Forum: Amu von Shonali Bose

Indien 2004 * Regie und Drehbuch: Shonali Bose * Kamera: Lourdes Ambrose * Darsteller: Konkona Sensharma, Brinda Karat, Ankur Khanna, Chaiti Gosh, Aparna Roy

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Jenseits von Bollywood

Bollywoodfilme haben in Deutschland längst ihren Markt erobert, auch auf der Berlinale läuft mit Veer-Zaara im Forum ein indisches 192-Minuten-Spektakel. Im Forum gibt es mit „Amu“ aber auch wieder einen sehr politischen indischen Film, der wie „Final Solution“ im letzten Jahr die ethnischen Spannungen des Landes thematisiert.

Der Film erzählt die Geschichte der 21-jährigen Kaju. Als Waise in Los Angeles aufgewachsen, reist Kaju nach Neu-Delhi, um die Familie ihrer Adoptivmutter zu besuchen - und um mehr über ihre eigene Herkunft zu erfahren. Dass bei einer Malariaepedemie 1984 das ganze Dorf ihrer Eltern umgekommen ist, gehört zu den wenigen Information, die sie hat. Während Kaju als Fremde nach Indien kommt, wird bald klar, dass dunkle Erinnerungen an die Heimat ihrer Kindheit wiederkehren. Der Student Kabir verliebt sich in Kaju, begegnet ihr aber zunächst unterkühlt. Er wirft ihr vor, mit der Videokamera folkoristische Bilder in den Slums von Neu-Delhi zu suchen. Aber als er begreift, dass Kaju dort auf der Suche nach ihrer eigenen Geschichte ist und er vom Tod ihrer Eltern erfährt, ändert sich das Verhältnis. Gemeinsam versuchen sie, dass Schicksal von Kajus Eltern zu ergründen und stoßen dabei auf die politischen Ereignisse des Jahres 1984: Die Unruhen nach der Ermordung Indhira Ghandis, bei denen mit Billigung der Hindu-Regierung tausende von Sikhs ermordet wurden. Es stellt sich heraus, dass auch Kajus Eltern nicht einer Epedemie, sondern dem Massaker an den Sikhs zum Opfer gefallen sind. Kaju - eigentlich Amrit („Amu“) - hat das Massaker als Kleinkind überlebt.

Die Geschichte von Kaju beruht - so der Abspann - auf einer realen Geschichte. Die 40jährige Rgisseurin Shonali Bose pendelt als politische Aktivistin zwischen Amerkia und Indien und hat ihr Studium an der UCLA absolviert; genauso wie ihre Protagonistin. Dem insgesamt sehenswerten Film tut soviel Realimus nicht gut. Zu gewollt steuert die Story auf Boses zenrales politisches Anliegen zu: Die Thematisierung des Massakers an den Sikhs. Der religiösen Gemeinschaft gehören 2% der indischen Gesellschaft an. Nach dem Mord an Indira Ghandi durch Sikhs, rächen sich die Hindus mit der pogromartigen Ermordung von über 5000 Angehörigen der Minderheit. Damit nimmt sich Bose einem dunklen Thema an, dass in Indien immer noch weitgehend verschwiegen wird. Eine Dokumentation mit Spielfilmanleihen hätte dies vielleicht besser leisten können als ein Spielflim, der sich am Ende dokumentarisch gibt. So wirkt die recht konvetionell gestrickte Story letztlich ein wenig wie ein Anhängsel der politischen Kritik.

Ihn deshalb als Film „für falsche Freunde von Amesty International“ (http://www.perlentaucher.de/artikel/2177.html) zu bezeichnen, ist falscher Zynismus. Amu, Boses Spielfilmdebut, ist ein aufrichtiges und persönliches Statement. Neben Bollywood steht Shonali Bose mit ihrem Film für eine gradlinige politische Kritik, die im Forum ihren festen Platz hat - und das ist auch gut so!

Kommentare ( 1 )

Ich habe "Amu" gleich drei Mal gesehen und finde, dass der Film weit mehr ist als ein politischer Film. Die Balance zwischen dokumentarischen und fiktiven Elementen ist einfach und schlicht perfekt. Ich glaube, dass der Film erst bei mehrfachem Sehen seinen ganzen Reichtum entfaltet und in der Art von Filmen, die sich mit den Mitteln des Spielfilms mit einem historischen Trauma auseinandersetzen, habe ich seit den Filmen Hou Hsiao hsiens oder Rithy Panhs seit Jahren nichts vergleichbares gesehen. Auch erweist sich bei mehrfachem sehen die Erzählung als alles andere als "konventionell". Amu ist eine rein erfundene Figur und wie sie sich im Laufe des Films entwickelt, wie sie den Kontakt zu der Vergangenheit herstellt, das hat mehr mit Marcel Proust zu tun als mit einem konventionellen Polit-Drama.

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