EOLOMEA von Herrmann Zschoche (Berlinale 2017)

Der lässige Charme der stillen Revolte

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Acht Raumschiffe verschwinden spurlos, der Funkkontakt zur Weltraumstation „Margot“ bricht plötzlich ab. So der Ausgangspunkt von Herrmann Zschoches Science-Fiction-Film EOLOMEA, 1972 von der Defa produziert und mit Unterstützung von Filmgesellschaften Bulgariens und der Sowjetunion hergestellt. Die Revolution spielt sich in diesem bemerkenswerten Film vor Augen der Regierung ab – und die bekommt davon nichts mit, bis die Sache so gut wie gelaufen ist. Auf der Berlinale eröffnet dieser DDR-SciFi die Retrospektive.

Eine Gruppe junger Astronauten bereitet in geheimer Mission eine Expedition in die unerforschten Weiten des Weltalls vor, um dort auf andere Lebewesen zu treffen. Diese hatten Jahrzehnte zuvor aus dem Lichtjahre entfernten Sternbild Cygnus Signale an die Erde gesendet, deren Dechiffrierung das Wort „Eolomea“ ergeben. Während damals die Technik noch nicht weit genug entwickelt war, ist es nun möglich, die Reise ins Ungewisse anzutreten – aber von offizieller Seite nicht gewollt.

Zschoches Hauptfigur in EOLOMEA ist ein Revolutionär wider Willen: Der coole Raumfahrer Dan, mit lässigem Charme von dem Bulgaren Iwan Andonow gespielt und von Manfred Krug synchronisiert, hat Löcher in den Socken und immer einen flotten Spruch auf den Lippen. Auf Arbeit langweilt Daniel Lagny sich zu Tode, denn er liebt die schöne Forscherin Maria und will sich mit ihr auf den sonnigen Galapagos- Inseln zur Ruhe setzen – im Film muss die bulgarische Schwarzmeerküste dafür herhalten.

Die im vergangenen Jahr verstorbene Niederländerin Cox Habbema (1944–2016) verleiht der klugen Wissenschaftlerin Witz, Charme und vielseitige Talente. Doch aus den schönen Zukunftsplänen, die Kameramann Günter Jaeuthe in wunderbar verkitschten Traumbildern in Szene setzt, wird leider nichts. Als die Mission schließlich umgesetzt wird, muss sich Dan entscheiden. Und gemäß den Regeln des Westernhelden verzichtet er natürlich auf den sicheren Hafen der Ehe und reitet dem Horizont – pardon, fliegt der nächsten Galaxie – entgegen.

Auch wenn die Spannung etwas zu wünschen übriglässt, ist EOLOMEA durchaus sehenswert. Die Dialoge flutschen, Ausstattung und Kulisse sind einfallsreich. Zu entdecken sind: geodätische Kuppeln, psychedelische Felslandschaften, ein Roboter in Gewissensnöten, Hedwig-Bollhagen- Geschirr neben Meißner Porzellan und ein rauschendes Kostümfest auf den Terrassen des Neuen Palais in Potsdam.

Erstaunlicherweise bleibt die Rolle „der Bösen“ gänzlich unbesetzt. Nicht einmal Rolf Hoppe, der in der ersten Hälfte der Geschichte das Potenzial zum zwielichtigen Schurken erkennen lässt, darf sich als der Menschenfeind, der er zu sei schien, austoben. Aus heutiger Sicht glaubt dieser Film, für den der Jazz-Musiker Günther Fischer die Musik komponierte, auf geradezu anrührend naive Weise an das Gute im Menschen – und feiert zugleich, humorvoll und fast nebenbei, die Kraft des Eigenmächtigen.

Kommentare ( 1 )

Die Raumstation hieß Margot?! Hätten sie Margot bloß in die Umlaufbahn geschossen und Erich gleich dazu. Und vielleicht das ZK auch. Aber dann wäre es eng geworden da oben.

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Titel

Orignaltitel

Eolomea

Credits

Jahr

1972

Dauer

82 minutes min.

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