Forum: "Der irrationale Rest" von Thorsten Trimpop

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Deutschland 2005, 95 Min. *Regie und Buch: Thorsten Trimpop *Kamera: Hanno Moritz Kunow *Musik: Michael Jakumeit *Produzenten: Susann Schimk, Jörg Trentmann

Forum: Der irrationale Rest von Thorsten Trimpop
Deutschland 2005, 95 Min.; Regie und Buch: Thorsten Trimpop, Kamera Hanno Moritz Kunow, Musik: Michael Jakumeit; Produzenten: Susann Schimk, Jörg Trentmann

Der Dokumentarfilm lässt drei ehemalige Freunde, ein Mann, zwei Frauen über die Jahre 86/87 sprechen. Alle sind damals Anfang 20. Mathias versucht mit der besten Freundin seiner Freundin Suse aus der DDR zu fliehen und wird zusammen mit ihr verhaftet. Was folgt ist Stasihaft und Verurteilung. Dann 87 Entlassung in die DDR, nicht wie beide gehofft hatten, in den Westen. Die Drei haben sich als der Film beginnt 16 Jahre nicht mehr gesehen und nie wirklich über die Zeit damals, ihre Beweggründe und die Folgen auf ihr Leben gesprochen. Nicht nur dass Suse schwanger von Mathias war, als der beschloss, abzuhauen, auch die beste Freundin hatte nur noch Augen für das Ziel: Weg hier! Suse bleibt bewusst in der DDR und gibt nach der Verhaftung ihrer beiden Freunde dem Druck der Stasi nach und verrät offenbar Dinge über Freunde und Bekannte.
Mathias haben die Ereignisse von damals nie losgelassen, seine Haft, die Drangsalierung im Gefängnis, die Einschränkung und Beobachtungen. Er führt heute in einer Art masochistischem Impuls Besuchergruppen durch das Stasigefängnis, in dem er vor 18 Jahren gesessen hat.
„Vielleicht bin ich nur am Leben, wenn ich wieder in dieser Vergangenheit bin, und spüre, was ich damals gespürt habe.“ sagt er. Susanne ist dann doch noch vor der Wende nach Westberlin gegangen und hat den Beruf gelernt, den sie in der DDR nicht lernen durfte. Suse blieb, wo sie war und lebt als einzige heute noch im Osten Berlins.
Der Film begleitet jeden Einzelnen der drei an die Orte ihrer gemeinsamen und dann trennenden Vergangenheit, in den Wald an der Grenze zu Tschechien, wo die beiden Flüchtenden gefasst wurden, in den Plattenbau, in dem sie damals wohnten, dann weiter in das Gefängnis, in das Susanne zum ersten Mal zurückkehrt, an die Schule, wo Suse zu DDR-Zeiten unterrichtete und die heute nur noch eine Ruine ist.
Alle drei holen in Monologen und vom Regisseur fast nie unterbrochen allmählich ihre Vergangenheit zurück, ihre Beziehung zu den anderen beiden, versuchen zu erklären und rechtfertigen. Sie stellen fest, wie sehr all das auch nach fast 20 Jahren noch schmerzt, weil aus Freundschaft und Liebe Misstrauen wurde. In der beeindruckenden Schlussszene, in der alle drei schließlich zum ersten Mal aufeinandertreffen, spürt man die Fremdheit zwischen ihnen, die Trauer über den Verlust der Liebe und Freundschaft, die ihnen von der abstrakten Politik der DDR genommen wurde, die ihr Leben aber bis heute prägt. Sie schweigen. Der noch am tiefsten im Gestern verstrickte Matthias spricht den passenden Schlusssatz des Films: „Was sagt man bloß in so einem Moment?“.

Kommentare ( 1 )

Der Film hat mich total berührt.Es ist ein sehr emotionaler Film, der noch lange nachwirken wird. Thorsten T. hat mit sehr viel Sensibilität durch den Film geführt und noch unverarbeitetes hochkommen lassen. Ich hoffe, dass ihn viele sehen werden. Denn er gibt einen das Gefühl dieser vergangenen Zeit, ohne kitschig zu sein.
Ich habe geweint, gelacht,war geschockt und sehr ergriffen.
Der Film hat eine Stille und Tiefe, die sehr nachhaltig ist.
Danke für diesen wundervollen Film!

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