Jenseits vom Festival: PADDINGTON IN PERU von Dougal Wilson

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© Studiocanal

Er hat gegen Nicole Kidman gekämpft und mit der Queen Tee getrunken! Er hat Hugh Grant als Bösewicht mit gespaltener Persönlichkeit überlebt und einen fiesen Männerknast in einen rosa Traum verwandelt. Und er hat die Herzen von Millionen Kinozuschauern erobert – kleinen wie großen. Leider hat Paddington seine Fans auch fast acht Jahre lang auf den dritten Film der Reihe warten lassen. Nun ist „Paddington in Peru“ endlich in den deutschen Kinos gestartet. Das hat uns so gefreut, dass an dieser Stelle ein kleiner Schlenker von der üblichen Festival-Berichterstattung auf Festivalblog zu „Jenseits vom Festival“ erlaubt sei!

Der kleine braune Bär mit dem blauen Dufflecoat und roten Hut tollpatscht sich auch im dritten Teil äußerst liebenswert – und stets höflich – durch den familientauglichen Film. Diesmal muss er seine neu- und liebgewonnene Heimat London verlassen, um nach seiner Tante Lucy „im dunkelsten Peru“ zu suchen – denn sie ist aus dem tief im Dschungel gelegenen Heim für Bären im Ruhestand verschwunden. Inzwischen hat der kleine Problembär einen britischen Pass – was nicht ohne typisch paddingtonsche Katastrophe in der Fotokabine von statten geht. Zudem ist er vorbildlich in den beschaulichen Londoner Kiez seiner Londoner Familie, den Browns, integriert. Aber es hilft nichts: Obwohl er sich inzwischen in Peru sehr fremd fühlt, würde er Tante Lucy niemals im Stich lassen.

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Zum Glück begleitet ihn die reizende Familie Brown bei dem Abenteuer. Und das hat auch einen durchaus eigennützigen Grund: Die Familie befindet sich gerade in einer tiefen Sinnkrise: Mrs. Brown ist traurig, weil die Teenager-Kinder sind nicht mehr so am Familienkuscheln interessiert sind wie früher, Mr. Brown, wie immer genial linkisch von Hugh Bonneville gespielt, ist sehr frustriert in der schönen neuen Arbeitswelt angekommen, wo er „die Gefahr und Herausforderung umarmen“ soll (und das als Versicherungsagent!) Kurzum: Alle haben das Gefühl, dass jetzt jeder seins macht und dass dadurch etwas Entscheidendes verloren gegangen ist. Es fehlt also einfach mal wieder ein gemeinsames Abenteuer – also rasch die Koffer gepackt und ab nach Peru!

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Ohne zu viel verraten zu wollen: Olivia Colman glänzt als gitarrenschwingende und „Hallelujah“-schmetternde Mutter Oberin mit handfesten Spleens und einigen Geheimnissen, Antonio Banderas hat als Amazonas-Schiffer mit multiplen Familienproblemen alle Hände voll zu tun – und selbst in „El Dorado“ ist nicht alles Gold, was glänzt! Ganz nebenbei werden – etwas pädagogisch bemüht, aber durchaus sympathisch - Fragen von kultureller Identität, Migration und Heimat verhandelt. Die Antworten sind glücklicherweise ganz und gar nicht so, wie es der an so vielen Orten der Welt momentan um sich greifende Zeitgeist vorsieht.

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Fazit? Paddington ist putzig und witzig genug, Bonneville, Colman und Banderas großartig genug, dass wir uns auch in diesem dritten Teil durchaus vergnügen können. Die liebevollen Dschungel- und Inkastätten-Animationen sind nicht nur für Peru-Fans ein Genuss. ABER. Leider merkt man dem Drehbuch an, dass hier zum ersten Mal der inzwischen verstorbene Paddington-Autor Michael Bond nicht mehr mitgewirkt hat. Auch Regisseur und Ko-Drehbuchautor Paul King aus P1 und P2 ist nicht länger mit von der Partie. Regisseur Dougal Wilson verlässt sich leider auf allzu langatmige Action-Szenen im Dschungel und setzt, im Vergleich zu seinem Vorgänger, zu wenige wirklich ausgefallene und bezaubernde Ideen in Szene. Und ja, auch Emily Mortimer als Mrs. Brown, macht ihre Sache zwar sehr gut, aber ihre halb beschwipste, halb weinerliche Gluckenhaftigkeit ist dann letztlich doch kein gleichwertiger Ersatz für die himmlische Sally Hawkins.

Aber, hey, das ist Jammern auf hohem Niveau. Trotz allem gibt es keinen wirklichen Grund, Paddington 3 nicht zu genießen: Darauf einen Organgenmarmeladen-Toast.

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Alle Fotos: © Studiocanal

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