Eine Tasche voller Geld

i_was_a_swiss_banker.jpg

"I was a Swiss Banker" von Thomas Imbach (Forum)

Am Anfang war der Titel „I was a Swiss Banker“, woraus sich dann ganz logisch die Handlung ergab – so Thomas Imbach. Zumindest beginnt der Film ungefähr so, wie es der Titel erahnen läßt: junger, gutaussehender Mann im schnieken Anzug fährt im schwarzen Porsche – jung, dynamisch, erfolgreich. Und natürlich ist auch Geld im Spiel. Der Hauptprotagonist Roger Caviezel schmuggelt Schwarzgeld in die Schweiz. Kein Problem, die deutschen Zollbeamten hat er passiert, doch die Schweizer Dienstbeflissenen sind hartnäckiger und wollen einen Blick in die rote Tasche auf dem Beifahrersitz werfen. Ein kurzes Zögern und dann tritt Roger aufs Gas und braust davon.

Irgendwo am Bodensee macht er halt, springt, nur noch in Unterhose und T-Shirt bekleidet aber natürlich mit Tasche, ins Wasser und taucht ab in die Märchenwelt. Es folgt der wunderbar gemachte Vorspann: die Unterwasserschlingpflanzen werden zu graphischen Ornamenten, aus denen die Namenszüge erwachsen. Nachdem Roger richtungslos durch den Bodensee driftete, strandet er schließlich auf irgendeiner Insel, wo ihn eine Hexe freudig erwartet. Mit ihr schließt er einen Pakt, gelingt es ihm nicht, unter drei Frauen die wahre Liebe zu finden, so kann sie ganz über ihn verfügen. Immer wieder aus einem anderen See quer durch die Schweiz entsteigend, begegnet er den unterschiedlichsten Frauen: einer Portugiesin, die eine Herde schwarzer Schafe hütet, einem blonden Vamp, die nur sein Geld will und einer Palästinenserin, von der er lernen muß, daß man sich auch einfach nur nett finden kann, ohne gleich miteinander flirten zu müssen. Immer wieder vermischen sich dabei Fiktion und die reale Welt Rogers, etwa dadurch, daß ab und an Polizisten auf der Suche nach ihm auftauchen. Schließlich gibt es ein Happy-End und Roger trifft auf die wahre Liebe, verkörpert durch eine Art dänischer Meerjungfrau, für die er auf seine Tasche voller Geld verzichtet.
Mit viel Witz und Charme zeigt uns der Regisseur eine Märchenwelt, in der alles möglich und erlaubt ist. Eine Reise durch die ganze Schweiz, von Gewässer zu Gewässer, die auf amüsante weise die stereotypen Vorstellungen von diesem Land übersteigert. Das Gras ist hier besonders grün, das Wasser besonders klar und es wird in unzähligen Sprachen geredet; alle Landessprachen sind vertreten, angefangen mit Schweizerdeutsch, sowie Englisch, Türkisch, Dänisch....
Ein sehr unterhaltsamer, skurriler Film, der – mit Verlaub – keineswegs ein Männerfilm ist, wie eine Zuschauerin mäkelte. Ist es doch Roger, der sich stets treiben läßt, während die Frauen meist die Richtung weisen.
Für alle, die mehr von diesem Regisseur sehen wollen, der letztes Jahr mit „Lenz“ bei der Berlinale vertreten war, bietet das Arsenal ab Mitte März die Möglichkeit, seine „zehn Erstlingsfilme“ (Zitat Thomas Imbach) zu sehen.

Kommentare ( 7 )

Ah!

Das hört sich interessant an. Du hast ja richtig fix geschrieben.

also ich weiss nicht, Karen, nicht dass ich das gesehen haette, trotz einiger gekaufter Karten schaffte ich es in diesem Jahr nicht in die 3 Meilen-Zone um den Potsdamer Platz, aber jener 'Lenz' beinhaltete immerhin als unterhaltsames und gebrochenes Element Milan Peschel, seine 'Angebetete' war in ihrer leicht irrealen entfernten Schoenheit mehr ein Element der Antithese der unbedingten und quaelenden Realitaet dieser Figur, seinem sich-nackt-in den-schnee-werfen, gegenüber. Aber nun dies, eine Art Drehbuch, das ich als Regisseur genau dann verfilmen würde, wenn ich für den Film moeglichst viele moeglichst interessante Frauen casten wollte, um (eben doch irgendwie) einen Maennerfilm zu drehen, die Frau erhoeht als, nach Beauvoir, 'das andere', das 'entrueckte', von mir aus auch die nach unklaren Prinzipien die Richtung weisende, diese Perspektive immerhin gab es schon im Lenz, zugegeben, dann wird noch ein wenig germanisches Maerchen eingeflochten, an germanisch-mythischen Schauplaetzen gedreht und am Ende erscheint eine daenische Meerjungfrau, die 'wahre Liebe'? Vielleicht erinnert die Geschichte etwas an 'Peer Gynt', deshalb wohl auch der Wink mit dem Zaunpfahl der daenischen Meerjungfrau, nur Peer Gynt, das war auch eine Figur der Rebellion beider Geschlechter gegen eine hermetische und unmenschliche Realitaet, ein Plaedoyer für Liebe und sexuelle Befreiung, für Nonkonformismus, im Film bleibt davon offenbar irgendetwas zwischen neo-Konservativismus, neuer Enthaltsamkeit, subtiler Frauenfeindlichkeit (denn die Frauen sind ja in Wirklichkeit verantwortlich fuer die Orientierungslosigkeit und suendige Verleitung [Adam] des Helden, es sei denn sie propagieren madonnenhafte Keuschheit) und germanischer Mythenbildung, o Gott. Vielleicht haette man den Film wegen seiner angenommenerweise erotischen Unterwasserszenen sehen sollen, oder wegen der schicken Frauen mit Flirtoption, aber im Grunde, also nein.

mag ja sein, daß bei den verschiedenen Frauentypen für jeden Mann etwas dabei war, doch darum geht's nicht und sehe auch keine subtile Frauenfeindlichkeit. Der Protagonist ist vielmehr jemand, der sich wohl schon immer einfach treiben ließ, der auf Anrufe wartete, um wieder einmal Schwarzgeld über die Grenze zu bringen. Hierzu paßt auch wunderbar die aufgebrezelte Helen, mit der ihn die Hexe überlisten möchte. Sie scheint genau der Typ von Frau zu sein, mit der Roger sonst mal 'ne kurze Affäre hatte - die schnelle Nummer ohne Bindungsverpflichtung. Es geht darum, daß sich Roger mal grundsätzlich entscheiden muß und, wie es in einem Märchen zulässig ist, um wahre Liebe gegen Statussymbole und Oberflächlichkeit, Gut gegen Böse ...
und die dänsiche Meerjungfrau erinnert doch wohl mehr an Hans-Christian Andersen, hier nur mit Happy-End. Wenn man bereit ist, in die Märchenwelt einzutauchen, kann man phantasievolle, absurde Szenen und tolle Bilder genießen. Und meine Güte, es muß auch nicht alles so wahnsinnig tiefgründig sein; der Regisseur wollte einen leichten Sommerfilm machen, mit dem er sich dann doch über 5 Jahre beschäftigte, was sich u.a. auch in den Aufnahmen toller Wolkenformationen und schrägen Unterwassserbildern bezahlt macht.

ja, aber Karen, das fragwürdige ist doch eigentlich, diese Maerchenmotivik zu übernehmen ohne sie wirklich zu brechen, so zu tun als ob: hey, Leute, lest mal Andersen, der war ein Verfechter der klassischen Werte, im Ggstz. zu all dem bloeden oberflaechlichen Geldverschiebe heute, europaeisch-nordische Werte gegen ja, wogegen eigentlich, die Werte der Amerikaner? Das ist keine Art heute aufgeklaert mit Maerchenstoff umzugehen, das ist neokonservative, rechte Kulturkritik aus europaeischer Sicht. Die Wirklichkeit sieht doch ganz anders aus: Andersen war ein sog. 'Schwerenoeter', ein leidenschaftlicher Onanierer, der in Berlin Bordelle zu genau diesem Zweck ohne Ende besuchte, so eine Perspektive solte man sehen, das klingt auch etwa in der Volksbuehne an, aber bei Imbach? Dieses ganze Maerchengedoens enthaelt insofern Wahrheit, als es auf altgermanische oder nordische Mythologien verweist, Imbach bricht dies immerhin offenbar mit der 'Internationalitaet' seiner Frauenriege, nur am Ende steht eben die daenische Meerjungfrau, nicht die portugiesische Schafhirtin, die Schafhirtin steht fuer 'suedliche Promiskuitaet', die Meerjungfrau für das Gegenteil. Das frauenfeindliche der Motivik ist dieses: der Mann vs. 'die ihn versuchende Frauenwelt' (Hexe etc.), auch dieses tendenziell gesichtslose der Frauen, er wird vom Schicksal getrieben, die Frauen von Geldgier und Triebbefriedigung (der er sich zwar hingibt, aber nach 'tieferem' schuerft), nur die JUNGFRAU erloest ihn, das ist Edelkitsch uebelster Sorte, nach der Art von Herrmann Hesse, koennte man hinzufuegen. Schliesslich das 'gute' Ende: die Bindung des zunaechst sexuell und ethisch orientierungslosen Mannes an die 'Jungfrau', die Gruendung der CDU-Kleinfamilie, das ist doch keine aufgeklaerte Perspektive, das ist eine Katastrophe, als wenn die CDU-Kleinfamilie der natuerliche Gegenpart zur 'schnellen Nummer' waere, als wenn die Wahrheit nicht irgendwo ganz anders laege. Das ist eben das stereotype Element an Filmen, Karen, deshalb schrieb ich mir hier vor einem Jahr die Finger wund, deshalb ging ich nicht zur Berlinale in diesem Jahr, dieses regressive Element. Bindungsverpflichtung ist gut, alles andere ist boese, ich weiss es nicht Karen, ich kann mich nicht 'bindungsverpflichten', aber ich kann lieben.

vor allem wird hier mit erschreckend vielen worthülsen um sich geschmissen und eine menge heiße luft fabriziert. aber das passt ja schließlich auch ganz gut zur berlinale.

Well, I _am_ a Swiss Banker :-) Schön zu lesen, daß es Dich noch gibt. Und Dein Text macht neugierig auf diesen Film - ist völlig an mir vorbeigezogen...

(dieser Film ist ja wirklich haarstraeubend frauenfeindlich, mein gott, man haette noch viel deutlicher werden sollen)

Kommentiere den Film oder den Eintrag

Titel

Orignaltitel

I Was a Swiss Banker

Credits

Regisseur

Thomas Imbach

Schauspieler

Laura Drasbaek

Beat Marti

Sandra Medina

Anne-Grethe Bjarup Riis

Helena af Sandeberg

Land

Flagge SchweizSchweiz

Jahr

2007

Dauer

75 min.

Related

Thomas Imbach (Regisseur)

BERLINALE 2006

Lenz (Regisseur)

BERLINALE 2011

Day Is Done (Regisseur)

Impressum