AL DOILEA JOC (The Second Game) von Corneliu Poromboiu

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Der Ball ist rund und das Spiel dauert 90 Minuten. Außerdem schneit es während der kompletten Spielzeit. Nach einer Viertelstunde hat sich der Rasen in einen matschigen Dorfacker verwandelt. Und trotzdem schaut man anderthalb Stunden lang gebannt auf das grisselige Fernsehbild und lauscht mit großem Vergnügen dem Kommentar aus dem Off. Es handelt sich um ein Match aus längst vergangener Zeit: Am 3. Dezember 1988 traten die beiden Topmannschaften Rumäniens gegeneinander an: Steuau und Dinamo, die Equipe des Militärs gegen die von Polizei und Securitate. Der Vater des Filmemachers Corneliu Porumboiu war damals Schiedsrichter. Jetzt kommentiert er das Spiel gemeinsam mit seinem Sohn von der heimatlichen Couch aus. Alles, was man zu sehen bekommt, ist jedoch das Spiel selbst.

Der Sohn interessiert sich für das Spiel selbst ebenso wie für das Drumherum. Und der Vater ist auskunftsfreudig: Die versuchte Einflussnahme von Seiten hoher Militärs und Securitate-Offiziere kommt ebenso zur Sprache wie die Spieltaktik, die Analyse einzelner Spielzüge ebenso wie die Tatsache, dass diese beiden Mannschaften so gut wie nie gegen andere Teams aus der rumänischen Liga verlieren durften. Wenn immer schlimme Fouls passieren oder die Spieler sich böse kabbeln, mussten die Kameras auf die Zuschauermenge schwenken – schlechte Vorbilder sollten nicht im Staatsfernsehen übertragen werden. Geradezu philosophisch erläutert Vater Porumboiu, warum es falsch ist, zu viele gelbe Karten zu verteilen, und warum man das Spiel besser laufen lässt und Vorteil gibt. Es ist ihm aber wichtig zu betonen, dass er es stets geschafft hat, sich Respekt zu verschaffen gegenüber diesen verwöhnten, arroganten, von ganz oben geschützten Top-Spielern. Gleichzeitig bewundert er aber noch heute ihre spielerischen Qualitäten.

Neben der amüsanten Seite dieses Films gibt es noch eine darunter liegende, ernstere Bedeutungsebene. Mit diesen Bildern taucht der Zuschauer unvermittelt in die späte Ceaucescu-Zeit ein. Aus heutiger Sicht erscheinen die Bilder von dem verschneiten Spielfeld und den Sportlern mit den komischen Haarschnitten wie aus einer völlig anderen Zeit, die Spieler, deren Umrisse man im Gestöber oft kaum noch erkennen kann, wie Gespenster – ebenso die eingeschneiten Uniformträger am Spielfeldrand und die fast regungslose Zuschauermenge, die allmählich von Schnee verschluckt zu werden scheint. Sie alle fügen sich ein in die trostlose Umgebung des Stadions. Die Stimmen von Vater und Sohn machen ein Ereignis wieder lebendig, dass durch eine blutige Revolution und einen radikalen Umbruch im Land in unendliche Ferne gerückt ist. Es ist wahr – diese Bilder sind in der Tat aus der Zeit gefallen

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Titel

Orignaltitel

Al doilea joc

Englischer Titel

The Second Game

Credits

Regisseur

Corneliu Porumboiu

Land

Flagge RumänienRumänien

Jahr

2014

Dauer

97 min.

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