Perspektive Deutsches Kino

ROTKOHL UND BLAUKRAUT von Anna Hepp

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Wer ist hier eigentlich der Exot?

„Meine Freundin will türkisch lernen – Geheimsprache und so sacht se“, erzählt Emma stolz. Emma ist die Tochter von Hakan und Tanja und hat noch eine Schwester. – „Ich steh‘ ja nicht morgens auf und sage ‚Ach, da ist ne Türkin‘, sondern das ist eben meine Frau“, sagt Jens. Jens ist mit Özen verheiratet, der älteren Schwester von Hakan – auch die beiden haben zwei Kinder. Die Familien Simsir-Sengelhoff und Möller-Simsir leben im Ruhrgebiet und erklären in Anna Hepps Dokumentarfilm, wie das Leben in einer deutsch-türkischen oder türkisch-deutschen Familie – ganz wie man will – funktioniert.

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KAMAKIA - DIE HELDEN DER INSEL von Jasin Challah

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Zeugen einer untergegangenen Kultur

Es geschah in alter Zeit in einem fernen Land jenseits des Meeres. Große Blechvögel schwebten herab, ihren Bäuchen entstiegen Frauen des nördlichen Europas und aus emotional eher kargen Ländern wie Deutschland oder Österreich. Diese Frauen dürsteten, sie dürsteten nach Liebe und Zuneigung, weil die Männer in der Heimat gefühllose Deppen waren, die Sandalen trugen und die Sportschau gucken wollten. Und siehe, die Frauen wurden mit offenen Armen empfangen von den Kamakia, den vom Eros geküssten, sonnengebräunten Helden der griechischen Inselwelt mit ihrem wallenden Brusthaar und ihren Virilität ausstrahlenden Schnäuzern. Alsbald herrschte eitel Freude unter den Frauen, die in den Armen der Männer lagen – mit etwas Sirtaki, Oliven mit Schafskäse und einem kleinem Ouzo und es war allen ein großes Wohlgefallen.

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LOLLIPOP MONSTER von Ziska Riemann

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Düster und wild, diese Attribute treffen beim Teenager-Musik-Drama Lollipop Monster sowohl in inhaltlicher als auch in formaler Hinsicht zu. In diesem grellen Stil-Mix aus Comic-Strips, Underground-Musik-Videos, Fantasy-Elementen und Spielfilm wird deutlich, dass Erwachsenwerden kein schöner Spaziergang sondern eher eine wilde Achterbahnfahrt ist, die immer mehr an Geschwindigkeit aufnimmt und bei der man auch aus der Bahn geworfen werden kann.

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KAMPF DER KÖNIGINNEN von Nicolas Steiner

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Die Kuh - Freundin und Kämpferin

Diese Königinnen tragen keine Krone, sondern Hörner. Die Protagonistinnen von Nicolas Steiners Dokumentarfilm sind Kühe. In den Nebenrollen agieren ihre Besitzer, die einem alten Schweizer Brauch frönen und die vierbeinigen Milchspender zum Kampf antreten lassen. Als Siegestrophäen gibt es, was sonst, prunkvoll gestaltete Kuhglocken.

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Interview: Dirk Lütter über DIE AUSBILDUNG (Gewinner "Dialogue en perspective")

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Dirk Lütters Langfilmdebüt DIE AUSBILDUNG betrachtet die moderne Arbeitswelt aus der Perspektive des 20-jährigen Jan, einem Auszubildenden in einem Call Center. Festivalblog hat mit dem Regisseur über seinen Film und über das, was Unternehmen von heute ihren Angestellten im Arbeitsalltag abverlangen.

Wie bist Du darauf gekommen, das Drehbuch so auf die Person des Auszubildenden zuzuspitzen?
Das es ein Auszubildender ist, war wirklich die erste Idee. Ich habe Ende der 90er Jahre einen Dokumentarfilm über drei Freunde gemacht, der 2001 rausgekommen ist. Er heißt „50374 Erftstadt“, so wie der Ort aus dem ich komme. In dem Film habe ich versucht, so etwas wie den Prototypen eines jungen Lebens in Westdeutschland zu zeichnen. Es geht um drei Freunde, die nach dem Abitur eine Ausbildung gemacht haben, angefangen haben zu arbeiten und damit auf unterschiedliche Art und Weise ihre Probleme hatten. Das war eben das ganz normale Leben dort in der Kleinstadt – auch in meiner Familie. Und mich hat immer interessiert, was da mit den Menschen macht und wie das prägt, wenn man mehr als die Hälfte des wachen Tages eine andere Person ist, als die, die man eigentlich ist.

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WEISST DU EIGENTLICH ... von Lothar Herzog

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Die Hölle, das ist der Andere

Am Anfang ist alles so harmonisch. Lena steht auf dem Balkon und erzählt ihrem Freund Mario, dass im Park die Blumen blühen und wie sehr sie sich darauf freut, ihn später zu sehen. Es folgt die Enttäuschung: Er muss lange arbeiten, der Rückweg ist zu weit, er kommt heute nicht. Ganz klar, wer da der rücksichtslose Bösewicht ist.

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EISBLUMEN von Susan Gordanshekan

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Von einem, der nicht helfen darf

Der junge Bosnier Amir, der illegal in Deutschland ist, betreut die demenzkranke Frau Osterloh, die irgendwo am Rande der Stadt allein in einer besseren Laubensiedlung gleich am Bahndamm wohnt. Amir und Frau Osterloh brauchen einander. Amir, weil er das Geld und eine Aufgabe braucht und Frau Osterloh, weil sich niemand um sie kümmert und sie schlicht nicht mehr alleine leben kann.

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DIGAME - SAG MIR von Josephine Frydetzki

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Estebans Unabhängigkeitstag

Ganz Buenos Aires feiert Argentiniens Unabhängigkeitstag. Und was macht Esteban? Er zerbricht alle Strukturen seines bisherigen Lebens: Sein Plattenladen ist Pleite, seine Ehe am Ende und sein eigener Sohn hält ihn offensichtlich für einen vollkommenen Verlierer. Esteban treibt durch den Tag und gehört nirgends mehr dazu. Dann führt ein eigentlich nichtiger Anlass, der Streit um einen Fußball auch noch zu einer mittleren Katastrophe.

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VATERLANDSVERRÄTER von Annekatrin Hendel

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Kleines Lichtchen, große Wut

„Eine saumäßige Leistung als Bericht“, sagt Paul Gratzik, „das kleine Lichtchen, das kleine Arschloch schätzt ein.“ Paul Gratzik liest einen Bericht des inoffiziellen Mitarbeiters IM Peter der Staatssicherheit – er liest einen Bericht, den er selbst geschrieben hat. Von 1962 bis 1981 war der Schriftsteller und Theaterautor IM für die Stasi und berichtete über Freunde und Kollegen. Dann enttarnte er sich 1981 selbst, wollte nicht mehr mitmachen. Es folgten Sanktionen, Zermürbungen durch den Unrechtsstaatsapparat und natürlich Veröffentlichungsverbot.

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DIE AUSBILDUNG von Dirk Lütter

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(Un)Freiwillige Selbstkontrolle

Jan ist 20 und arbeitet in einem Call Center. Jan will alles richtig machen – immer. Denn Jan ist noch in der Ausbildung und will danach unbedingt übernommen werden. Er steht unter Druck und will mit eiserner Selbstdisziplin standhalten. Regisseur Dirk Lütter zeichnet in seinem Langfilm-Debüt ein Bild der modernen Arbeitswelt und erzählt gleichzeitig eine Geschichte vom Erwachsenwerden. Sein präzises, realistisches Drehbuch versetzt seine Hauptfigur in eine Situation, in der ihr immer mehr Verantwortung aufgebürdet wird: Die schlechte Performance der Abteilung, in der Jan arbeitet, die Veränderungen im Betrieb, in der Jans Mutter auch Betriebsrätin ist, und schließlich seine Liebe zur neuen Zeitarbeiterin Jenny – alles das sind Konflikte, die von Jan Entscheidungen verlangen.

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UTOPIA LTD von Sandra Trostel

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Robota unterwegs in Sachen Selbstverwirklichung

„Mach doch bitte mit, so macht doch bitte mit. Tanz doch bitte mit, so tanz doch bitte mit“ – singen 1000 Robota im ersten Song ihres Debütalbums von 2008. Das ist die Aufforderung, das ist das Programm. Denn die drei von 1000 Robota wollen etwas: Sie wollen eine neue Jugendbewegung entstehen lassen, von denen sie ihren Kindern später erzählen können. Größenwahnsinnig? Aber sicher! Warum soll man mit 17 und 18 – so alt sind Anton Spielmann, Jonas Hinnerkort und Sebastian Muxfeldt als sie zum ersten Mal in Studio gehen – auch nicht größenwahnsinnig sein?

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Festivalblog-Interview: Sandra Trostel über UTOPIA LTD

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Sandra Trostels erster langer Film UTOPIA LTD ist eine Dokumentation über das Musikgeschäft, die am morgigen Freitag um 19.30 Uhr im Cinemaxx 3 die Perspektive Deutsches Kino eröffnet. Sie hat die ersten Karriereschritte der jungen Hamburger Band 1000 Robota fast zwei Jahre lang begleitet. Herausgekommen ist ein spannender Film über drei Jungs, denen Musik noch etwas bedeutet und eine interessante Momentaufnahme von Jugendkultur und Pop-Musik in der Klemme zwischen Kunst und wirtschaftlichen Zwängen. Festivalblog hat die Filmemacherin interviewt.

Warum wolltest Du einen Film machen, der sich mit 1000 Robota beschäftigt?
Das war eigentlich Zufall. Ich habe sie zum ersten Mal bei einem Konzert gesehen, als sie als Vorband von Superpunk gespielt haben. Das war auch eines ihrer ersten Konzerte. Sowas hab‘ ich lange nicht gesehen – sowas Energetisches, Anklagendes, frei Rausgesprochenes. Einfach die Art, wie sie sich gegeben und auf der Bühne verhalten haben und die Texte ihrer Lieder.

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Perspektive Deutsches Kino: Robota, Kühe und Blaukraut

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Elf Beiträge bewerben sich im zehnten Jahr in der Perspektive Deutschen Kino um den Preis „Dialogue en Perspective“, der seit 2004 vom Deutsch-Französischen Jugendwerk vergeben wird. Vorsitzender der Jury, in der Jugendliche aus Deutschland, Frankreich und Bosnien-Herzegowina ihren Favoritenfilm küren, ist 2011 Romuald Karmakar. Im Programm sind sechs Spielfilme und fünf Dokumentarfilme vertreten, darunter auch einige mittelange Filme mit einer Länge zwischen 20 und 60 Minuten. UTOPIA LTD. von Sandra Trostel, eine Dokumentation über den Weg der Hamburger Band 1000 Robota in das Musikbusiness, eröffnet die Sektion am Freitag, 11. Februar, um 19.30 Uhr im Cinemaxx 3.

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Gastbeitrag zu Stuttgart 21 in der Perspektive

Die Perspektive Deutsches Kino ist in Sachen politischer Aktualität in diesem Jahr allen anderen Sektionen weit voraus. Der Dokumentarfilm STUTTGART 21 – DENK MAL! findet seinen Weg direkt aus dem Schneideraum auf die Berlinale zu seiner Uraufführung bei der Perspektive Deutsches Kino: Freitag, 18. Februar, um 16.30 Uhr im Cinemaxx 3 am Potsdamer Platz.

Die beiden jungen Filmemacher Lisa Sperling und Florian Kläger zeigen in ihrem Regiedebüt STUTTGART 21 - DENK MAL! die Entwicklung einer der größten Bürgerinitiativen in Deutschland seit vielen Jahren. Im Anschluss an den Film findet eine Diskussionsrunde mit den Filmemachern, Produzent Peter Rommel, Publikum und Gästen über Bürgerprotest und sich veränderndes Demokratieverständnis statt.

Sechs Spielfilme und fünf Dokus bei der 10. Perspektive

Die Perspektive Deutsches Kino geht mit elf Filmen – allesamt Weltpremieren – in ihr zehntes Jahr. Auf dem Perspektive-Programm der Berlinale 2011 stehen sechs Spielfilme und fünf Dokumentarfilme. Dabei sind auch wieder einige sogenannte mittellange Filme. Die Perspektive wird 2011 zum zweiten Mal von einem Dokumentarfilm eröffnet. Das Thema: deutscher Punk aus Hamburg. In ihrem Regiedebut mit dem Titel UTOPIA LTD. folgt Sandra Trostel der Band 1000 Robota, die seit 2008 eine EP und zwei Alben veröffentlicht hat, von den Anfängen auf dem Weg ins Musikbusiness.
Zwei Filme der Perspektive nehmen erstmals am Wettbewerb „Bester Erstlingsfilm“ teil: DIE AUSBILDUNG von Dirk Lütter und LOLLIPOP MONSTER von Ziska Riemann.

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