Haewon ist eine hübsche junge Studentin in Seoul, deren Leben auf einmal voller Unwägbarkeiten ist. Zunächst eröffnet ihr die Mutter, dass sie nach Kanada ziehen wird; dann entdecken ihre Kommilitonen, dass sie seit längerem ein Verhältnis zu einem verheirateten Uni-Dozenten hat. Haewon ist sich nicht sicher, welche Richtung sie ihrem Leben nun geben soll. Sie flüchtet sich immer öfter in Tagträume, die für den Zuschauer nicht ohne weiteres von der Realität zu unterscheiden sind. Mit NOBODY’S DAUGHTER HAEWON ist der koreanische Regisseur Hong Sangsoo bereits zum zweiten Mal im Wettbewerb der Berlinale vertreten, zuletzt erzählte er 2808 in NIGHT AND DAY von einem jungen Mann, der in Paris nach Antworten auf die Fragen seines Lebens sucht.
Dass diese Antworten nicht leicht zu finden sind, muss auch Haewon erfahren: Soll sie sich endgültig von ihrem Liebhaber trennen, ist vielleicht der koreanisch-amerikanische Uniprofessor, eine Zufallsbekanntschaft, ihr Zukunft, oder doch eher das schmächtige Bürschlein mit der Vorliebe für gebrauchte Bücher? Haewon ist dauernd in Bewegung; sie trifft sich mit Freunden, spaziert durch die Straßen der Stadt und wandert auf einer alten Festung vor der Stadt umher – immer wieder trifft sie dabei auf streng dreinblickende Statuen, die sich wie Richter über ihr Leben in den Himmel aufrichten. Doch Haewon scheint nicht viel von Konventionen zu halten – wiederholt sagt und tut sie Sachen, die man offensichtlich so nicht sagt oder tut. Für den westlichen Zuschauer sind diese Tabubrüche allerdings nicht immer ohne weiteres zu entziffern – man kann sie nur durch die Art erahnen, wie die Umwelt auf das junge Mädchen reagiert.
Am Ende des Films wird man einigermaßen ratlos zurück gelassen: Was von dem, was man gesehen hat, ist nun wahr, was ist geträumt? Und: Spielt das überhaupt eine Rolle? Man kann sich recht vergnügt in den anderthalb Stunden dieses Films verlieren, doch ein bleibender Eindruck entsteht dadurch nicht wirklich.