Senada, Nazif und die beiden kleinen Mädchen Sandra und Semsa sind eigentlich eine glückliche kleine Familie. Liebevoll spielen die Eltern mit den Kindern, Mann und Frau sind sich nahe, die Kinder scheinen rundum zufrieden. Nur: Sie sind bitter arme Roma, die in einem erbärmlichen Kaff in Bosnien-Herzegowina von der Hand in den Mund leben. Nazif schlachtet für ein paar Kröten alte Autos aus, um das Metall zu verkaufen. Senada kümmert sich um den Hauhalt. Doch dann bringt eine unerwartete Katastrophe das fragile Gefüge zum Einsturz: Eine Schwangerschaft, schwere Komplikationen und eine dringend benötigte Operation, für die aber weder Krankenversicherung noch Geld da ist. Der Regisseur Danis Tanovic zeigt in den folgenden anderthalb Stunden hautnah die Odyssee, die aus dieser verzweifelten Situation folgt.
Dass es sich bei der Familie um Roma handelt, spielt in dem Film keine entscheidende Rolle. Die Diskriminierung und Brutalität, die sie erlebt, erwächst in erster Linie aus ihrer Armut. Das Krankenhaus lässt nicht mit sich verhandeln: Kein Geld, keine OP. Was geradezu wahnwitzig wirkt, angesichts der Tatsache, dass hier eine Frau in Lebensgefahr schwebt. Man ist jedoch geneigt, die Situation voll und ganz zu glauben, und tut sicher gut daran. Unterm Strich ist das Leben und Überleben der Kleinfamilie nur möglich, weil sie sich in einem engen sozialen Netz bewegt. Wäre da nicht der stets hilfsbereite Bruder Nazifs, die Nachbarn, die bereitwillig ein Auto leihen, die Schwägerin, die ihre Krankenversicherungskarte zur Verfügung stellt – die täglichen Hürden, und erst recht die Notfälle, wären nicht zu meistern.
Ganz nah bleibt der Film an den Figuren, taucht ein in ihren Alltag und fängt sehr präzise die Atmosphäre in dieser Familie ein: Den liebevollen Umgang miteinander, die Zähigkeit angesichts der ausweglosen Situation, aber auch die Hoffnungslosigkeit, die irgendwann einsetzt. Als die große Krise mit Ach und Krach überwunden ist, stellt sich beim Zuschauer ganz klar das Gefühl ein: Die nächste Katastrophe kommt bestimmt. Zu prekär ist das Leben dieser vier Menschen, als dass sie nicht wieder ein unerwartetes Ereignis aus der Bahn werfen könnte. Tanovic hat mit Laienschauspielern gedreht; die Familie spielt in der Tat eine Situation nach, die sie selbst erlebt hat. Sicher trägt auch das zu dem Gefühl der Unmittelbarkeit und Echtheit bei, das der Film vermittelt. Insgesamt ein beeindruckendes Stück Sozialstudie, als Film im Wettbewerb der Berlinale fehlt aber leider das filmisch Besondere, das daraus einen Bärenkandidaten gemacht hätte.