Berlinale 2025: YUNAN von Ameer Fakher Eldin

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© 2025 Red Balloon Film, Productions Microclimat, Intramovies

Der arabische Schriftsteller Munir, der seit längerer Zeit in Hamburg lebt, leidet unter Depressionen und fährt auf die Nordsee-Hallig Langeneß, um sich umzubringen. Ansonsten erfahren wir nicht viel über ihn. Auch nicht über die anderen Personen. Die zweite Filmebene sind wiederkehrende Sequenzen aus einem Märchen, dass seine Mutter ihm erzählt hat und das ihn bis heute verfolgt. Mit seiner dementen Mutter in der Heimat telefoniert er zu Beginn des Films. Sie kann sich kaum an das Märchen, allerdings auch kaum an ihren Sohn erinnern.

„Ein namenloser Schäfer ohne Mund, ohne Nase, ohne Ohren hat eine wunderschöne Frau; er kehrt zurück an einen Ort, von dem er nie fortgegangen ist.“ Die Metaphern sind nicht gerade mit feinem Strich gezeichnet in diesem Film. Dafür wird der Verlust von Heimat, von Herkunft, von Identität konsequent übersetzt in elementare Bilder der überschwemmten Landschaft, der psychologisierten Traumwelt des Märchens (Sibel Kikeli als Schäfersfrau) und des Gefühls der elementaren Fremdheit des Protagonisten im Exil, stark gespielt von Georges Khabbaz. Diese Fremdheit wird lediglich durchbrochen in den alltäglichen Momenten der Interaktion mit der Zimmerwirtin (Hanna Schygulla), ihres missmutigen Sohnes (Tom Wlaschiha) und den verschrobenen Alten vom Halligen-Stammtisch.

„Ich hab dem Film fast nix geglaubt. Das ist in weiten Teilen ungelenk gemachtes, behauptetes Kino.“ So das Urteil der Kollegin. Auch wenn ich nachvollziehen kann was gemeint ist – die etwas platte biblisch-mythologische Erzählebene und die blutleeren Rollen von Schauspielerinnenlegenden wie Hanna Schygulla und Sibel Kikeli - fällt das Fazit doch besser aus.

Yunan (arab. für Griechenland) ist ein unglaublich langsamer Film mit wenig Handlung, spärlichen Dialogen. Es wäre ein leichtes gewesen, die Figuren der Geschichte auszuerzählen – der arabische Flüchtling mit seinen Kriegstraumata und die Familie auf der Hallig, die ihren eigenen Verlust verarbeitet. Der Film deutet all das aber höchstens an. Gerade mit diesem weitgehenden Verzicht auf klassische erzählerische Mittel gelingt es Regisseur Ameer Fakher Eldin („Der Fremde“) dem existenziellen Gefühl der Abgeschnittenheit des Exils auf die Spur zu kommen. Die bedrückende Gegenwart wird überlagert von den existenziellen Menschheitserzählungen, die ebenso vergänglich sind wie unsere Welt: Am Ende, so die beängstigende Bilanz, steht uns allen das Vergessen und Vergessen werden bevor.

Worum es geht

Die Fremdheit des Exils

Für Fans von

Ingmar Bergman

Lieblingsmoment

Als draußen die Welt untergeht und alle noch ein Bier trinken

Besonders gefallen hat mir...

Die arabische Poetik in Verbindung mit der Hallig

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