Ein Häuschen im Grünen, davon träumt er der Großstädter. Rückzug ins Private, selbst renovieren und in trauter Zweisamkeit der ekligen Entfremdung entkommen – das muss so schön sein. In der Auftaktszene von Sebastian Schippers "Mitte Ende August“ sitzen Hanna (Marie Bäumer) und Thomas (Milan Peschel) beim Notar und kaufen ein heruntergekommenes Haus auf dem Land. Dann sieht man sie leicht irre vor Glück durch das neue Eigentum taumeln und Pläne schmieden. Von da an geht’s bergab.
Schon bei den ersten Arbeiten am Haus zeigt sich, wie überfordert Hanna und Thomas mit ihrem Renovierungsprojekt sind. Mit dem reichhaltigen Material des Baumarktes werkeln sie an ihrer Beziehung ebenso inkompetent wie an ihrem Haus. Thomas ist ein großes Kind, das eins will: Veränderung und zwar schnell. Also muss in die Außenwand ein Loch für eine Tür geschlagen werden. Hannas praktische Fragen nach der Statik spielen für ihn keine Rolle. Hanna dagegen macht mit aufgesetzter Fröhlichkeit alles mit, aber unter der Oberfläche lauert die Angst. Sie will einen Plan, an dem sie sich orientieren kann und vor allem will sie mit Thomas alleine den Sommer verbringen.
Mit der Zeit zu zweit ist es vorbei, als Thomas Bruder Friedrich (André Hennicke) seinen Besuch ankündigt. Friedrich befindet sich in einer veritablen Lebenskrise: Seine Frau hat ihn verlassen, das Architekturbüro, in dem er arbeitete, ist pleite. Aus Ärger und wohl auch aus Verzweifelung über den ungenehmen Gast lädt Hanna daraufhin ihr Patenkind ein, die Teenagerin Augustine (Anna Brüggemann). Friedrich und Augustine werden ungewollt zum Brandbeschleuniger in der Beziehungsvorhölle.
Sein Figurenquartett hat Sebastian Schipper nur in groben Strichen gezeichnet. Man erfährt wenig über ihren Hintergrund. Zum Beispiel bleibt völlig unklar, was Hanna und Thomas eigentlich abseits der Hausbaustelle im "wirklichen Leben“ tun. Trotzdem oder gerade deswegen versteht der Zuschauer die Charaktere. Das ist die große Kunst des Drehbuchs, der Regie und der Schauspieler. Vor allem Milan Peschel und Marie Bäumer nutzen den Freiraum, den der Film bietet, um in Alltagsdialogen und improvisierten Szenen das auszudrücken, was die Schwierigkeiten des Zusammenlebens ausmacht. Die Unsicherheit, die Sprachlosigkeit, das Nichtverstehen des Anderen, die Enttäuschung und der verzweifelte Versuch es doch irgendwie zum Funktionieren zu bringen.
"Mitte Ende August“ findet eine Balance zwischen Depression und Witz und schafft so eine Tragikkomödie. Sebastian Schipper ist mit seinen skizzierten Figuren und der spartanischen, handlungsarmen Geschichte ein Risiko eingegangen: Der Film hätte in einer öden Versuchsanordnung enden können. Aber das Vorhaben funktioniert, weil die Schauspieler dieser Geschichte das Leben geben, was Beziehungsdramen so oft fehlt. Der großartige Soundtrack, den Vic Chestnut für diesen Film geschrieben hat – introvertierte, instrumentelle Gitarrenmusik und ein paar sehr schöne, sehr traurige Songs – ist unersetzlich, damit der Funke zum Kinopublikum überspringt.
Kommentare ( 3 )
ja, ja, ja. jetzt finde ich den film sogar noch besser als ohnehin schon.
Posted by andreas | 10.02.09 20:08
Dieses "Rote Teppichgetrampel" ist schon unerträglich.
Die Berlinale - einer jener Marktplätze der Eitelkeiten, die niemand wirklich braucht, außer denen, die mehr scheinen wollen als sie sind.
Was sollen wir "Normalos" mit diesem krankhaften Gehabe, diesem sinnlosen
Geltungsdrang von Leuten, die sich viel zu wichtig nehmen, eigentlich anfangen? Sie liegen uns nur auf der Tasche. Entweder beim ARD oder ZDF. Reicht das Geld nicht mehr für all diesen Mist, werden die Zwangsabgaben an die GEZ erhöht.
Filmpreise, Mode-Events, Frisörwettbewerbe - alles maßlos dekadent und überflüssig wie ein Kropf.
Posted by Klaus | 11.02.09 15:51
Deine Meinung sei Dir unbenommen Klaus. Aber was hat des mit dem Film zu tun? Und warum liest Du eigentlich eine Webseite über Filmfestivals?
Posted by Steffen | 12.02.09 10:34