Mine Vaganti (Loose Canons) von Ferzan Ozpetek

Von klugen Omas und schönen Enkeln

Ahhh - das Licht in Apulien, der Sommer, das Meer, die Mode, leidenschaftliche Frauen und Männer, die Altstadt mit Gassen und Säulen, die Pasta - Bella Italia totale. Dazu das Anwesen der angesehenen Familie Cantone voller verschrobener aber irgendwie liebenswerter Individuen: die kommandierende Mutter, die exzentrische Tante, der labernde Schwager, die dicken Enkel, die schlichten Haushaltshilfen, die weise aber rebellische „Nonna“ (Oma) - und zwei schwule Söhne. Was passt hier nicht ins Klischee? Genau. Und weil der eine Bruder, dem anderen bei einem festlichen Abendessen mit seinem Coming Out zuvor kommt, Papa ausflippt und einen Herzinfarkt erleidet und den Sohn verstößt, muss Tommaso, der jüngste und schon vor Jahren nach Rom geflüchtete Bruder plötzlich in der alten Heimat in Pasta machen, obwohl er Schriftsteller werden möchte. Und hier beginnt diese schöne Komödie um die wahre Bestimmung und Liebe und Familienbande in Fahrt zu kommen.

Tommaso schmeißt also mit der jungen Angestellten Alba, seiner älteren Schwester, die bis dahin frustrierte Hausfrau eines etwas tumben Neapolitaners war, die Pastafabrik und schweigt, während Mama und Papa sich grämen, herausfinden wollen, wie das mit ihrem Sohn geschehen konnte, sich um ihren Ruf in der Stadt sorgen und unter Wirklichkeitsverweigerung leiden, während die Nonna alles schon seit Jahren wusste - sie selbst hing ihr Leben lang einer unmöglichen Liebe nach. Diese wird in Rückblenden erzählt und gegen Ende des Films fließen die beiden Zeiten und Geschichten sehr gelungen ineinander. Die Nonna kann das Versteckspiel, die Spannung zwischen Familie und Liebe gut verstehen und animiert Tommaso „sein Leben zu leben.“

Die schöne und impulsive Alba verliebt sich getreu dem Motto, "die besten Männer sind leider schwul", in Tommaso. Sie ist in Lecce eine Außenseiterin und spiegelt die unmögliche Liebe der Großmutter in die Gegenwart, wobei auch Tommaso manchmal zu überlegen scheint, wie das Leben mit ihr sein könnte. Dann tauchen seine Freunde aus Rom auf, vier „typische“ Homosexuelle, die das Spiel eine Weile mitspielen, aber immer wieder aus der Rolle fallen, was Tommaso in Bedrängnis bringt und die Wirklichkeitsverweigerung seiner Eltern, dass auch der anderen Sohn schwul sein könnte, zunehmend schwieriger macht.

Am Ende gibt es eine wirklich schöne Lösung für all die Verwicklungen und unterdrückten Gefühle und es gelingt Ozpetek alle Figuren glaubhaft die Wendungen mitmachen zu lassen.
Ferzan Ozpetek ist wohl selbst einen Weile Außenseiter gewesen: in Istanbul geboren und als Student nach Italien gekommen, inzwischen dort etablierter Filmemacher, erzählt sehr gekonnt über das Gefühl, nicht zu sein, was die anderen einen sein lassen wollen. Sein Film „Hamam“ war 1996 ein internationaler Erfolg, man hat ihm bereits im MOMA New York eine Retrospekive gewidmet und er ist inzwischen bekannt für seine filmischen Familienportraits, in denen es immer um die Frage Innen und Außen, die Spannung zwischen Familientradition und anderen Einflüssen, Freunde, Liebe etc. geht. So auch in dieser wirklich lässigen, humorvollen und dabei nie flachen Komödie.

Kommentare ( 2 )

ich fand den film sehr gut,geht richtig unter die haut.danke an regie.

sehr guter Film, keine "billige" Komodie, wie es sonst den Italienern passiert.

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Titel

Orignaltitel

Mine vaganti

Englischer Titel

Loose Cannons

Credits

Regisseur

Ferzan Ozpetek

Schauspieler

Ennio Fantastichini

Nicole Grimaudo

Alessandro Preziosi

Lunetta Savino

Riccardo Scamarcio

Land

Flagge ItalienItalien

Jahr

2009

Dauer

110 min.

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