I WANT MY COUNTRY BACK – THE TEA PARTY von Astrid Schult

i_want_my_country_back.jpg


Immer wieder liest man von der Tea Party Bewegung in den USA, einer Gruppierung am rechten Rand der Republikaner, die nicht nur Obama, sondern auch der eigenen Partei das Leben schwermacht. Noch gut kann man sich an die Aufregung um die wohl prominenteste Tea Party Vertreterin Sarah Palin erinnern. Sie trat 2008 für die Republikaner als Vize-Präsidentschaftskandidatin an.

Trotzdem bleibt die Tea Party nur schwer greifbar. Wer sind die Aktivisten an der Basis? Was treibt sie an? Was für Menschen sind das? Offene Fragen, die sicherlich zu dem großen Interesse bei der Hofer Premiere von Astrid Schults Dokumentartfilm beigetragen haben.

Schult, die 2006 auf der Berlinale mit ZIRKUS IS NICH debütierte, hat acht Wochen in den USA recherchiert, bevor sie sich entschlossen hat, die Bewegung im Bundesstaat Tennessee zu filmen. Sie lässt in Wechsel mit Bildern von Tea Party Treffen und Seminaren eine Handvoll eloquenter Aktivisten zu Wort kommen, u.a. Ben Cunningham, Ken Marrero und Tess C. Die Regisseurin hat den Beteiligten versprochen, sie auch in der Nachbearbeitung des Films fair zu behandeln. Soweit man es als Zuschauer beurteilen kann, ist sie dem auch nachgekommen. Obwohl es einiges an Selbstkontrolle gekostet hätte, wie Schult auf den Hofer Filmtagen erzählt, hat sie die Aktivisten einfach erzählen lassen, ohne zu unterbrechen oder kritische Nachfragen zu stellen. Dadurch macht sie nicht nur die Einstellungen, sondern auch die Emotionen sichtbar, die die Tea Party-Mitglieder antreiben.

Die Interviewten sind gerührt von sich und den Ausführungen anderer Tea Party Anhänger, sie weinen, wenn sie an die Zukunft Amerikas denken oder sie reden sich in Rage. Ihre Devise ist ein radikaler Individualismus, in dem jeder sich selbst der Nächste ist. Eine freie Krankenversicherung wirkt für sie wie der blanke Hohn. Durch Steuererhöhungen und Sozialpolitik sehen sie ihren Besitzstand bedroht. Sie fühlen sich betrogen, belogen und in ihrer Empörung schrecken sie vor keiner noch so haarsträubenden These zurück. Der Vergleich zwischen Obama und Hitler taucht z.B. immer wieder auf.

Zwischen den Interviewsequenzen hat Schult mehrmals Schrifteinblendungen mit Informationen zur Boston Tea Party platziert. Obwohl sie sich an Fakten hält, signalisieren Auswahl und Wortwahl die eigene Position der Regisseurin. Dies ist die einzige Stelle, wo man sich überlegt, ob Schult nicht auf etwas hätte verzichten können, denn die Bilder und die Selbstdarstellungen der Tea Party Aktivisten sind bereits entlarvend genug.

Eine gekürzte Fernsehfassung von I WANT MY COUNTRY BACK – THE TEA PARTY wird am 30.10.um 22:05h auf Arte und am Tag der Wahl (6.11.) um 11:30h im SWR gezeigt. Der Film sei nicht nur denjenigen empfohlen, die sich für die Tea Party Bewegung interessieren. Er sagt auch viel aus über die USA und seine nationalen Mythen.

Kommentiere den Film oder den Eintrag

Impressum