Berlinale 1977

Im Jahr zuvor hatte Alfred Bauer nach 25 Jahren als Leiter der Berlinale die Bühne verlassen. Seine Amtszeit endete weder durch Absetzung noch durch Kündigung, sondern durch das Erreichen der Altersgrenze. Die Suche nach einen Nachfolger wurde mit viel Polemik geführt. Besonders gegen den Kandidaten Ulrich Gregor wurde scharf geschossen. Mit Wolf Donner trat dann überraschend ein Kompromisskandidat die Nachfolge von Bauer an. Was damals nur wenige wussten: Donner sollten nur drei Jahre als Festivalleiter beschieden sein.

Zunächst konnte sich Donners Start aber sehen lassen: 20% mehr Zuschauer und ein gut bestückter Wettbewerb. Mit dabei waren u. a. Truffauts L'homme qui ammait les femmes, Bressons Le diable probablement und der DDR-Film Mama, ich lebe von Konrad Wolf, zu dem Wolfgang Kohlhaase das Drehbuch schrieb (Kohlhaase schrieb später das Drehbuch zu "Sommer vorm Balkon" und wird 2010 mit einem Ehrenbären ausgezeichnet).

Auch 1977 gab es wieder einen Eklat. Die Jüdische Gemeinde in Berlin protestierte beim Senat gegen die Berufung von Rainer Werner Fassbinder in die Jury des Wettbewerbs. Stein des Anstoßes war Fassinders Theaterstück "Der Müll, die Stadt und der Tod", in dem die Jüdische Gemeinde antisemitische Tendenzen erkannte. Der Berliner Senat folgte dieser Anschauung nicht und Fassbinder blieb Jurymitglied.

Der Regisseur konnte allerdings mit dem Bresson Film nicht seinen Favoriten durchsetzen. Den Goldenen Bären bekam Woschozdenie von Larissa Schepitko. Es war für die Regisseurin der Beginn einer kurzen Karriere im Westen; nur wenige Jahre später verunglückte Schepitko bei einem Autounfall.

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