Lorenz „Larry“ Hart war ein Genie. Wer den Text für einen Song wie „The Lady Is a Tramp“ (und „Bewitched, Bothered and Bewildered“, „My Funny Valentine“, „Blue Moon“ – die Liste, der Songs, die Klassiker geworden sind, ist sehr, sehr lang) geschrieben hat, kann danach beruhigt sterben. BLUE MOON beginnt mit dem Sterben von Larry Hart, aber von beruhigt kann keine Rede sein: Sturzbetrunken landet er in einer saukalten Novembernacht 1943 in der Gosse einer Straße in Manhattan. Wenige Tage später stirbt er im Krankenhaus im Alter von 48 Jahren. Dann springt die Handlung sechs Monate zurück in den März 1943 zum Premierenabend von „Oklahoma!“, dem ersten Musical, das der Komponist Richard Rogers nicht mehr gemeinsam mit Larry Hart als Texter, sondern mit Oscar Hammerstein II schrieb. Hart (Ethan Hawke) kommt vor allen anderen in der noch fast leeren Bar an, in der die Premierenfeier stattfindet. Es beginnt ein Kammerspiel: Zunächst mit Hart, dem Barkeeper Eddie (Bobby Cannavale) und einer Flasche Whiskey als Hauptdarsteller.
Larry Hart befindet er sich in einer Art manischer Verzweiflung, als er die Bar betritt. Ihn ekelt das Musical „Oklahoma!“ an (allein schon das Ausrufezeichen im Titel beleidigt Larrys Sensibilität als Songtexter, er findet es zum Kotzen), aber er weiß genau, dass das Stück ein Riesenhit werden wird. Außerdem erwartet Hart die 20-jährige Elisabeth, die er im Sommer zuvor kennengelernt hat und die er vergöttert. Das verschärft noch seinen emotionalen Ausnahmezustand.
Larry führt einen Monolog, der eine Mischung aus Selbstmitleid, machohafter Aufschneiderei und Selbstreflektion ist. Barkeeper Eddie ist Kummerkastentante und Stichwortgeber in Personalunion. Der Barpianist sorgt für die musikalische Untermalung und die Bewunderung, nach der die Broadwaygröße Lorenz Hart so sehr giert. Larry erzählt aus seiner Karriere, führt ein Einpersonendrama auf – vom Aufstieg und dem bevorstehenden Abstieg. Als Elizabeth (Margaret Qualley) dazu kommt, ziehen sich die beiden bald in die Garderobe zurück. Larrys Bezeugungen von Liebe sind so ehrlich wie sie unerwidert bleiben. Ähnlich ist das in seinen kurzen, darauffolgenden Szenen mit seinem alten Freund Richard Rodgers (Andrew Scott), für dessen Kompositionen Hart 20 Jahre der kongeniale Texter war. Die Freundschaft, ist nicht mehr die, die Hart sich wünscht. Er soll noch einige neue Texte für das Revival eines alten Musicals schreiben, aber für die Zukunft setzt Rodgers auf Hammerstein, Larry ist ein Mann von gestern. Am Ende geht Elizabeth mit Rodgers zu einer Party und lässt Larry allein zurück
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Linklater hat mit BLUE MOON einen Film geschaffen, der vor allem eine Bühne für Ethan Hawke bietet. BLUE MOON ist im Wortsinn sehr theatralisch und auch völlig aus der Zeit gefallen. Auf eine angenehme Art entwirft der Film eine sehr kleine Welt, in der es um Worte, um Musik und das tragische Leben eines Mannes geht, dessen Zeit vorbei ist. Die Nachwelt weiß, dass die Songs von Lorenz Hart weiterleben. Das wäre ihm ein großer Trost gewesen.