"3 Dias" von F. Javier Gutiérrez

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Was für ein gestörter Film ist das denn? Das Setting klingt spannend: riesiger Meteorit fliegt auf die Erde zu, um keine Panik zu verursachen wurde diese Nachricht zurückgehalten, bis alle Versuche, das Unheil abzuwenden fehlgeschlagen sind. Jetzt bleiben noch 3 Tage. Was würde man selbst in diesen 3 Tagen tun? In abgelegene Tunnel in den Bergen fliehen? Seiner geheimen Liebe die Gefühle gestehen? Alte Streiterein ausräumen? 3 Dias geht einen anderen Weg.

Und einen extrem verstörenden. Während die kommende Katastrophe lediglich über rauschende Fernseheinspielungen wunderbar ungreifbar bleibt (und der größer werdende rote Feuerball am Abendhimmen wunderschön) ergreift die Welt Panik, Menschen fliehen, auch aus den Gefängnissen, und das scheint das große Problem zu sein, wie der Mittzwanziger Ale langsam durch seine Mutter begreift. Nur als Zuschauer begreift man lange Nichts. Was ist das Problem? Soro! Aha. Was ist Soro? Ein Verbrecher, der wohl das ganze Dorf früher einmal in Angst und Schrecken versetzt hat und der mit der Hilfe von Ales Bruder verhaftet wurde. Die Mutter ist in Panik (nun nicht mehr wegen des Meteoriten), der Sohn erträgt alles wie immer stoisch undfreundlich, denn er kann sich an damals nicht mehr erinnern. So fahren alle zu den vier Kindern des Bruders in einer einsamen Hütte auf dem Land und warten: auf den Weltuntergang und auf Soro.

Bis dahin klingt die Story nach einem spannenden Thriller (auch wenn nicht so ganz klar wird, warum Mr. Superböse in den letzten 3 Tagen der Welt sich unbedingt rächen muss - aber er ist auf dem Weg, das muss genügen). Das sind die spannendsten Momente des Films: der Meteorit am Abendhimmel, die Großmutter mit dem Gewehr im Arm vor der Haustür, in tiefer Angst, aber wir wissen nicht wovor. Was kann schlimmer sein als der sichere Tod? Tod durch Soro, sagt der Film und wandelt sich langsam aber zielsicher zu einem verstörenden Horror-Movie. Ich will nicht zu viel verraten, nur so viel: am Ende explodiert natürlich der Meteorit, aber davor werden einige der Kinder besitalisch gequält, muss Ale ein Trauma entdecken und überwinden und natürlich, sich mit Soro messen.

Warum wurde am Ende des Films applaudiert und gebuht? Kamera, Schnitt, Bilder, Sound und Schauspieler sind gut und athmosphärisch dicht, das Setting ist etwas plakativ aber spannend, dient aber nur als stimmungsvoller Hintergrund, vor dem die Geschichte eines Psychopathen mit verstörenden Bildern von zuletzt unangenehmer Intensität erzählt wird. Man mag es als eine Qualität des Films ansehen, die Schmerzgrenze auszutesten, aber kleine Kinder quälen und bestialisch töten zu lassen gehört nicht zu den Dingen, die man zu sehen gewohnt ist. Und nicht wenige Zuschauer haben das Kino in den letzten 20 Minuten verständlicherweise verlassen. Wer sich das anschauen mag, soll es tun.

Kommentare ( 4 )

na endlich mal eine kontroverse...buhen und applaus...das kino als soziales happening...auch wenn ich mir nach der beschreibung den neuesten ableger der weltuntergangsfilme, die seit einigen jahren wieder hochkonjunktur haben, bestimmt nicht geben muss....

Für mich ein ärgerliches Machwerk. Wenn ich mir diesen Text nochmal so durchlese, frage ich mich was genau mich so wütend gemacht hat. Denn das war ich nach dem Kinobesuch. Vielleicht nicht ein Ding allein - sondern die Summe der nicht eingelösten Erwartungen...

Die Spannungs-Erzeugung geht nicht über das Niveau primitiver Schockeffekte hinaus. Die Handlung der Charaktere bleibt allzu unplausibel und affektiert. Sie kamen mir einfach nicht nahe.
Ein Film der Behauptungen. Das Chaos ist behauptet. Mütterlichkeit ist behauptet, aber noch viel schlimmer: das (familiäre???) Verantwortungsgefühl der Hauptfigur - Oder was sollte es stattdessen darstellen? Ebenso das behauptete Rachemotiv des Antagonisten.

Ich finde es ist mal allenfalls ein gutes Beispiel dafür, dass gerade in einem Genrefilm(?) wie einem (Action-)"Thriller"(?) ein gewisses Maß an Logik der Handlung und Nachvollziehbarkeit der Figuren unabdingbar ist um glaubwürdig und spannend zu wirken. Stattdessen konstruierte Verhaltensweisen.

Ein gewisses Maß an solidem Handwerk bitte: von wegen "Rückkehr klassischer Erzählformen" & Genrefilme wie Wieland Speck im Berlinale Journal schreibt - in dieser Unausgegorenheit kann ich gerne darauf verzichten. Wenn schon Stereotypen dann doch
bitte richtig! Gähn.

Stattdessen fragte ich mich in "3 Dias" ständig: Warum dies jetzt, warum das? Warum ist sie jetzt tot? Warum reden sie nicht miteinander? Warum muss er das jetzt tun? Was treibt ihn? Was will er? Ist er nun verantwortungsbewusst für die Kinder oder sind sie ihm nicht etwa doch scheißegal?! Nochmal: sie kommen mir nicht nahe.

Ein Film mit offensichtlichen Zuschaueranweisungen: Aha: Jetzt soll ich mich grußeln, aha: das soll ich mir jetzt für später merken, Aha: jetzt ist Happy End, - na von mir aus!

Dieser Film will einzig durch billige Effekte manipulieren und schafft in mir Ablehnung gegen dieses Billig-Manipuliert-werden. Besonders die Filmmusik kommt H O L L Y W O O D -dick a la "Independence Day" daher - und lässt im Ergebnis die kammerspielartig aufgelöste Handlung noch viel kleiner erscheinen als sie ist. Ihre Monumentalität, welche sie, wie so Vieles verspricht wird aber nie eingelöst. Auch diese gepflanzten Erwartungen werden also enttäuscht. Hier hat sich jemand schön nach dem Kontrastprinzip ein Eigentor geschossen.

Ein anderes Effekte-Beispiel beim obligatorischen End-Zweikampf: Wackelkamera ohne Totalen, inklusive unmotivierter, aber sicherlich als modisch intendierte Zoom-Ins ersetzen noch lange nicht die fehlenden Sympathien oder die ebenso fehlenden Antipathien (man verlässt sich wohl ganz auf: ein Kindermörder = böser Mensch = kein weiterer Erklärungsbedarf?!), noch erzeugten diese Effekte Spannung durch ihre inszenierte Unübersichtlichkeit; "Willkür" fällt mir da eher ein. Da kann einem die zur Kaschierung verdammte Montage nur leid tun.

Man möchte den Macher(n) dieses -für mich- gescheiterten Versuchs eine schicksalhafte Konstellation zu erzählen und angesichts des dabei so wirkungslosen visuellen Gebrülls Filme von Kurosawa, Ang Lee oder Yoji Yamada schenken und hoffen, dass sie reumütig der Publikumsvergewaltigung abschwörten.
Und wenn das nicht ihren Geschmack träfe (eher Inaritu?) - wie ich vermute - dann nochmal darauf hinweisen das Untergangsfilme vom Schlage "Day after", "Armageddon", "The Day After Tomorrow" oder "Stirb langsam" sich selbst schon Sequels genug sind und ein Weiterer in diesem Stil eine gewisse handwerkliche Festigung der stereotypen Erzählmethoden erfordere wenn man sowas unbedingt in dieser Art erzählen wollte. Wollten Sie das? - ich hab keine Ahnung, vielleicht eher nicht. Genau das wird eben nicht klar: von WAS erzählt dieser Film (außer der dünnen Kathastrophenkonstellation) und WIE will er es eigentlich erzählen? Man entwickelt kein Vertrauen zu diesem Film.

Jedenfalls ein Film der falschen Versprechungen, eine ärgerliche Zeit- und Geldverschwendung. Dabei hatte sich der Ankündigungstext so interessant angehört - was haben sich die Berlinale Panorama Macher bei dieser Auswahl gedacht? „Panorama" des Qualitätsspektrums? Eher „Panoptikum"! Förderung der Kontroverse? Nee, Banderas. - achso.

In der Kunst ist Geschmacksdivergenz ja was Essenzielles, aber hier kann ich mir kaum eine ernstgemeinte positive Meinung vorstellen. Im Cubix herrschte nach meinem Gefühl konvergente Ablehnung. Den spärlichen Applaus hab ich mit Höflichkeit interpretiert. Mir tat eine neben mir platzierte spanische Mitinsassin leid die bei jedem Knalleffekt zusammenzuckte um danach immer nur festzustellen, das nichts passiert war - nach einer halben Stunde Film hätte ich sie gerne beruhigt: das geht zwar immer so weiter bis zum Abspann - aber mit diesem Film geht nun wirklich nicht die Welt unter. (Allerdings unser Sonntag abend) Gott sei Dank!

We loved the movie! it's one of the most impresive, exciting and original movies in this year's program.

Tres Dias ist ein außergewöhnlicher und mutiger Film. Die Regiearbeit, die Javier Gutierrez in seinem Erstlingswerk mit wenig finanziellen Mitteln abliefert ist hervorragend. Endlich mal ein Film der nicht gefallen will, endlich mal einer, der etwas riskiert.

Man mag sich über den Inhalt und die Geschichte streiten können, aber eins ist sicher: von diesem Regisseur wird man noch hören.

Was mich besonders fasziniert ist die absolute Eigenheit dieses Films. Er ist eben nicht einzuordnen und in eine Schublade zu stecken. Er ist nicht vergleichbar mit irgendetwas das es schon gibt. Der Regisseur versucht neue Wege zu gehen, entfernt sich eben gerade von dem, was jeder kennt und mit Sicherheit jedem gefällt. Tres Dias berührt an Stellen an denen manche nicht berührt werden wollen, er geht an Grenzen und das ist fantastisch. Außerdem: die technische Perfektion ist unabschtreitbar. Schnitt und Kamera sind großartig, die außergewöhnliche Ästhetik ist eine Tatsache.

Gäbe es eine Preis für den mutigsten und originellsten Film, so würde Javier Gutierrez ihn für sein Debut Tres Dias von mir verliehen bekommen. Ich ziehe meinen Hut.

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Titel

Orignaltitel

3 dias

Englischer Titel

Before the fall

Credits

Regisseur

F. Javier Gutiérrez

Schauspieler

Elvira de Armiñán

Daniel Casadellá

Víctor Clavijo

Mariana Cordero

Ana de las Cuevas

Eduard Fernández

Juan Galván

Land

Flagge SpanienSpanien

Jahr

2007

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