"Ecstasy of the Angels" von Wakamatsu Koji

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Was wäre in Deutschland wohl los gewesen, wenn es in den siebziger Jahren einen Softporno über die RAF gegeben hätte? Dass die Grundidee gar nicht so abwegig ist, wie man zunächst denkt, zeigt „Ecstasy of the Angels“ von Wakamatsu Koji.

Im Mittelpunkt des Skandalfilm aus dem Jahre 1972 steht eine revolutionäre Bewegung, die aus einem amerikanischen Militärlager Sprengstoff klaut, um damit Anschläge auf öffentliche Ziele zu verüben. Als der Sprengstoff jedoch auf einmal zur Verfügung steht, entbrennt ein interner Kampf welche Kommandozelle die Bomben für seine Zwecke nutzen darf. Dabei tauscht die Avantgarde untereinander nicht nur Agitprop-Parolen aus. Ein Großteil des Films besteht aus Sexszenen, in denen die Genossen und Genossinnen mit den Codenamen Herbst, Oktober, Montag oder Freitag ihren Körper in den Dienst der Sache stellen.

" Ecstasy of the Angels " gehört zu dem speziell japanischen Genre der Pink Eiga oder eroductions, die Anfang der siebziger als Antwort des Kinos auf die Konkurrenz des Fernsehens verstärkt produziert wurden. Pink Eiga lassen sich nicht als seichte Softpornos abtun. Für viele ambitionierte Regisseure boten Pink Eiga überhaupt erst die Möglichkeit einen Film zu realisieren. Sie mussten eine Mindestanzahl an Sexszenen in ihren Film unterbringen, waren in der Gestaltung der Rahmenhandlung und der filmischen Mittel aber frei. Wakamatsu Koji hat diese Freiheit radikal ausgenutzt. Er experimentiert mit dem Wechsel von Schwarz-Weiß- und Farbfilm und unterlegt den Film mit der Musik des Trio um den Pianisten Yosuke Yamashita, die damals die konservative Jazzszene mit ihrem Free Jazz aufgemischt haben. In der Darstellung der linken Bewegung zeigt Wakamatsu Koji zwar die internen Intrigen und die Brutalität der Mittel, distanziert sich aber auch nicht ausdrücklich von den revolutionären Parolen. Dies mag auch der Vorlage von Masao Adachi liegen, der sich später der militanten Japanischen Roten Armee anschloss. In Japan sorgte "Ecstasy for the Angels" für großes Aufsehen gesorgt. Bald nach Fertigstellung des Films wurden tatsächlich Anschläge auf Polizeistationen in Tokio verübt. Der Film konnte schließlich nur in einem einzigen Kino aufgeführt werden.
Obwohl aus heutiger Sicht die Mischung aus revolutionärer Rahmenhandlung und Softcore einer gewissen Situationskomik United Red Army nicht entbehrt, ist " Ecstasy of the Angels " ein bedeutendes Filmdokument des unabhängigen japanischen Kinos, das die Grenzen der Filmgenres ignoriert.

„Ecstasy of the Angels“ ist Teil einer kleinen Wakamatsu Koji Retrospektive im Programm des Forum. Neben den zwei Frühwerken „Secrets Behind the Wall“ und „Go, Go Second Time Virgin“ ist auch sein aktueller Film „United Red Army“ zu sehen, eine drei stündige Dokufiction über die Japanische Rote Armee zu sehen.

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Titel

Orignaltitel

Ecstasy of the Angels

Credits

Regisseur

Wakamatsu Koji

Schauspieler

Yoshizawa Ken

Adachi Masao

Akiyama Michio

Yokoyama Rie

Arasuna Yuki

Land

Flagge JapanJapan

Jahr

1972

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