NOISE AND RESISTANCE von Francesca Araiza Andrade und Julia Ostertag (Crossing Europe 2011)

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Schon gleich zu Beginn der Vorstellung ist klar, wer die Regisseurin von NOISE AND RESISTANCE ist. Mit Lederjacke, langen schwarzen Raster und Piercing bildet Francesca Araiza Andrade einen unübersehbaren Kontrast zum restlichen Kinopublikum. Dies muss eigentlich so sein, denn schließlich hat Francesca einen Film über eine Szene gemacht, als dessen Teil sie sich selbst begreift und die so anders sein will als der Mainstream, dass sie sich eine eigene Parallelwelt geschaffen hat.

Francesca Araiza Andrade und ihre Co-Regisseurin Julia Ostertag widmen sich in 90 Minuten Europas DIY Szene. DIY?

Ist doch klar, oder? Das muss man zu mindestens annehmen, wenn man die Inhaltsangabe im Festivalkatalog liest, denn hier wird die Abkürzung nicht weiter aufgelöst. Aber selbst wenn man DIY nach "Do It Yourself" übersetzt, bin ich immer noch so ratlos wie vorher. Im Film wird dann aber schnell klar, dass es bei DIY um die linke Punkszene geht, die ihre musikalischen Wurzeln nicht in den Sex Pistols sieht, sondern in der britischen Anarchopunk-Legende CRASS.

Dementsprechend spielt CRASS auch eine zentrale Rolle im Film. Mit Archivfotos, Konzertausschnitten und Interviews wird der Einfluss der Band deutlich gemacht. Auch CRASS Frontmann Penny Rimbaud kommt ausgiebig zu Wort. Er geht zwar inzwischen bereits auf die 70 zu, seine Ideale sind aber immer noch die gleichen.

Um dieses Zentrum, das die Wurzeln der DIY-Bewegung beleuchtet, begibt sich NOISE AND RESISTANCE auf eine Reise zum DIY-Punk der Gegenwart. Sie führt von der sich gerade erst formierenden Punk-Szene in Moskau, dem DIY-Vertrieb Active Distribution in London, dem schwedischen Niemand ist Illegal-Festival Punk Illegal, über die Spontan Anarchokonzerte in Gracias, Barcelona bis hin zur der Queer-Wagenburg Schwarzer Kanal in Berlin.

Die Musik und die Interviews mit Musikern und Aktivisten zeigen, dass die Szene überall vom gleichen Geist beseelt ist: man will seine eigene Meinung gegen den unkritischen medialen Konsens verteidigen, ohne die Unterstützung des kommerziellen Systems etwas auf die Beine stellen und zeigen, das es jenseits des Mainstreams eine Alternative gibt.

Es ist insbesondere die aufrichtige Ehrlichkeit aller Interviewten die NOISE AND RESISTENTE eine große Durchschlags- und Überzeugungskraft gibt.

Der Film hätte so nicht gemacht werden können, wenn die Regisseurin Francesca Araiza Andrade nicht selbst Teil der Szene wäre. Als ein Annäherungsversuch an eine subkulturelle Szene verfolgt NOISE AND RESISTANCE in diesem Sinne einen ähnlichen Ansatz wie Johanna Jackie Baiers Berlinale Beitrag HOUSE OF SHAME – CHANTAL ALL NIGHT LONG über die Tansvestitenszene in Berlin. Tatsächlich zeigt sich diese Schnittmenge zwischen Transvestiten- und DIY-Szene auch im Film selbst. Wenn über ein Queer Punk Festival im Wagendorf Schwarzer Kanal berichtet wird, sieht man unter den Gästen Gloria Viagra, die auch in CHANTAL ALL NIGHT LONG viel zu sagen hat.

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