Berlinale 2025: PATERNAL LEAVE von Alissa Jung

Filmstill
© Match Factory Productions, Wildside

Die 15-jährige Leo (Juli Grabenhenrich) erfährt zufällig, dass ihr biologischer Vater als Surflehrer an der Küste Norditaliens lebt. Nach einem Streit mit ihrer Mutter beschließt sie, sich heimlich und ohne Geld auf die Suche nach ihm zu machen. Im Gepäck hat sie nicht nur viele Fragen, sondern auch jede Menge Wut. Vor allem möchte sie wissen, warum sich ihr Vater nie um sie gekümmert hat, obwohl er von ihrer Existenz wusste. Als sie es tatsächlich schafft, ihren Vater in Norditalien aufzuspüren, beginnt für beide eine aufwühlende Zeit des Kennenlernens – geprägt von Nähe und Distanz, Anziehung und Ablehnung.

Leos Vater Paolo (Luca Marinelli) ist ein charmanter, sorgloser Freigeist, der dem Erwachsenwerden lieber aus dem Weg geht. Mit Mitte dreißig lebt er in einem alten Wohnmobil, geparkt neben einem baufälligen, im Winter verlassenen Strandcafé. Seinen Lebensunterhalt verdient er in den Sommermonaten als Surflehrer – ein Job, der perfekt zu seinem unsteten Lebensstil passt. Doch schnell wird klar, dass sein Familienleben alles andere als unkompliziert ist. Er hat eine kleine Tochter, um die er sich zwar liebevoll kümmert, doch die angespannte Beziehung zur Mutter des Kindes steht unter dem Schatten seiner Unzuverlässigkeit. Als dann plötzlich seine aufsässige Teenager-Tochter aus Deutschland vor ihm steht, wird Paolo unerwartet mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert – und muss sich fragen, ob er der Verantwortung als Vater wirklich gerecht wird.

PATERNAL LEAVE lebt neben seinem starken Drehbuch vor allem von seinen beiden herausragenden Hauptdarstellern. Als frischgebackenes Vater-Tochter-Gespann liefern sie sich in der rauen Winterlandschaft der Emilia-Romagna einen ebenso furiosen wie berührenden Schlagabtausch. Juli Grabenhenrich gibt in diesem Film ihr beeindruckendes Schauspieldebüt. Mit großer Präzision verleiht sie ihrer Figur genau die richtige Mischung aus jugendlicher Rotzigkeit und mühsam verborgener Verletzlichkeit. Ihr Spiel ist nuanciert, kraftvoll und wirkt dabei stets authentisch. An ihrer Seite brilliert Luca Marinelli, einer der großen Namen des italienischen Kinos.

Die Dynamik zwischen den beiden wirkt absolut authentisch – ihr vorsichtiges Herantasten, das allmähliche Erkennen gemeinsamer Eigenschaften und die unausgesprochenen Spannungen werden mit viel Feingefühl eingefangen. Ein besonderes Highlight ist auch die Entscheidung, die Handlung an die winterliche Küste Norditaliens zu verlegen. Die melancholische Tristesse der Nachsaison, die schroffen Strände und das raue Meer bilden eine atmosphärische Kulisse für die zaghaften Annäherungsversuche von Vater und Tochter. Regisseurin Alissa Jung gelingt es mit PATERNAL LEAVE, die inneren Konflikte ihrer Figuren eindrucksvoll nach außen zu kehren. Ihr Gespür für leise Zwischentöne macht den Film zu einem intensiven Erlebnis, das nicht nur emotional berührt, sondern auch unterhaltsam bleibt. Bei seiner Premiere auf der Berlinale in der Kategorie „Generations“ wurde der Film in einem voll besetzten Saal mit begeistertem Applaus gefeiert – ein vielversprechendes Zeichen für seinen weiteren Kinoweg.

Worum es geht

Ein 15-jähriges Mädchen macht sich heimlich auf den Weg nach Italien, um dort seinen leiblichen Vater zu treffen – und entdeckt auf dieser Reise nicht nur eine fremde Welt, sondern auch viel über sich selbst

Für Fans von

Coming of Age Geschichten, Vater-Tochter-Dynamiken, rebellischen Jugendlichen, charmanten aber unzuverlössigen Surflehrern

Lieblingsmomente

Der zweisprachige Schlagabtausch zwischen Vater und Tochter, in dem sich beide nichts schenken und ohne es zu wollen, ihre charakterliche Ähnlichkeit offenbaren

Besonders gefallen hat mir...

Jungschauspielerin Juli Grabenhenrich, die mit ihrem ausdrucksstarken Spiel auch an der Seite eines erfahrenen Stars wie Luca Marinelli jederzeit bestehen kann ...

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