"Laskar Pelagi" (Rainbow Troops) von Riri Riza

Einer der ersten Filme die im Panorama anlaufen, und schon ein Kandidat für den Panorama Publikumspreis. Erfolgsverwöhnt ist „Laskar Pelagi“ sowieso: Im Herbst 2008 angelaufen ist es bereits der erfolgreichste Film aller Zeiten in Indonesien.

Das verwundert dann doch ein wenig, wenn die zwei unterhaltsamen Stunden um sind: Es ist ein emotionaler, aber leiser Film, mit schönen, metaphernreichen Bildern und starken Charakteren. Trägt der Film seine Emotionalität zu dick auf? Ist der Plot nicht gar zu harmonisch? Es kommt der Gedanke schon während des Films, dass dies vielleicht die etwas übersättigte Wahrnehmung eines europäischen Kinokonsumenten ist, aber nicht der vielen Menschen, die den Film in Indonesien gesehen haben. Denn dort sind solche Filme aus heimischer Produktion ungewöhnlich – sonst, sagt Regissuer Riri Riza nach dem Film, sind in erster Linie Horrorfilme und Sexkomödien populär und kommerziell erfolgreich. Diesem Film seine Emotionalität als Schwülstigkeit anzukreiden, seine ungebrochenen Bilder als Pathos abzulegen wäre jedenfalls ungerecht.

„Laskar Pelagi“, dass ist die „Regenbogen-Truppe“, eine Gruppe von zehn Schülerinnen und Schülern in einer kleinen, ärmlichen muslimischen Dorfschule auf der Insel Belitung. Diese Insel ist eigentlich wohlhabend, aber für die Kinder aus den armen Familien sind die Eliteschulen unerreichbar. Die meisten können gar keine Schule besuchen, weil sie hart arbeiten müssen, um ihren Familien das Überleben zu sichern. So ist auch alles andere als klar, dass Lehrerin Muslimah, die unbedingt die alte Dorfschule offen halten will, überhaupt eine Klasse zusammenbekommt: Zehn Schüler sind mindestens notwendig. Und erst als schon alle Hoffnung vergeblich scheint kommt im letzten Moment am Einschulungstag Schüler Nummer zehn zum kargen Schulgebäude.

Diese Schule ist – für die Lehrer wie die Schüler – eine echte Gemeinschaft, in der nicht die Leistung, sondern das sprichwörtliche Lernen fürs Leben zählt. Gegen die elitären Schüler mit den schicken Schuluniformen aus der Schule in der nächstgelegenen Stadt gewinnen sie mit dem bloßen Glauben an sich selbst diverse Wettbewerbe. Stolz werden zwei Pokale in einer Glasvitrine in dem klapprigen Schulraum wie ein Schatz gehütet. Die Gemeinschaft der Schüler und Lehrer, die durch ihr gegenseitiges Vertrauen das Projekt am Leben halten, ist stark, aber kann nicht ewig bestehen; der Film zeigt das letzte von fünf Jahren an der Grundschule. Die Auflösung der Gemeinschaft nimmt er vorweg, als der begabteste der Jungen die Schule verlässt, um als Fischer für seine Familie zu sorgen. Eine Fortsetzung des Filmstoffs nach der Romanvorlage ist bereits in Arbeit.

Star dieses Films sind die Kinder – Laiendarsteller, mal wieder, wie bei vielen anderen beeindruckenden Berlinalefilmen der letzten Jahre stellen ihre Leistungen alles andere in den Schatten (Publikumspreis 2007: Blindsight; der wunderbare kurdische Film „Schildkröten können auch fliegen“ bei der Berlinale 2005). Könne so glaubhaft nur Kinder spielen- oder sein? Und warum? Ganz einfach: „Die haben Talent“, sagt nach dem Film Regisseur Riri Riza. Ohne Frage! Etwas nachvollziehbarer wird die unfassbare Qualität ihres Spiels, als er vom Casting erzählt: Aus 3.000 Kindern, die vorsprachen, hat er die elf Kinder ausgewählt, die hier im Mittelpunkt stehen.

Überhaupt wächst der Respekt vor dem Film und seinen Machern noch mal bei der Diskussion nach dem Film. Was weiß man schon über die Filmszene in Indonesien?
Unter Suhartos zunehmend rigider Herrschaft in den Neunziger Jahren fielen unabhängige Projekte der Zensur zum Opfer. Und in dem Riesenland mit 250 Millionen Einwohnern gibt es heute gerade mal eine Filmschule in Jakarta und ganze 500 Leinwände – zehnmal weniger als in Deutschland. In der Region Belitung gibt es wie in vielen Landesteilen gar keine Kinos – aber als das Filmteam mit einer mobilen Leinwand dorthin kam, strömten unglaubliche 20.000 Menschen zu diesem Ereignis.

Die Botschaft, die am Ende des Films eingeblendet wird, ist so einfach wie überzeugend: Jedes Kind hat ein Recht auf Bildung, egal aus welcher sozialen Schicht es kommt. Sonst gibt es keine Zukunft, So steht es in der indonesischen Verfassung. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Nicht nur in Indonesien.

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Titel

Orignaltitel

Laskar Pelangi

Deutscher Titel

Die Regenbogenkrieger

Englischer Titel

The rainbow troops

Credits

Regisseur

Riri Riza

Schauspieler

Ferdian

Ikranagara

Cut Mini

Veris Yamarno

Zulfani

Land

Flagge IndonesienIndonesien

Jahr

2008

Dauer

124 min.

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