17 x Bergman

Anlässlich der Ingmar Bergman Retrospektive auf der diesjährigen Berlinale hat Festivalblog ein kleines Panoptikum über einen der großen Visionäre des Kinos erstellt: In 17 Texten wird ab dem 11. Januar jeden Tag eine neue interessante Facette des Filmemachers beleuchtet.

Berlinale Countdown 2011: Ingrid und Ingmar Bergman

Bergman und Bergman. Einmal Ingrid, einmal Ingmar. Zwei Namen, die sich nur durch eine Silbe unterscheiden. Wie oft bei Filmgesprächen hat jemand wohl schon die eine gehört obwohl der andere gemeint war. "Ingrid Bergman?" - "Neiiiiin....Innnnngmaaaar!!!"

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Berlinale Countdown 2011: Ingmar & Orson - zwei Giganten zwei Welten

Bergman gegen Welles: 60 zu 10

Beide geboren mitten im oder am Ende des 1. Weltkriegs. Beide schrieben Filmgeschichte im 20. Jahrhundert, waren dabei tief verwurzelt im Theater, inszenierten in den 40ern Shakespeare, waren sich später aber nicht zu schade, für das Fernsehen zu arbeiten. Beide sind Autorenfilmer par exellence - der eine, Ingmar, aus dem staatlich geförderten Film-Kleinstland Schweden, gilt als der Grübler des europäischen Kinos, der andere, Orson aus dem Mutterland des Films und des knallharten Wettbewerbs, den USA, gilt als Erneuerer und Wunderkind. Und: Sie mochten die Filme des jeweils anderen überhaupt nicht.

Bergman über Welles: „Ein total überschätzter Filmemacher, ein Betrug, total leer. CITIZEN KANE, DER GLANZ DES HAUSES AMBERSON, total langweilig!“ Welles über Bergman: „Es gibt eine ganze Anzahl Bergman oder Antonioni Filme, da wäre ich lieber tot, als die bis zum Ende anzuschauen.“

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Berlinale Countdown 2011: "Persona" von Ingmar Bergman

Bergman goes surreal

Eine Schauspielerin (Liv Ullmann) schweigt plötzlich auf der Bühne, macht dann nach einer Minute weiter. Sie habe einen schrecklichen Lachanfall in sich gespürt, sagt sie. Am nächsten Morgen aber spricht sie gar nicht mehr. Sie kommt in eine Klinik, wo sie auf die Krankenschwester (Bibi Anderson) trifft, die das Schweigen nicht aushält und ein Gespräch beginnt, bei dem sie sich immer mehr offenbart und zeigt, wer eigentlich kaputt ist.
Die Krankenschwester ist eine Schauspielerin ihres Lebens. Sie konnte nur nie so viel reden. Endlich hört jemand zu, aber er spricht nicht. Wer da an Psychoanalyse denkt, liegt wohl richtig.

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Berlinale Countdown 2011: "Das Schweigen" von Ingmar Bergman

Seelenqualen im Hotel

"Das Schweigen" bildete 1963 mit den Filmen "Wie in einem Spiegel" (1960/1961) und "Licht im Winter"(1961) den Abschluss einer Trilogie, in der sich Bergman nach eigenen Worten mit den Alpträumen seiner Jugend und den für ihn angstbesetzten Instanzen Vater und Gott auseinandergesetzt hat. Im Zentrum des Films stehen die Schwestern Ester und Anna, die sich gemeinsam mit Annas kleinem Sohn auf der Rückreise aus dem Urlaub befinden. Wegen einer Erkrankung Annas müssen die drei ihre Heimreise unterbrechen und einige Tage in einem düsteren Grandhotel irgendwo in einem fiktiven südländischen Land verbringen, in dem niemand ihre Sprache versteht. Dieser Aufenthalt mündet in einem erbitterten Psychoduell zwischen den beiden Schwestern.

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Berlinale Countdown 2011: "Wilde Erdbeeren" von Ingmar Bergman

Irgendwann mit 15 oder 16 erwachte mein Interesse am europäischen Autorenkino. Ich war überwältigt von Angelopoulos »Reise nach Kythera« und »Der Bienenzüchter«. Wim Wenders »Himmel über Berlin« machte mich sprachlos. Dann wurde ein Meisterwerk des größten Regisseurs aller Zeiten angekündigt. Die Neugier war groß. Von Ingmar Bergman hatte ich bis dahin nicht viel gehört. »Wilde Erdbeeren« versprach vom Titel her ein erotisches Sujet, dem man gerade in diesem Alter nicht abgeneigt ist.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman und Liv Ullmann

Liv Ullmann wird am 16. Dezember 1938 in Tokio geboren, wo ihr Vater als Ingenieur tätig ist. Die norwegische Familie zieht in den Jahren des 2. Weltkrieges nach Kanada und kehrt erst nach dessen Ende zurück nach Norwegen. Liv Ullmann beginnt eine Schauspielausbildung, und 1966 lernt sie Ingmar Bergman kennen. Unter seiner Regie gelingt ihr mit dem Film PERSONA der internationale Durchbruch. Viel entscheidender jedoch - für beide - ist der Beginn einer außergewöhnlichen filmischen und emotionalen Verbindung.

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Berlinale Countdown 2011: Kindheit bei Bergman

Kinderloses Kindheitselend

Die Abwesenheit von Kindern in Bergmans Filmen ist auffällig. Ausnahme FANNY UND ALEXANDER (1982), in dem ein Kind die Hauptrolle spielt. Sonst tauchen Kinder lediglich am Rande auf. Die Irrelevanz ihrer Bedürfnisse für den Verlauf der Handlung bzw. für die Entscheidung der Erwachsenen ist nicht zu übersehen.
Bergmans eigene Kindheit wird zu einem Schlüssel seines Werks und Bergman hat in zahlreichen Interviews über seinen Hass und seine tragische Kindheit erzählt. In seinen Filmen taucht sie wieder auf: Bei der Frage von Fiktion und Wahrheit, die man ihm als Kind austreiben wollte und bei der Frage der Unschuld des Kindes und eines Gefühls von Freiheit, die vom Erwachsenen durch Schuldgefühle zerstört wird. Für Peter-Pan-haftes oder Kindheitskomödien ist Bergman jedenfalls nicht bekannt geworden.

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Berlinale Countdown 2011: "Fanny und Alexander" von Ingmar Bergman

Schon als ich FANNY UND ALEXANDER zum ersten Mal sah, selber fast noch Kind, haben mich am stärksten die Häuser und Räume in diesem Film fasziniert. Das weihnachtliche geschmückte Familiendomizil in Uppsala. Die kargen Zimmer im Bischofssitz. Und nicht zuletzt das verwunschene Innere von Isaks Haus, voller Marionetten und geheimnisvoller Zimmer. Die verschwenderische Breite, mit der diese Räume gezeigt werden, zeichnet die Erzählweise des ganzen Filmes aus.

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Berlinale-Countdown 2011: Ingmar, Woody, Nat Ackerman und der Tod

„The voice of genius!“ Mit diesem Ausruf beginnt Woody Allen seine Besprechung von Bergmans Autobiographie The Magic Lantern, die er im September 1988 für die New York Times schrieb. Dann lässt er Bergman selbst zu Wort kommen, der immer wieder über die existenziellen Katastrophen seines Lebens berichtet: Das Trauma der Schulbesuche, die Bergman im wahrsten Sinne des Wortes zum Kotzen brachten, die brutalen Eltern, der Hass auf Bruder und Schwester, die häufigen Gedanken an Selbstmord. Allens Fazit: Mit diesem Hintergrund ist man gezwungen ein Genie zu werden.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman und Humor

Vom Tod und dem Penis

Ingmar Bergman und Humor? Soll wohl ein Witz sein? Nein, nicht ganz.

Wer sich bei Bergman an die humorfreie Zone zerrütteter Ehen, bedrohliche Schwarzweißbilder von Uhren ohne Zeiger und ebenso humorfreie Bilder glücklich in der Natur herum springender junger Maiden erinnert, erinnert zwar richtig, aber er blendet auch einiges aus:
Die derben Witze in der Familie von FANNY UND ALEXANDER (bevor der humorfeindliche Pastor dort Einzug hält) etwa, oder DAS LÄCHELN EINER SOMMERNACHT, als Komödie beworben und bei den Filmfestspielen von Cannes mit dem Großen Preis für den „besten poetischen Humor“ ausgezeichnet (was auch immer man sich darunter vorzustellen hat).

Doch der Schalk Bergmans lauert auch anderswo.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman und das Fernsehen

Fernsehen ist die Fortsetzung des Kinos mit anderen Mitteln

Der Übergang vom Kino zum Fernsehen verlief bei Bergman über die Zweitauswertung. Seine Fernsehserie SZENEN EINER EHE (1973) kam erst ins Kino, nachdem das Drama wortwörtlich halb Schweden gesehen hatte. Die Serie wurde Bergmans größter Publikumserfolg und hat seinen späteren Rückzug aus dem Kino vielleicht sogar unterstützt.
Sein zweiter großer Erfolg für das Fernsehen, FANNY UND ALEXANDER (1982), ist in der fünfstündigen Fernsehfassung eine Art Seelenkarte des Bergmanschen Motiv-Kosmos. Ein solches Werk wäre im Kino nicht vorführbar gewesen. Die dreistündige Kinofassung erscheint dagegen zugleich zu lang und zu kurz.

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Berlinale Countdown 2011: "Szenen einer Ehe" von Ingmar Bergman

Mit "Szenen einer Ehe" mit Liv Ullmann und Erland Josephson in den Hauptrollen lieferte Ingmar Bergman 1973 einen eindringlichen Film über das Scheitern einer Ehe. Dabei wird das Geschehen in erster Linie aus der Sicht der Rechtsanwältin Marianne dargestellt, die zuschauen muss, wie ihre vermeintliche Vorzeige-Ehe zum Naturwissenschaftler Johan zerbricht, nachdem er eine andere Frau kennengelernt hat. Was folgt, ist ein quälendes Wechselspiel aus Vorwürfen, (Selbst-)zerfleischung, Wutausbrüchen, Erkenntnis und kurzen Wiederannäherungen, eben die ganz Skala menschlicher Gefühle bei einer schmerzhaften Trennung.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman und Religion

Ingmar Bergman wuchs als Sohn eines protestantischen Pastors auf und erzählte oft, dass seine frühesten Kindheitserinnerungen die an „Licht und Tod“ gewesen seien. Von der Orgelempore beobachtete er fasziniert Andachten und Trauergottesdienste und mit ebensolcher Faszination begleitete er seinen Vater auf dessen Touren zu kleinen Landgemeinden.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman und das Theater

Laterna Magica und Puppenspiel

Der schwedische Regisseur war von Anfang an vom Kino ebenso fasziniert wie vom Theater. Aus seiner Kindheit erzählte Bergman prägende Erlebnisse: Zum einen der Bildprojektor, eine Laterna Magica, die sein älterer Bruder Weihnachten 1927 geschenkt bekam, und die der kleine Ingmar gegen hundert Zinnsoldaten eintauschte, um sich immer wieder denselben Film, „Frau Holle“, anzusehen. Zum anderen führte der kleine Ingmar Puppenspiele von Strindberg-Stücken (!) auf: Bei diesen Ein-Kind-Produktionen sprach er alle Rollen und war gleichzeitig für die Ausstattung und Beleuchtung zuständig. Später soll er dann im Keller des elterlichen Wohnhauses seine ersten Stücke einstudiert haben.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman in München

Dieser unausstehliche Skandinavier

Von 1976 bis 1981 erlebte Ingmar Bergman als Regisseur am Residenztheater in München eine ambivalente Zeit. Sein damaliger Entschluss Schweden zu verlassen und dann für fünf Jahre in München zu arbeiten und leben, fiel ihm alles andere als leicht und war das direkte Resultat seiner Probleme mit der schwedischen Steuerfahndung. In seiner im DDR Verlag Volk und Welt erschienenen Autobiographie "Mein Leben" schreibt er zu diesem ungewollten Exil: "Mir ist klar, dass ich damit ein großes Risiko eingehe. Die Ausübung meines Berufs ist möglicherweise so stark mit meiner Umwelt und mit meiner Sprache verbunden, dass ich jetzt, in meinem achtundfünfzigsten Lebensjahr, keine Umstellung mehr schaffe..."

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Berlinale Countdown 2011: Bergman und das Finanzamt

"Noli turbare circulos meos." Stört mir nicht meine Kreise. Dies sind die Worte des Archimedes von Syrakus, als ihn 212 v. Chr. römische Soldaten gefangen nehmen wollen, während er geometrische Figuren in den Sand zeichnet. Wie der griechische Mathematiker muss sich auch Bergman gefühlt haben: Als Polizisten ihn am 30. Januar 1976 auffordern, seine Theaterprobe von Strindbergs Totentanz zu unterbrechen, erwidert er, sie könnten bis zur Mittagspause warten und zwischenzeitlich eine Tasse Kaffee trinken. Er muss jedoch sofort mitkommen. Das war tragisch, aber doch glimpflicher als bei Archimedes, der ob seiner stoischen Reaktion auf der Stelle erschlagen wurde.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman und Fellini

Die Kippe in den Tortellini

Es sollte eine Zusammenarbeit der Filmgiganten werden: Der amerikanische Produzent Martin Poll wollte Ingmar Bergman, Federico Fellini und Akira Kurosawa 1969 für einen gemeinsamen Episodenfilm gewinnen, TRE STORIE DI DONNE. Jeder der Regisseure sollte für eine von drei Frauengeschichten verantwortlich zeichnen.

Nachdem Kurosawa frühzeitig abgesprungen war, blieben noch Bergman und Fellini übrig. Man traf sich in Cinecittà, wo Fellini gerade SATYRICON drehte. Georg Seeßlen schildert dieses Treffen – das nicht das erste der beiden Regisseure war – als eine Reihe von Missverständnissen, die vor allem eines zeigte: Die charakterliche Inkompatibilität dieser beiden Visionäre des europäischen Kinos.

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17 interessante Facetten von Ingmar Bergman

Festivalblog zur Berlinale-Retrospektive

Der Schwede Ingmar Bergman war einer der großen Visionäre des Kinos. Über Jahrzehnte hinweg prägt er mit seinen unverwechselbaren, eindringlichen Filmen den europäischen Autorenfilm. Mit existentialistischer Schärfe und moralischem Anspruch lotete Bergman Wohl und Wehe der bürgerlichen Gesellschaft aus – und fand dafür beeindruckende Bilder. Auf der diesjährigen Berlinale ist die Retrospektive dem 2007 gestorbenen Regisseur gewidmet.

Festivalblog hat dies zum Anlass genommen, ein kleines Panoptikum über Ingmar Bergman zu erstellen: In 17 Texten haben wir verschiedene interessante Facetten des Filmemachers beleuchtet – bekannte und weniger bekannte. Es geht ebenso um „Bergman und das Theater“ wie um „Bergman und das Finanzamt“. Sein Verhältnis zur Religion wird beleuchtet, und sein Humor.

Insgesamt ergibt sich so ein vielfältiges Bild, zusammengesetzt aus lesenwerten Vignetten über den schwedischen Film- und Theaterregisseur. Aber lesen Sie selbst: Ab 11. Januar an dieser Stelle.

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