Panorama

Panorama-Publikumspreis an JUNCTION 48 und WHO'S GONNA LOVE ME NOW?

Junction48_1_klein.jpg

Die Panorama-Publikumspreise 2016 gehen in diesem Jahr an JUNCTION 48 von Udi Aloni und für den besten Dokumentarfilm an WHO'S GONNA LOVE ME NOW? von Tomer und Bayak Heymann. Adonis Film über eine palästinensische Rap-Gruppe in Lod, einer Kleinstadt nur 20 Kilometer östlich von Tel Aviv, ist eine israelisch-deutsche-amerikanische Koproduktion. Der Musiker Kareem (Tamer Nafar) versucht mit seiner Band eine Karriere zu starten. Dann will die israelische Regierung das Haus der Familie seines Managers räumen und seine Freundin Manar wird von ihrer konservativen Familie unter Druck gesetzt, nicht mehr auf den Konzerten der Gruppe zu singen.

LA ROUTE D’ISTANBUL (Road to Istanbul) von Rachid Bouchareb

Wenig Antworten, aber auch kaum Fragen

routeistanbul.jpg

Im Panorama Special läuft der Spielfilm über eine junge Belgierin, die zum Islam übergetreten ist und von zu Hause abhaut, um in Syrien zu kämpfen. Das Thema ist in aller Mundes, aber der Film wird ihm nicht wirklich gerecht. Die erste Hälfte, in der wir die Mutter Elisabeth und ihre Tochter Elodie in ihrer vermeintlich heilen Welt kennenlernen, ist eigentlich ein guter Einstieg. Allerdings wissen wir viel zu wenig über Elodie – außer, dass sie einen nordafrikanischen Freund namens Kader hat und viel Zeit vor dem Internet verbringt – um den plötzlichen Aufbruch nachvollziehen zu können.

Mehr: " LA ROUTE D’ISTANBUL (Road to Istanbul) von Rachid Bouchareb " »

Berlinale 2016: ZONA NORTE von Monika Treut

zonanorte.jpg

Yvonne Bezerra de Mello ist ohne Zweifel eine mutige Frau voller Energie. Die Frau aus der Elite Rio de Janeiros begreift sich selbst als Wohltäterin, als Fürsprecherin der marginalisierten BewohnerInnen in den Favelas der Stadt. Das ist manchmal nahe an der Grenze zur Selbstdarstellung und zum Klischee. De Mello hat eine neue pädagogische Methode entwickelt, die den Kindern der Favelas mehr Selbstbewusstsein geben soll. Ganz unbescheiden heißt die natürlich: „de-Mello-Methode.“

Mehr: " Berlinale 2016: ZONA NORTE von Monika Treut " »

Berlinale 2016: ALOYS von Tobias Nölle

Einsamkeit in der Stinkbude – spannend, komisch, tragisch

Aloys_1_klein.jpg

Die digitale Kamera ist das Wichtigste in Aloys Leben. Die Kamera und sein Vater. Sein Vater ist fast das Erste, was wir in Tobias Nölles Film ALOYS (Georg Friedrich) sehen. Aloys filmt den Vater mit der Kamera. Der Vater hat die Augen geschlossen. Er liegt in einem offenen Sarg. Er ist tot. Die Kamera ist für Aloys so wichtig, weil er sie für seine Ermittlungen braucht. Aloys ist Detektiv in der Detektei Adorn & Sohn. Jetzt ist nur noch der Sohn übrig, aber die Ermittlungen müssen weitergehen. Schnell wird klar: Die Filme sind der eigentliche Lebensinhalt von Aloys. ALOYS ist einer der besten Belege für die uralte Berlinale-Weisheit, dass die interessantesten und besten Filme des Festivals die kleinen Filme sind.

Mehr: " Berlinale 2016: ALOYS von Tobias Nölle " »

Berlinale 2016: MAPPLETHORPE: LOOK AT THE PICTURES von Randy Barbato und Fenton Bailey

Das Verlangen nach Ruhm

mapplethorpe.jpg

In einer Zeit, in der Fotografie eigentlich noch als eine mindere Kunstform angesehen wurde, gelang Robert Mapplethorpe mit perfekt komponierten Schwarz/Weiß Aufnahmen der Durchbruch in der amerikanischen Kunstszene. Dabei umfasste das Werk des 1989 verstorbenen Künstlers neben Blumenfotos und Portraits auch zahlreiche homoerotische Motive inklusive expliziter SM-Szenen. Vor allem die letztgenannten Darstellungen sorgten in konservativen Kreisen der USA der 70er und 80er Jahre für Empörung und wurden als pornografisch eingestuft.

Mehr: " Berlinale 2016: MAPPLETHORPE: LOOK AT THE PICTURES von Randy Barbato und Fenton Bailey " »

Berlinale 2016: BEFORE STONEWALL von Greta Schiller

before_stonewall.jpg

Einen Wendepunkt in der Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben in den USA markieren die sogenannten Stonewall Unruhen. 1969 wehrte sich die LBGT Community gegen die beständigen Razzien in der Schwulenbar Stonewall-In in der Christopher Street. Es kam zu gewaltätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Dieses Aufgebehren wird inzwischen jedes Jahr weltweit mit Gay Pride Paraden am Christopher Street gefeiert.

Mehr: " Berlinale 2016: BEFORE STONEWALL von Greta Schiller " »

Berlinale 2016: HOTEL DALLAS von Sherng-Lee Huang

Wie sogar J.R. Ewing gegen Ceausescu sympathisch wirkte

dallas.jpg

Was für ein wunderbarer Film im Panorama. Ich fordere den Publikumspreis! Her damit! Aber dafür ist er Film vielleicht doch zu komplex. Und vielleicht geht der Preis ja dann an STRIKE A POSE? Bei der Weltpremiere in Berlin ist nur Regisseur Sherng-Lee Huang anwesend. Der Amerikaner mit chinesischen Wurzeln ist mit der aus Rumänien stammenden Livia Ungur verheiratet, die beiden haben den Film zusammen gemacht. „In den letzten beiden Jahren war der Film unser Baby; aber jetzt bekommen wir noch ein echtes Baby, und deswegen ist meine Frau leider in New York“, sagt Huang.

Mehr: " Berlinale 2016: HOTEL DALLAS von Sherng-Lee Huang " »

Berlinale 2016: REMAINDER von Omer Fast

Die Welt als Wille und Vorstellung

Remainder_2_klein.jpg

Über den Unfall selbst kann er sehr wenig sagen, aber eines ist klar: Der Unfall hat sein Leben verändert. Etwas fiel vom Himmel, hat ihn getroffen und ihn zum Krüppel gemacht. Es hat ihn auch zu einem reichen Mann gemacht. Mit REMAINDER hat Omer Fast (Interview mit Omer Fast) den brillanten gleichnamigen Roman von Tom McCarthy verfilmt. Die Hauptfigur ist ein Mann ohne Namen (Tom Sturridge), der für seine Verletzungen 8,5 Millionen Pfund Entschädigung erhält und versucht, die Kontrolle über sein Leben wiederzugewinnen.

Mehr: " Berlinale 2016: REMAINDER von Omer Fast " »

Berlinale 2016: AUF EINMAL von Asli Özge

Der Prinz aus Altena

auf_einmal.jpg


Ein Psychothriller aus dem für Nervenkitzel nicht gerade bekannten Sauerland, dass das tatsächlich zusammenpasst, zeigt Regisseurin Asli Özge mit ihrem Film AUF EINMAL

Über die Hauptfigur Karsten (Sebastian Hülk) hätte es in einem Märchen wohl geheißen, dass sie schon mit einem goldenen Löffel im Munde geboren wurde. Als Spross eines einflussreichen Geschäftsmanns ist Karsten in der sauerländischen Kleinstadt Altena mit allen Privilegien der besseren Kreise aufgewachsen. Jetzt als junger Mann hat er einen guten Job in der örtlichen Bank und wohnt mit seiner attraktiven Frau (Julia Jentsch) in einer schicken Wohnung. Alles läuft nach Plan und Karsten hat den für ihn vorgesehenen Platz als Thronfolger seines Vaters in der kleinstädtischen Ordnung eingenommen. Diese Idylle bekommt Risse, als bei einer Party in seiner Wohnung die junge Anna unter ungeklärten Umständen ums Leben kommt. Der Verdacht fällt auf Karsten, der in der Todesnacht als Letzter mit Anna zusammen war.

Mehr: " Berlinale 2016: AUF EINMAL von Asli Özge " »

Berlinale 2016: STRIKE A POSE von Reijer Zwaan und Ester Gould

strike_a_pose.JPG

Gibt es DEINEN Berlinale Moment, Deinen "favourite"? Für mich war er heute. Vielleicht war es in den vielen Festivaljahren DER Moment. Der Abspann ist vorbei, die Hauptfiguren aus dem Film kommen vor den Kinovorhang, alle erheben sich und der Applaus will einfach nicht aufhören. Bei eigentlich allen fließen Tränen: bei den Tänzern aus Madonnas Blond Ambition Tour, dem Publikum und vielleicht sogar bei dem sonst so ernsten Moderator der Publikumsgespräche. Als ein Zuschauer fragt, ob die Tänzer noch einmal eine Voguing Figur machen können, lassen sie es sich nicht nehmen. Popgeschichte, Lebensgeschichten, Festivalgeschichte...in diesen Minuten nach dem Film fließt alles ineinander.

Mehr: " Berlinale 2016: STRIKE A POSE von Reijer Zwaan und Ester Gould " »

Berlinale 2016: MAGGIE'S PLAN von Rebecca Miller (II)

201606901_2.jpg
Gut zur Entspannung. Denn Lachen entspannt. Gut für zwischendurch, wenn all das Politische und Tragische und Schwere und Wichtige, das die Berlinale durchzieht, mal Pause machen soll. Dabei ganz Zeitgeist und einfach ein gut gemachter, dialogstarker, witziger Film.

Greta Gerwig spielt den netten, etwas naiven Kontrollfreak Maggie. Sie will ein Kind und engagiert dafür einen Gurkenmann aus Brooklyn (eingelegte Gurken als HipsterHotShit) für eine Samenspende und verliebt sich in einen Kollegen von der Uni (Ethan Hawke), der aus seiner scheinbar unglücklichen Ehe mit zwei Kindern flieht. Weshalb Maggie drei Jahre später plötzlich drei Kinder hat und alles im Alltag regelt und macht und auch das Geld verdient - während ihr Mann nun an seinem Buch arbeitet, das nie fertig wird.

Mehr: " Berlinale 2016: MAGGIE'S PLAN von Rebecca Miller (II) " »

Berlinale 2016: UNCLE HOWARD von Aaron Brookner

uncle_howard_jim_jarmusch.jpg
Regisseur Aaron Brookner mit Jim Jarmusch im ehemaligen New York Domizil von William S. Burroughs: dem "Bunker"

Zunächst ist man etwas irritiert, dass Regisseur Aaron Brookner so oft vor der Kamera auftaucht und zu einer zentralen Figur in seiner eigenen Dokumentation wird. Doch der Filmtitel sagt ja eigentlich schon, dass es ein sehr persönlicher Film werden könnte. Am Ende ist es weit mehr als das. UNCLE HOWARD ist im besten Sinne eine Hommage, eine Liebeserklärung an den viel zu früh verstorbenen Filmregisseur Howard Brookner.

Mehr: " Berlinale 2016: UNCLE HOWARD von Aaron Brookner " »

Berlinale 2016: Pressekonferenz GRUESSE AUS FUKUSHIMA

pkdorisdoerrie.jpg

Der Saal ist wie so häufig bei Pressekonferenzen von Filmen, die nicht im Wettbewerb laufen, nur halb gefüllt. Das macht aber nichts, denn die Wortmeldungen der anwesenden Pressevertreter sind durchweg positiv.

Wie immer offenbart auch diese Pressekonferenz interessante Details zum Film. So wusste man, dass Dörrie eine intensive Beziehung zu Japan hat, aber nicht, dass sie bereits 25 mal dort gewesen ist. Auch dass Hauptdarstellerin Kaori Momoi in Japan ein Star ist, war zunächst nicht aufgefallen. Sie hat u.a. mit Akira Kurosawa, Yōji Yamada und Takashi Miike zusammen gearbeitet.

Mehr: " Berlinale 2016: Pressekonferenz GRUESSE AUS FUKUSHIMA " »

Berlinale 2016: WAR ON EVERYONE von John Michael McDonagh

Cops & Drugs & Glen Campbell is all your brain and body need

War_on_Everyone_1_klein.jpg

John Michael McDonagh entwickelt sich langsam aber sicher zu einer Art Elmore Leonard unter den Filmemachern. Auf THE GUARD der 2011 den Preis für den besten Debütfilm auf der Berlinale gewann, folgte der im Ton ernsthaftere Thriller CALVARY über einen Priester, der mit dem Tod bedroht wird. Mit WAR ON EVERYONE kehrt McDonagh wieder zur Formel des ebenso schwarzhumorigen wie gewalttätigen Copmovie zurück. Diese Cops sind Bob (Michael Peña) und Terry (Alexander Skarsgård). Das einzige, was sie zu Polizisten macht, sind ihre Dienstausweise und ihre Dienstwaffen. Zwar sind sie im Einsatz immer in akkuraten dreiteiligen Anzügen unterwegs – natürlich in einem makellosen Amischlitten der 70er Jahre – ansonsten sind weder Pantomimen noch Barbesitzer vor ihnen sicher: Sie sind immer auf der Suche nach guten Drogen und einem guten Geschäft und diese beiden Dinge lassen sich ja trefflich miteinander verbinden.

Mehr: " Berlinale 2016: WAR ON EVERYONE von John Michael McDonagh " »

Berlinale 2016: MAGGIE’S PLAN von Rebecca Miller (I)

Sperma und anderer Kinderkram

Maggies_Plan_2_klein.jpg

Maggie (Greta Gerwig) ist Uni-Dozentin in New York, Mitte 30 und will ein Kind. Dafür braucht sie keinen Mann, sondern Sperma. Das, so ihr Plan, soll ihr der bärtige Hipster Guy (Travis Fimmel) zu Verfügung stellen, der mit Essiggurken reich werden will. Doch dann trifft sie den Anthropologen und Möchtegern-Romanautor John (Ethan Hawke), der von seiner Frau (Julianne Moore) ziemlich untergebuttert wird, ein treusorgender Familienvater ist und in einer Schaffenskrise steckt. Eine klassische Komödienprämisse und tolle Schauspieler, aber leider kommt MAGGIE’S PLAN nie so wirklich auf Touren.

Mehr: " Berlinale 2016: MAGGIE’S PLAN von Rebecca Miller (I) " »

Berlinale 2016: Takeshi Kitano im Panorama

Wayne Wang verfilmt Kurzgeschichte von Javier Marías

Bild von Takeshi Kitano
Takeshi Kitano, Cannes 2000, Bild von Rita Molná

Es ist nicht belegt, ob der in Deutschland nach Akira Kurosawa vielleicht bekannteste japanische Regisseur jemals auf der Berlinale war. 2016 hätte Takeshi Kitano in jedem Fall die Gelegenheit dazu. Unter seinem Künstlernamen Beat Takeshi spielt er die Hauptrolle in Wayne Wangs neuesten Film WHILE THE WOMAN ARE SLEEPING. Der chinesische Regisseur, der nach erfolgloser Schaffenszeit in Hong Kong mit 18 Jahren in die USA emigrierte, verfilmt eine abgründige Kurzgeschichte über Verehrung und Vergänglichkeit des mehrfach ausgezeichneten spanischen Autors Javier Mariás. MIENTRAS ELLAS DUERMEN (so der spanische Originaltitel) wurde 1990 zusammen mit anderen Kurzgeschichten von Mariás veröffentlicht. Die englische Übersetzung lässt sich in voller Länge auf der Seite des New Yorker nachlesen.


Berlinale Jury 2009
Berlinale Jury 2009, Wayne Wang Zweiter von rechts


Wayne Wang ist bereits Teil der Berlinale Geschichte. Vor über 20 Jahren gewann der Regisseur mit seiner legendären Paul Auster Verfilmung SMOKE den Spezialpreis der Jury. 2009 war er (damals noch zusammen mit Christoph Schlingensief und Henning Mankell) Teil der Berlinale Jury.

Gespannt darf man sein, wie Wang die Kurzgeschichte auf Spielfilmlänge bringt und die ursprünglich spanische Rahmenhandlung in ein japanisches Setting verlegt (seine Besetzung ist durchgängig japanisch).

Verblüffend ist bereits jetzt, dass der Film "nur" im Panorama läuft. Das bisherige Programm des Berlinale Wettbewerbs kann wahrlich nicht mit großen Namen aufwarten und WHILE THE WOMANS ARE SLEEPING erfüllt zumindest ein wichtiges Kriterium für den Wettbewerb: Es wird als Weltpremiere gezeigt.

Berlinale 2016: New York Screwball Comedy im Panorama

Greta Gerwig, Ethan Hawke und Julianne Moore spielen in Independent Produktion MAGGIE'S PLAN


maggies_plan_rebecca_miller_berlinale_2016.jpg


Nach 2009 (THE PRIVATE LIVES OF PIPPA LEE) ist die Regisseurin Rebecca Miller (Tocher der Fotografin Inge Morath und des Bühnenautors Arthur Miller) wieder mit einer romantischen Komödie auf der Berlinale. Die gerade sehr angesagte Greta Herwig (FRANCIS HA) spielt Maggie, die unbedingt ein Kind will, sich aber selbst für beziehungsunfähig hält. Als sie bereits mit einem Samenspender die Lösung vor Augen hat, lernt sie den jungen Professor John (Ethan Hawke) kennen. Der ist aber bereits mit seiner erfolgreichen Kollegin Georgette (Julianne Moore) verheiratet.

MAGGIE'S PLAN hatte bereits bei den Filmfestspielen in Toronto im September vergangenen Jahres Premiere und lief danach auf dem New York Film Festival (daher kommt der Film für den Berlinale Wettbewerb nicht mehr in Frage).

Ingessamt hat Rebecca Millers fünfter Spielfilm gute Kritiken bekommen (u.a. in Variety und im Guardian). Eine interessante Panel Diskussion zu den Produktionsbedingungen von MAGGIE'S PLAN gibt es auf Youtube.

Impressum