Das diesjährige Tribute von Crossing Europe ist Silvia Luzi und Luca Bellino gewidmet. Bei einem Gespräch erzählen beide, wie überrascht sie zunächst waren, als sie die E-Mail mit dem Angebot des Festivals in ihrem Postfach fanden. Wird eine Hommage nicht eher an Leute vergeben, die nicht mehr leben? Aber ein Blick in die Historie der Festivalsparte beruhigte sie schließlich. Viele Geehrte befinden sich gerade auf dem Höhepunkt ihres Schaffens.
Im Rahmen der Werkschau stellten Luzi und Bellino am dritten Festivaltag DELL'ARTE DELLA GUERRA im Moviemento-Kino Linz vor. Der Film von 2023 rollt noch einmal die Geschichte um die Besetzung des letzten Stahlwerks von Mailand auf.
Als das INNSE-Werk geschlossen werden soll und begonnen wird, die Maschinen zu demontieren, klettern vier Arbeiter aus Protest auf einen Brückenkran in der Fabrik und harren dort acht Tage lang aus. Vor den Werkstoren werden sie dabei von Kolleg:innen und anderen solidarischen Aktivist:innen unterstützt.
Silvia Luzi und Luca Bellino haben für ihren Dokumentarfilm drei Jahre in Mailand verbracht. Nachdem sie das Vertrauen des Unterstützercamps gewonnen hatten, konnten sie den Protest vor den Werkstoren filmen. Nach dem Ende der Protestaktion haben sie zusammen mit den vier Besetzern ein Skript entwickelt, kurze Sequenzen der Besetzung semi-dokumentarisch nachgefilmt und jeden auf Grundlage des Skripts – getrennt voneinander und in ihrer INNSE-Arbeitsmontur – die Geschichte der Besetzung, ihre Motive und ihre Strategie nacherzählen lassen. Dabei sitzen sie in großen, leeren Hallen von Industrieruinen.
Diese Vorgehensweise von Luzi und Bellino führt noch einmal zu einem nachträglichen Empowerment der Akteure über ihre eigene Geschichte und verdeutlicht die Einzigartigkeit in der Geschichte von Fabrikbesetzungen, in denen nicht kompromissbereite Gewerkschaften, sondern die Arbeiter selbst das Schicksal ihrer Zukunft bestimmen.