"Gigante" von Adrián Biniez

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Bamm, bamm, bamm. Morgens um neun von einem martialischen Heavy-Metal-Song wachgerüttelt zu werden, hat schon was. Ganz groß im Bild, weiß auf rotem Grund: ein gigantisches “A”. Dann weitet sich der Blick der Kamera und der Filmtitel “Gigante” erscheint in seiner ganzen Blockbuchstaben-Pracht. Der Gigant, um den es sich hier handelt, ist ein im Grunde sehr sanftmütiger Nachtwächter, der in einem Supermarkt in einem tristen Vorort von Montevideo arbeitet. Der Film des Uruguayaners Adrián Biniez folgt diesem sanften Riesen auf Schritt und Tritt durch sein eigentlich sehr langweiliges Leben. Das kleine Wunder dabei: es wird einem dabei keine Sekunde langweilig.

Zugegeben, die ganze Nacht auf einen Überwachungsmonitor zu schauen, kann ganz schön nervtötend sein. Also löst der Gigant Jarita zum Zeitvertreib Kreuzworträtsel. Bis er eines Nachts auf dem Bildschirm die Putzfrau Julia erblickt – und sich stante pede in sie verliebt. Natürlich ist er viel zu schüchtern, um irgendwelche Schritte in ihre Richtung zu unternehmen. Vielmehr beschränkt er sich darauf, Julia per Monitor auf Schritt und Tritt zu folgen, und ihr unauffällig aus der Patsche zu helfen, als sie fast beim Diebstahl erwischt wird. Dann beginnt er sie auch nach Dienstschluss nicht mehr aus den Augen zu lassen. Er folgt ihr in eine Internet-Cafe, zum Karatestudio, ins Kino, sogar in eine Kneipe, in der sie sich mit einem Typen zum Blind Date trifft, der lustigerweise von ganz ähnlicher Statur ist wie Jarita. Seltsamerweise hat man dabei nie das Gefühl, dass Jarita dabei die Grenze zum Stalker überschreitet.

Zwischendurch bekommen wir einen Einblick in das Leben, das Jarita neben der Arbeit führt. Um es kurz zu machen: es ist ziemlich eintönig. Fernsehgucken, schlafen, Heavy-Metal-Musik hören, und ab und an in einer Disko als Türsteher jobben. Man bekommt schon sehr deutlich das Gefühl, dass da durchaus noch Platz für mehr ist in diesem Leben – für so etwas wie die Liebe, zum Beispiel. Je länger man dem Giganten bei seinem Leben zuschaut, desto sympathischer wird er einem. Und man wünscht ihm wirklich sehr, dass er endlich die Kurve kriegt, um seine Traumfrau anzusprechen.

Was „Gigante“ so besonders macht, ist sein Sinn für komische Details: Wenn Jarita beislpielsweise raten muss, welchen Film sich Julia im Kino anschaut - Liebe oder Horror – und dann natürlich prompt auf Liebe und damit falsch tippt. Oder wenn er einem Kollegen sehr fachkundig die Halswirbel einrenkt und auf die Frage, woher er das könne, seelenruhig antwortet „aus dem Fernsehen“. Ein schöner Film, der auf ganz wunderbare Weise zeigt, dass nicht nur die nach Modelmaß geschnittenen Menschen ein Recht darauf haben, ihre Sehnsüchte zu erfüllen.

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Titel

Orignaltitel

Gigante

Credits

Regisseur

Adrián Biniez

Schauspieler

Diego Artucio

Horacio Camandulle

Fabiana Charlo

Federico García

Néstor Guzzini

Ernesto Liotti

Carlos Maria Lissardy

Leonor Svarcas

Land

Flagge NiederlandeNiederlande

Jahr

2008

Dauer

84 min.

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