Wenn eine junge Schülerin sich in ihre Lehrerin verliebt, dann war das früher ein Fall für Romy Schneider. Heutzutage wird daraus ein Hygge-Film. Dag Johan Haugeruds DRØMMER (DREAMS) ist eine Mischung aus Teenie-Tagebuch, Verbotene-Liebe-Dramolett und liebevoll-kritischer Beobachtung weiblicher Selbstbestimmung im Wandel der Generationen. Dabei folgt er der 17-jährigen Osloer Gymnasiastin Johanne durch ihr Gefühls-Wirrwarr in Bezug auf eine wunderschöne neue Französisch-Lehrerin mit Faible für selbst kreierte Strickmode. Um ihre Gedanken zu sortieren, schreibt Johanne dieses Wirrwar auf, „nachdem alles vorbei ist“. Als die Großmutter und die Mutter Johannes intime Aufzeichnungen zu lesen bekommen, löst das einige Turbulenzen aus. Männer sind in dem Film weitestgehend absent, was ungewöhnlich und durchaus charmant ist.
Vom Stricken und Gefühls-Wirrwarr
DRØMMER beginnt mädchenhaft-poetisch mit Betrachtungen von Wolken und einem SEHR langen inneren Monolog Johannes. Das ist zunächst ganz nett, wird aber recht schnell zäh. Danach nimmt der Film Fahrt auf. Das Frauentrio verhandelt zunächst, um was es hier eigentlich geht: Schwärmerei? Projektion? Verliebt-Sein? Oder doch eine missbräuchliche, unangemessene Beziehung zwischen Lehrerin und Schülerin? Sollen Schritte eingeleitet werden? Die Treffen bei der Lehrerin zuhause, zum Strickunterricht, hatte Johanne ihrer Familie verschwiegen. Ihr Text ist stellenweise sexuell sehr explizit – aber es ist nicht klar, ob es sich hierbei um Fantasie oder tatsächlich Geschehenes handelt. Johanne behauptet, die Sexpassagen seien nur ihre Träumereien. Eines finden jedoch beide Frauen: Der Text hat eine erstaunliche literarische Qualität.
Und so geht es sehr bald darum, ob daraus nicht vielleicht ein Buch gemacht werden sollte. Die feministische Großmutter, selbst Schriftstellerin, hat darauf einen anderen Blick als ihre profit-orientierte Tochter. Doch letztlich wechseln die zunächst so bestimmt erscheinenden Erwachsenen ihre Meinung erstaunlich schnell. Wo der Mutter anfangs eine polizeiliche Anzeige vorschwebt, scheinen ihr wenig später hohe Verkaufszahlen wichtiger. Während die Großmutter erst das junge Talent fördern will, fürchtet sie dann doch die heranwachsende schriftstellerische Konkurrenz.
Gute Dialoge, aber die Geschichte ist zu glatt gebügelt
Und was die Lehrerin dazu zu sagen hat? Auch das verhandelt der Film in einer kurzen Szene. Die Dialoge sind gut geschrieben, die Charaktere nicht uninteressant, aber trotzdem springt der Funke nicht über. Zu glatt gebügelt erscheint hier die ganze Oberfläche, zu weich und kuschelig für eine Geschichte, in der es doch um den steinigen Weg des Erwachsenwerdens geht. Letztlich setzt DRØMMER an alle Themen des Films ein kleines flauschiges Häkchen, ohne dass irgendetwas irgendjemandem wirklich weh tun muss. Selbst Johannes Teenie-Tränen kann man nicht ernst nehmen, obwohl es doch darum gehen sollte. Der Film ist Teil einer Trilogie, in der Haugerud außer DREAMS bereits SEX und LOVE verhandelt hat. Mag sein, dass es dabei etwas weniger hygge zugeht.