The Thin Red Line von Terrence Malick

sean_penn.jpg

Wie kam das Böse in die Welt?

Dieser Film ist ein Alptraum. Krieg in seiner monströsesten Form: Körper werden zerfetzt, Menschen zerbrechen, werden wahnsinnig. Die Erde bebt, Angst, Panik, Sinnlosigkeit und der Zuschauer ist mitten drin. Dieser Film ist ein Traum. Menschen in den Grenzbereichen der Existenz stellen alles in Frage, sind verzweifelt, feige, mutig, widersetzen sich oder tun, was getan werden muss und versuchen irgendwie ihre Menschlichkeit bewahren.

Zweiter Weltkrieg im Pazifik irgendwo auf den Salomoninseln: Private Witt (James Caviezel) hat sich unerlaubt von der Truppe entfernt und lebt in einem Dorf mit den Inselbewohnern ein fast idyllisches Leben. Mit dem Idyll beginnt der Film. Halt! Nicht ganz. In der ersten Szene sehen wir einen großen Alligator, der langsam ins Wasser gleitet und abtaucht. Die Gefahr ist also immer vorhanden. Auch für Witt ist die Unbeschwertheit schnell vorbei. Sergeant Welsh (Sean Penn) verpfeift ihn zwar nicht, als er ihn findet. Aber er teilt ihn einer Sanitätseinheit zu, die im Gefecht verwundete versorgen muss. Deswegen ist er auch mit dabei, als die US-Truppen die strategisch wichtige Insel Guadalcal erobern sollen. Die Landung glückt ohne Verluste. Doch dann soll die Einheit um Captain Staros (Elias Koetas) auf Befehl von Colonel Tall (Nick Nolte) einen Hügel erobern, auf dem sich die Japaner mit schweren Waffen verschanzt haben.

thin_red_line.jpg

Auch wenn die Gefechte um die Höhe C-210 einen breiten Raum in dem Film einnehmen, The Thin Red Line ist kein epischer Kriegsfilm. Der Zuschauer blickt nicht aus der Vogelperspektive auf das Gefecht, er ist mit im Gefecht. So teilt er die Konfusion, die Angst und das Nichtverstehen der Soldaten. Außerdem wir die Action immer wieder von der Stimme Private Witts gebrochen. Er spekuliert über Sinn: Wie das Böse in die Welt kam, wann der Mensch die Fähigkeit zum Frieden verloren hat, was das Ganze überhaupt für einen Sinn hat. Das könnte fürchterlich aufgesetzt ein, fügt sich aber perfekt in die fließenden Bilder vom Gefecht, der Natur der Insel und die Bilder ein, die aus der Sehnsucht der Männer nach der Heimat entstehen. Warum das funktioniert ist unerklärlich. Das ist die hohe Kunst von Terrence Malick.

Malick hat Stars für seinen Film zur Verfügung gehabt: Travolta, Clooney, Penn, John Cusack, Woody Harrelson: Travolta und Clooney sind eine Minute bzw. 30 Sekunden im Film zusehen. Und eher unbekannte Gesichter wie Caviezel und Koetas kriegen viel Zeit auf der Leinwand. Dazu spielt Nolte den Kotzbrocken. Für Helden hat Malick keinen Platz. The Thin Red Line ist eher eine gewalttätige Meditation über den Krieg und das Leben im Allgemeinen: Jeder sucht nach dem Sinn, viele Sterben früh, viele versteinern, einige werden verrückt und einige wenige bewahren den Funken – den Glauben an das Schöne, die Liebe und daran, dass sich das alles irgendwie lohnt.

Kommentare ( 3 )

Der Film hat mich damals wirklich sprachlos gemacht. Nach dem Film mit meinem Freund schweigend eine halbe Stunde U-Bahn gefahren und nach Haus gelaufen, Tschüss, Tschüss, wir mussten das erstmal begreifen. Keine Ahnung mehr, was mich so bewegt hat damals, diese Mischung aus Naturmystik und menschlichem (Kriegs)streben, die Tragik ein Paradies gefunden zu haben und es zerstören zu müssen, die Unmöglichkeit im Leben ungestört glücklich zu sein (immer macht irgendwer was, das das verhindert), die langen ruhigen Bilder und das schreckliche Schicksal des einen Soldaten, dessen einziger Halt die Liebe zu seiner Frau ist, die ihm dann mitteilt einen anderen zu haben, man sieht förmlich wie erst da der Ort, an dem er sich befindet, der Dschungel, der Krieg ihm klar wird und wie allein er sterben wird mit gebrochenem Herz. Mein Gott. Hätte ihn gern nochmals auf großer Leinwand gesehen, weil ich ihn zwar als DVD schon zweimal schaute, aber nicht zurückfand in das Nachgefühl jener ersten Begegnung im Kino. Um so trauriger war dann Malicks Berlinale Beitrag einige Jahre später, diese Pocahontas Story, die mit den gleichen Naturbildern spielt aber totaler Kitsch-Quatsch ist leider. Es ist eine dünne (rote) Linie zwischen Grandios und Grandios daneben.

Ich war total fertig, als ich aus dem Kino kam. Den muss man auf der Leinwand sehen. The Thin Red Line war übrigens 1999 für 7 Oscars nominiert: Bester Film, Beste Regie, Bestes Drehbuch, Beste Kamera, Bester Schnitt, Beste Musik (Orginal Score), Bester Sound - bekommen hat er keinen. Beste Film wurde "Shakespeare in Love", den Regie-Oscar hat Spielberg für "Saving Private Ryan" bekommen, der auch Kamera, Sound und Etiting abgeräumt hat. So ungerecht kann die Academy sein. Der Goldene Bär war da wohl nur ein kleiner Trost.

...um so schlimmer wenn man dieses Helden-Baukasten Machwerk Privat Ryan mit Thin Red Line vergleicht...zwei (Anti)Kriegsfilme, and the winner was...crap

Kommentiere den Film oder den Eintrag

Impressum