind. Fußwaschungen. Rot-weißes Absperrband auf dem Hausdach. Eimer über den Kopf gestülpt.
Weil die Figuren so sprachlos und hermetisch in sich verschlossen sind, wie das Drehbuch sie geschaffen hat, interessieren sie einen nicht. Dabei hat man aber ein schlechtes Gewissen, weil es ja etwas ganz Schreckliches ist, was diesen Menschen passiert. Und unsympathisch sind sie einem im Grunde auch nicht. Sie lassen einen einfach kalt, weil kein Tropfen echten Blutes in ihren Adern fließt.
Zum Schluss gibt es dann noch eine extrem seltsame Wendung im Plot, die entweder sehr ambitioniert künstlerisch-metaphorisch gemeint ist (was sich zum bisherigen Stil des Films nicht wirklich passt), oder aber überhaupt nicht nachzuvollziehen ist. Schade, eigentlich. Das Thema dieses Films wäre an und für sich wirklich spannend gewesen.