Dieser Film ist ein Furor, eine nicht enden wollende Erregung: In knapp drei Stunden erzählt Regisseur Marawan Hamed die Geschichte der Bewohner eines Hauses in Kairo – des Yacoubian Buildings. Und bricht dabei so ziemlich alle Tabus, die in der ägyptischen Gesellschaft existieren. So viel Sex, Gewalt, Alkohol war nie in einem arabischen Film. Omaret Yacoubian ist nicht nur der kontroverseste und unterhaltsamste arabische Film seit langem, sondern auch die teuerste ägyptische Filmproduktion aller Zeiten.
Schon die Buchvorlage von Alaa Al-Aswany hatte in Ägypten seit der Veröffentlichung 2002 für enorme Aufregung gesorgt. Nicht auszudenken was passiert, wenn dieser Film im Juni 2006 tatsächlich unzensiert in die ägyptischen Kinos kommt, zumal er gespickt ist mit der Crème de la Crème der ägyptischen Filmstars. Sicher, der Skandal ist kalkuliert, aber wer einen so unterhaltsamen Film produziert, dem sieht man einiges nach: Auch das ein oder andere Klischee. Aber wie dieser Film temporeich, spannend und unterhaltsam drei Stunden lang die ägyptische Gesellschaft portraitiert, ist sensationell.
Ein altbackener Begriff fällt einem ein: Sittengemälde. Das Sittengemälde einer ägyptischen Gesellschaft, die von Dekadenz, Intoleranz, Korruption, Gewalt, sexueller Frustration und manch anderen menschlichen Übeln geschlagen ist. Auch die Homosexualität eines Protagonisten wird zwar verquer in diesen Kontext gereiht, doch andererseits ist die Figur eine der größten Sympathieträger, und die Offenheit der Darstellung für einen arabischen Film revolutionär. Besonders die herrschende Klasse und die korrupten Geschäftsleute kommen ansonsten gar nicht gut weg. Dagegen wandelt sich ein anderer Sympathieträger des Films zum Islamisten, der eines Tages bei einer Demonstration gefangen genommen wird. Die Szenen, in denen er von der Polizei gefoltert wird, werden an Brutalität nur noch vom Showdown am Ende übertroffen: So brutal, aber auch spannend wie Micheal Manns "Heat".
Nach der Premiere gibt es langen Applaus, arabische Kamerateams drängen ins Kino um die ägyptischen Stars auf der Berlinale zu filmen. Die Frage, wie der Film in Ägypten ankommen wird, beantwortet Regisseur Hamid, ein Jüngelchen Ende zwanzig, der mit „Omaret Yacoubian“ – unglaublich! – seinen ersten Film gemacht hat, eindeutig: Er wird für große Aufregung sorgen! Aber hier sind alle richtig gut gelaunt nach der Vorführung, erleichtert, begeistert, und auch wir sind glücklich, denn wann wird einem schon bei der Berlinale von den lachenden Stars mit Handkuss versichert, dass man „das beste Publikum ist“ und „I love you all“. Große Gefühle und ein Film, von dem wir noch viel hören werden.
Geballte ägyptische Strpower auf der Brlinale.
Kommentare ( 8 )
Wowh...da hat sich das "Internatiale Filmefestival Berlin" tatsächlich sein "international" verdient. Sehr spannend. Auf die Reaktion in Ägypten bin ich auch sehr gespannt.
Posted by andreas | 14.02.06 10:54
Von Adel Iman, der in Yacoubian Building den gealterten Dandy ganz zauberhaft spielt, auch wenn oder gerade weil der Kajal etwas sehr zerlaufen ist, sollte man sich, wenn man Lust auf Schräges und großartige Komik hat, vor allem seine (Tragik-)Komödien aus den 70ern und 80ern anschauen. Man bekommt sie man in vielen kleinen arabischen Videotheken in Berlin und anderen großen Städten. Die arabischen Filme sind netterweise für die des Arabischen nicht mächtigen Menschen fast immer mit englischen Untertiteln versehen.
Posted by Tiziana | 14.02.06 13:02
Ich finde den film ganz toll und sehr lustig. Es wurde auch in Florenz gedreht. Der an der Rezeption war,ist der Schauspieler Nahed Mohammad aus Palästina.
Posted by Y.Salem | 26.04.06 01:35
it is such a fantastic film really the egyptian movies are going to get better and better
Posted by amir ghonaim | 05.10.06 19:38
Ich find diesen film sehr mutig, denn so einen offenen film, der viele tatsachen in arabischen länder veröffentlicht, gab es bis jetzt noch nicht. Es ist einfach lobenswert, wenn das heutige leben von anderen perspektiven gezeigt wird. Darauf habe ich lange gewartet.
Posted by Rusul | 24.02.07 22:17
ein film der viele tabus anspricht und genau die schattenseiten der gesellschaft wiederspiegelt. omaret jacoubian zeigt das wovor viele wegschauen und weghören wollen. tolle regie und ausgezeichnete wahl der besetzung. noch mehr davon bitte
Posted by sherin | 19.11.07 02:57
wo und wann kann ich den film sehen, kaufen oder leihen ????
Posted by privat@hufeske.de | 19.02.08 16:34
Ja, wo kann man den film sehen oder leihen. Bin auch sehr interessiert????
Posted by birgit | 26.02.08 12:07