Lange Zeit hatte das Hongkong Kino eine feste Heimat in der Sektion Forum. Zuletzt musste es aber zunehmend Filmen aus anderen Ländern Asiens wie den Philippinen und Korea weichen. Es ist daher eine besonderes Vergnügen zu sehen, dass mit THE STOOL PIGEON der perfekt inszenierte Hongkong Film seinen Platz zwischen den Sozialdramen, Kunstfilmen und Autorenfilmen wieder gefunden hat.
Inspektor Don Lee betreut Informanten, die aus ehemaligen Kleinkriminellen rekrutiert werden. Neben Straferlass verspricht man Ihnen viel Geld, falls ihre Arbeit zur Festnahme eines der großem Bosse führt. Damit riskieren diese "Stool Pigeon" (engl. für "Lockvogel") viel und leider läuft dann auch nicht immer alles glatt.
Bei einer missglückten Razzia wird einer der Informanten enttarnt und fast zu Tode gemetzelt. Das wird für Lee zu einem Trauma, von dem er sich auch Jahre später noch nicht erholt hat. Regelmäßig besucht der sonst so abgebrüht auftretende Inspektor seinen ehemaligen Spitzel, der seit dem Fiasko als paranoider Obdachloser unter den Brücken Hongkongs vor sich hinvegetiert.
Die neueste Rekrutierung von Don Lee ist da schon viel tougher. Ghost Jr. ist ein höllisch guter Straßenrennfahrer mit dem Aussehen eines chinesischen Tupac Shakur. Er wird auf den Juwelendieb Tai Ping angesetzt, der ihn gut als Fluchtfahrer gebrauchen kann. Von dem neuen Job profitiert auch der Zuschauer, der so in den Genuss einer sehr netten Verfolgungsjagd durch die "Innenstadt" Hongkongs kommt.
Natürlich ist Ghost Jr. ein Guter, der alles nur macht, um mit der Spitzel-Prämie seine Schwester aus den Klauen der Saunaklub-Mafia auszulösen. Als sich Ghost Jr, in die Braut eines der Gangster verliebt und auch Inspektor Lee noch eine verborgene und unglückliche Liebe in petto hat, ist das Szenario komplett.
THE STOOL PIGEON macht großen Spaß. Der Film ist rasant, packend und hat sehr gut entwickelte Charaktere. Darüber hinaus wird deutlich, dass eine neue Generation das Hongkong Kino übernommen hat. Wie im westlichen Kino ist auch hier das Erzähltempo sehr viel schneller geworden. Man erlaubt sich keine Längen. Die alte Garde des HK-Kinos wie Chow Yun Fat, Jet Li, Tony Leung oder Maggie Cheung hat ausgedient und wird durch neue Gesichter ersetzt. Wie man an Nicholas Tse und Kwai Lun-mei in Stool Pigeon sieht, können diese nicht nur durch gutes Aussehen sondern auch durch die Entwicklung von ganz eigenen Leinwandpersönlichkeiten überzeugen.
Das Ende von THE STOOL PIGEON ist dann noch einmal richtig blutig, aber was soll’s...schließlich gehört das zum HK-Film ja auch irgendwie dazu.
China