PETER LINDBERGH – WOMEN'S STORIES von Jean Michel Vecchiet (Berlinale 2019)

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Bild Supermodels - Copyright Peter Lindbergh

Peter Lindbergh macht keine großen Worte um seine Kunst. Es scheint ihm zu widerstreben, sein Werk zu hinterfragen. Lieber lässt er seine Fotos für sich sprechen.

Allein der Ansatz von PETER LINDBERGH – WOMEN'S STORIES sorgt daher für einen schalen Nachgeschmack. Da Jean Michel Vecchiet von Lindbergh nicht die Antworten bekommt, die er für seinen Dokumentarfilm braucht, interviewt er Schlüsselfiguren aus seinem Leben, u.a. Lindberghs Schwester und seine Ehefrauen.

Die Herangehensweise von Vecchiet ist der Arbeitsweise des berühmten Fotografen diametral entgegengesetzt. Tänzelnd und mit viel Empathie löst Lindberg die Stimmung am Set. Obwohl er eine Vorstellung hat, was er fotografieren möchte, versucht er nichts zu erzwingen. Das psychologisierende Aufbereiten der Familiengeschichte Lindberghs in Vecchiets Film fühlt sich dagegen an wie eine permanente Grenzüberschreitung.

Natürlich gibt es auch Interessantes zu sehen. Eine Schlüsselszene ist, wie der Fotograf Naomi Campbell mit seinem Charme motiviert, in einen Pool zu steigen. Campbell konnte damals nicht schwimmen, geht dann aber dann doch in den Pool und weiß am Ende nicht, ob sie aus Furcht vor dem Wasser weinen oder über Lindberghs Scherze lachen soll.

Leider fügen sich die verschiedenen Episoden in der Dokumentation nicht zu einem Ganzen. Vecchiet fängt Erzählstränge an, diese dann aber nicht zu Ende. Die Versuche, Zusammenhänge zwischen Interviews, biographischen Ereignissen und Lindbergs Fotos herzustellen, wirken gewollt.

Gewöhnungsbedürftig ist auch, dass er die Interviewten, wo immer es geht, Französisch sprechen lässt, obwohl dies nicht ihre Muttersprache ist. Das mag für die Auswertung auf den französischen Markt hilfreich sein. In Deutschland ist es das sicherlich nicht.

Vecchiet greift in seiner Dokumentation auf Material zurück, das Lindbergh selbst gedreht hat. Allerdings macht der Regisseur nicht kenntlich, welche Passagen von ihm selbst und welche von Lindbergh stammen - ein zumindest fragwürdiges Vorgehen.

Wer Lindbergs Arbeiten liebt, sollte sich überlegen, ob er mit einem Ticket zu einer Lindbergh Ausstellung vielleicht besser bedient ist. Es soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass PETER LINDBERGH – WOMEN'S STORIES bei der Berlinale Premiere im Haus der Berliner Festspiele trotz allem bejubelt wurde.

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Titel

Orignaltitel

Peter Lindbergh – Women Stories

Credits

Regisseur

Jean Michel Vecchiet

Land

Flagge DeutschlandDeutschland

Jahr

2019

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