Panorama: Silentium von Wolfgang Murnberger

Österreich 2004 * Regie: Wolfgang Murnberger Drehbuch: Wolfgang Murnberger, Josef Hader, Wolf Haas Darsteller: Josef Hader, Simon Schwarz, Joachim Król, Maria Köstlinger, Udo Samel, Jürgen Tarrach, Rosie Alvarez Special Guest: Christoph Schlingensief

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Und scho wieder is wos passiert. In Salzburg stürzt der Schwiegersohn des Festspielpräsidenten vom berühmten Selbstmörderberg Mönchsberg. Hat er aber vielleicht einen kleinen Schubser gekriegt? Daran glaubt die Frau des Toten. Was für ein Glück, dass sie den glücklosen Brenner begegnet! Mit einem interessanten Trostspruch hat er sie für sich gewonnen, und sie wiederum überzeugt ihn davon, sich in die altehrwürdigen Gemäuer eines Knabenkonvikts zu begeben, hinter denen die Witwe die Mörder ihres Mannes vermutet. Ein Jahr zuvor war nämlich der Tote mit seinen skandalträchtigen Erinnerungen an die Öffentlichkeit getreten: der Leiter der Schule und zum Erzbischof aufgestiegene Schorn hat ihm als jungen Schüler etwas zu realistischen Hygieneunterricht erteilt. Mit seinem Freund Berti kommt Brenner nicht um die Kulissen der Festspiele herum (da beweist Christoph Schlingensief sein Können vor den Bayreuther Festspielen ) und kratzt an der glänzenden Oberfläche der morbiden Mozartstadt.

Nach der Romanvorlage von Wolf Haas ist dem Regisseur Wolfgang Murnberger ein spannender Film gelungen, in dem man fiebert, lacht, zittert, den Kopf schüttelt und noch mehr lacht. Das staubige Österreich mit der staubigen katholischen Kirche und dem staubigen Bürgertum, die alle gern heuchlerisch die Augen verschließen, wird schonungslos bloßgestellt. Brenner, dargestellt vom genialen Josef Hader (bekannt als Kabarettist und v.a. wegen dem Film „Indien“), ist der Anti-Held schlechthin. Stolpert von einem Missgeschick ins nächste und kommt doch als Stehaufmännchen immer mit einem blauen Auge davon. Skurrile Szenen erinnern an „Kottan ermittelt“, eine der sicherlich absurdesten Fernsehserien, die in den 80ern über Österreichs Bildschirme flimmerte (oder was sagt man zu einem Polizeipräsidenten, der seinen privaten Krieg mit einem Getränkeautomaten führt?). Brenner ist eine liebenswert tragikomische Figur, dessen einzige Romanze sich durch die kleine Nachtklappe einer Apotheke abspielt. Überhaupt sind die Charaktere dieses Filmes eigensinnig und wunderbar ausgearbeitet. Der bissige Wortwitz bringt uns zum Lachen, aber die Geschichte selbst stimmt einen nachdenklich. Sie ist erst auf den zweiten Blick tiefsinnig.

Nicht umsonst war dieser Film der größte Kassenschlager in Österreich 2004. Die Frage ist nur, kann er in Deutschland bestehen – ohne Untertitel? Keine Sorge, es kämpften sich auch einige „Piefke“-Darsteller tapfer mit österreichischen Ausdrücken und Akzenten im Film durch. Ich freue mich jedenfalls darüber, dass Wolf Haas noch vier ganze Romanvorlagen aus dem SchreibÄrmel gezaubert hatte.

Kommentare ( 1 )

Ich pflichte haiwen voll bei, auch als Piefke konnte ich den Gesprächen ganz gut folgen (großartig absurd war die englische Untertitelung trotzdem). Zusätzlich wäre vielleicht noch zu erwähnen, dass Silentium Murnbergers ersten Haas-Verfilmung "Komm süßter Tod" um Nichts nachsteht. Brenner ist vielleicht noch abgerissener und der Humor noch düsterer. Ein riesengroßer Spaß mit großartigen Anspielungen auf andere Filme (so wird die Flugzeugsezene aus "Der unsichtbare Dritte" mit einem Modellflugzeug zitiert) und witzigen Details (man achte auf das, was vom Schriftzug "Garage" bei Brenners Drogenkonfisziierung übrigbleibt). Anschauen lohnt sich unbedingt!

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