Du bist zur Ausstellungseröffnung eines Freundes eingeladen. Du schaust dir die Kunstwerke an. Dann kommt der Moment. Dein Freund hat Zeit gefunden. Er steht neben Dir. Ihr unterhaltet Euch. Es arbeitet in Dir. "Ich muss jetzt irgendetwas zu seiner Kunst sagen.…Super?... Großartig? … Geht gar nicht. Ist doch Kunst." Warum muss man zu allem und jedem eine Meinung haben? Insbesondere zur Kunst? Oder zu Filmen? Fragt mich also bitte nicht:
"Wie fandst Du MINATOMACHI ?"
Meine Bitte ist gleichzeitig auch eine Auszeichnung. Es macht MINATOMACHI zur Kunst.
Vor der Vorstellung verliest der Regisseur seine zehn Prinzipien für das Filmemachen. Zwei davon sind Warnungen: "Lange Takes" und "Dreh solange es geht." MINATOMACHI geht über zwei Stunden. Die Aufnahmen sind wirklich sehr lang. Kazuhiro Soda beobachtet die Bewohner eines überalterten Fischerdorfes. Er läßt sie sprechen, hört ihnen geduldig zu und zeigt sie bei ihrer Arbeit.
Als ich aus dem Film komme, habe ich keine Meinung. Aber ich weiß, dass etwas bleiben wird. Szenen aus dem Film werden wieder auftauchen, in Träumen, am Tag oder in der Nacht. Vielleicht ist ein Film wie MINATOMACHI so wie ein guter Wein. Ich bin sein Lagerhaus. Über die Jahre wird er immer besser werden.
Fotos: © 2018 Laboratory X, Inc
Kommentare ( 3 )
du entwickelst offenbar gerade einen tollen neuen Style von Rezension / Kritik. Gefällt mir außerordentlich!
Posted by Christian | 19.02.18 21:19
Ich schließe mich Christian an und spüre, dass Dir der Film gefallen hat.
Posted by Steffen | 20.02.18 10:05
Das Schöne an dem Projekt ist, dass man einfach Dinge ausprobieren kann. So wie sie einen in den Sinn kommen.
Posted by andreas | 20.02.18 13:37