„Die Fälscher“ von Stefan Ruzowitzky (Wettbewerb)
Sally Sorowitsch ist ein Ganove – einer, der weiß, wie er sich durchschlagen muss im Vorkriegs-Berlin. Vorwiegend mit Fälscherein. Irgenwann einmal, so sagt er, hatte er auch Familie. In Russland. Irgend etwas ist passiert, damals,und seitdem spricht er kein russisch mehr. Wie dieser Sally, als Jude und Krimineller doppelt gebrandmarkt, dann im KZ Sachsenhausen zum Meisterfälscher im Dienste der Nazis wird, davon erzählt der deutsche Wettbewerbsbeitrag „Die Fälscher“ von Stefan Ruzowitzky.
Karl Markovics spielt den smarten Gauner mit eleganter Zurückhaltung. In Mauthausen, wohin er zunächst deportiert wird, geht er an der harten Arbeit im Steinbruch beinahe zugrunde. Doch als er heimlich einen SS-Mann zeichnet und dann auch noch die Chuzpe hat, dies zuzugeben, als der Zettel gefunden wird, genießt Sorowitsch auf einmal Privilegien als KZ-Maler. Nicht lange, und er wird nach Sachsenhausen verlegt.
Dort soll er, gemeinsam mit einem Dutzend anderer Häftlinge, britische Pfundnoten und amerikanische Dollars fälschen. Die deutsche Wirtschaft ist am Ende – das gefälschte Geld wird dringend benötigt und nebenbei sollen die Kriegsgegner durch die Blütenschwemme wirtschaftlich ruiniert werden. Drucker, Zeichner, frühere Bankangestellte, Maler – und eben der Fälscherkönig Sally sollen die perfekten Fälschungen herstellen. Wo durch eine dünne Holzwand getrennt die „normalen“ Häftlinge geschunden und ermordet werden, lebt die Fälscherbrigade in relativem Komfort – in einer Baracke mit weichen Betten. Dass sie durch ihre Tätigkeit den Krieg der Nazis unterstützen verdrängen die meisten, bis auf den politisch engagierten Häftling Burger, den August Diehl mit diesem typischen fiebrigen Glanz in den Augend großartig spielt. Burger hat Auschwitz überlebt, indem er sich an dem Proviant bedient hat, der den Deportierten abgenommen wurde, bevor sie in die Gaskammern geschickt wurden. Nun aber entwickelt er eine ausgeklügelte Methode der Sabotage, die das Herstellen der Blüten immer wieder verzögert.
„Die Fälscher“ bietet ein breites Panoptikum an Figuren – den Halbwüchsigen Maler aus Odessa, den Sorowitsch unter seine Fittiche nimmt, den Familienvater, der zusammenbricht, als er unter den Ausweis-Vorlagen aus Auschwitz die Pässe seiner Kinder findet, den „kleinen Mann“ aus dem Wedding und Vorarbeiter Atze und den ausgemergelten Häftling, der nur am eigenen Überleben interessiert ist – Andreas Schmidt füllt diesekleine Nebenrolle mit packenden Intensität. Auf der Nazi-Seite gibt es den brutalen Schläger, und dann gibt es den SS-Mann Herzog: Dieser fungiert als Beschützer auf Zeit, denn die Fälscher wissen, dass sie bei Ende des Krieges gefährliche Zeugen wären, und deshalb wohl ermordet werden, sobald ihr Auftrag erledigt ist. Devid Striesow spielt den gönnerhaften Nazi Herzog mit einer bis ins kleinste berechneten Freundlichkeit, die einen gruselt. Der Verbrecher ohne Gewissen im Mantel des Durchschnittsbürgers.
Der Alltag im Fälscherblock, die Schicksale der einzelnen Figuren, die Gewalt hinter dem Holzzaun, Absurditäten wie ein Karneval im KZ – all diese Elemente verbindet der Film auf stimmige Weise. Die sensible Darstellung des Kampfes der Häftlinge im allgemeinen und Sorowitsch im besonderen zwischen Überleben und Gewissen macht diesen großartig gespielten Film zu einem bisherigen Höhepunkt des Wettbewerbs. Man meint zwar, man hat nun über die Nazizeit schon alles auf der Leinwand gesehen, was es zu sehen gibt. Aber dieser Film beschreibt eine nahezu unglaubliche Geschichte, und macht die Protagonisten, die daran beteiligt sind, lebendig. Es gibt eben immer doch noch eine neue Geschichte, die es lohnt kennzulernen.