Briefe als unendliche Spiegelung: als Akt der Selbstvergewisserung eine Erzählung an die Briefeschreiberin, Worte an eine Erinnerung, die man bereits lange Zeit nicht mehr gesehen hat, die Aufnahme durch Dritte, die dann die Worte in einen Film wandeln, ein Zuschauer, der das Gesehene in sich projiziert und wie ich, darüberschreibt, was wiederum jemand liest und mit in den Kinosaal nimmt, wenn sie den Film selbst sieht.
Emma und Marcelle haben in Jugendjahren zwei Jahre eine leidenschaftliche Liebe gelebt. Nach der Schule müssen sich beide Frauen trennen. Es bleibt Sehnsucht. Marcelle gibt dieser in vielen Briefen an Emma Ausdruck. ULTRAVIOLETTE ET LE GANG DES CRACHEUSES DE SANG zitiert aus diesen Briefen, gibt wo nötig zusätzliche Informationen über Marcelles damalige Situation, untermalt die Briefe mit wenigen Fotos von Marcelle aber einer Vielzahl von Archiv-Filmaufnahmen, die das Gesagte illustrieren, aber weder Emma noch Marcelle zeigen. Wir werden Zeuge wie Marcelle ihre Arbeit als Lehrerin beginnt, dann aber an Tuberkulose erkrankt und mit Hilfe von Emma einen Platz in einem Sanatorium findet. Hier verbündet sie sich mit drei jungen Frauen zu einer Liebes- und Gefühlsgemeinschaft. Als sich ihre Lebenslust nicht mehr mit dem Alltag im Sanatorium vereinen läßt, entfliehen die vier Frauen der Heilanstalt in die französischen Alpen und durchleben dort gemeinsam eine beglückende und befreiende Zeit.
Der Regisseur Robin Hunziger, Enkel von Emma, und seine Mutter, die Co-autorin Claudie Hunzinger, entspinnen auf Grundlage von Briefen die Gefühlswelt von Marcelle auf poetische und künstlerische ansprechende Weise. Zunächst bin ich etwas verwirrt über die Filmaufnahmen, da mir zunächst nicht klar wird, ob die Aufnahmen nicht doch Emma, Marcelle oder ihre Gefährtinnen zeigen. Doch nach einer Weile wirken die Archivbilder und ihre Untermalung mit Indie Musik als angemessene Form für die Spiegelung einer Liebeswelt, von der mich über alle Ebenen hinweg ein Lichtstrahl erreicht.
Frankreich