„La Maison“ von Manuel Poirier

Leben verläuft nicht gerade. Leben ist kein Drehbuch. Seltsam dabei: an die Spiegelung des Lebens im Film, stellen wir oft höhere Ansprüche, als an die Kohärenz unseres gelebten Lebens. Ein guter Film soll „glaubwürdig“ sein. Unser Leben würde aber in seiner Gesamtheit bestimmt nicht geglaubt. Die vielen Ecken und Kanten machen es unbrauchbar für ein 90-Minuten-Kunstwerk. Wenn ein Film sich trotzdem der Zufälligkeit unseres Lebens annimmt, dann ist sein Erfolg auch davon abhängig, wie unbemerkt der Drehbuchautor das Schicksal seiner Figuren lenkt.

Der Plot von Manuel Poiriers neuen Film „La Maison“ hatte mich zunächst nicht überzeugt. Zu „erfunden“ schien mir die Geschichte: Paris. Malo, Vater von drei Kindern lässt sich gerade scheiden. Bei einem Landausflug, entdeckt er zufällig ein verlassendes Landhaus, das zur Versteigerung ausgeschrieben ist. Unbemerkt dringt er aus Neugier in das Haus ein und findet dort beim Stöbern einen bewegenden Brief eines kleinen Mädchens an ihren Vater. Als er überhastet das Haus verlässt, nimmt er versehentlich den Brief mit. Er will den Brief aber wieder zurückgeben und stellt Nachforschungen an. So lernt er Chloe kennen, dass Mädchen, das den Brief schrieb. Sie ist inzwischen 30 Jahre alt. Das Haus, das zur Versteigerung steht, ist das ihres verstorbenen Vaters, der sich als Chloe noch sehr jung war von seiner Frau hat scheiden lassen. Als Relikt einer kurzen glücklichen Zeit kann sich Chloe, nur schwer von dem Besitz trennen. Malo verliebt sich in Chloe, nicht zuletzt weil sie sein eigenes Schicksal vorwegzunehmen scheint. Er versucht die glücklichen Kindheitserinnerungen zu bewahren.

So abwegig mir die Geschichte beim Lesen auch zunächst erschien, auf der Leinwand wird sie zu einem fast unauffälligen Mittel, um den Zuschauer die verzweifelten Seelenlagen der Hauptcharaktere näher zu bringen, die sich aus ihren Lebensgeschichten ergeben. Drei Dinge sind es, die dem Film eine überzeugende Kraft geben: Zeit, Sergi Lopez und Parallelität. Zeit: Regisseur Manuel Poirier hetzt nicht durch die Geschichte. Die einzelnen Einstellungen gehen oft über 2 Minuten. Diese Ruhe gibt den SchauspielerInnen den Freiraum, ihre Rolle behutsam zu entwickeln. Sergi Lopez: Poirier hat Sergi Lopez mit dem Film Western“ bekannt gemacht. Die langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den beiden Künstern hat sich auch in La Maison ausgezahlt. Der katalanische Schauspieler gibt mit seinem einprägsamen Spiel der Figur des französischen Familienvaters die der Situation angemessene Melancholie und Hilflosigkeit. Parallelität: Dadurch, dass Poirier der unmittelbaren Situation der Scheidung von Malo, die von Chloe nicht vewundene, 20 Jahre zurückliegende Scheidung ihrer Eltern entgegensetzt, macht „La Maison“ zu einer einfühlsame Reflexion über Partnerschaft und Familie in Auflösung.

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Titel

Orignaltitel

La Maison

Credits

Regisseur

Manuel Poirier

Schauspieler

Bérénice Bejo

Sergi López

Bruno Salomone

Barbara Schulz

Drehbuch

Kamera

Pierre Milon

Musik

Lhasa

Jean Massicotte

Land

Flagge FrankreichFrankreich

Jahr

2000

Dauer

97 min.

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