Forum

BEZIEHUNGSWEISEN von Calle Overweg

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Sechs Schauspieler, drei echte Paartherapeuten, kein fest vorgegebenes Drehbuch, ein einziger Raum und kaum Requisiten, das sind die spärlichen Zutaten, aus denen Calle Overweg einen sogenannten "gespielten Dokumentarfilm" kreiert hat. Die Schauspieler stellen dabei drei Paare dar, die sich in verschiedenen Beziehungs- und Lebensstadien befinden und die alle in einer handfesten Krise feststecken. Ihre Probleme miteinander sind bekannt und alltäglich, erscheinen aber zugleich auch fast unlösbar für die Beteiligten. Es geht um Untreue und um Sprachlosigkeit, um allgemeinen Lebensfrust, um die Schwierigkeiten der Elternschaft und vor allem um die stets untergründig mitklingende Frage, ob dieser Partner denn nun wirklich der richtige ist. Als Konterpart wird jedem Schauspielerpaar ein echter Paartherapeut an die Seite gestellt. Dieser ist zwar in die Künstlichkeit der Versuchsanordnung eingeweiht, bemüht sich aber in den nun folgenden Paartherapiegesprächen dennoch nach allen Regeln der Therapeutenkunst um die in Stocken geratenen Beziehungen.

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THE STOOL PIGEON von Dante Lam

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Lange Zeit hatte das Hongkong Kino eine feste Heimat in der Sektion Forum. Zuletzt musste es aber zunehmend Filmen aus anderen Ländern Asiens wie den Philippinen und Korea weichen. Es ist daher eine besonderes Vergnügen zu sehen, dass mit THE STOOL PIGEON der perfekt inszenierte Hongkong Film seinen Platz zwischen den Sozialdramen, Kunstfilmen und Autorenfilmen wieder gefunden hat.

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"Diorthosi" ("Correction") von Thanos Anastopoulos

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Der Film beginnt mit der Entlassung von Yorgos aus dem Gefängnis. Wie ein Fremdkörper bewegt er sich durch die chaotischen Straßen Athens. Er ist verschlossen, redet kaum, nur wenn er muss. Das Geheimnis seiner Tat, die ihn ins Gefängnis gebracht hat, trägt er in sich. Nicht durch Worte sondern durch das Zusammensetzen der verschiedenen Szenen des Films, kommt der Zuschauer diesem Geheimnis am Ende auf die Spur.

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"Regarde-Moi" von Audrey Estrougo

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Innen und außen

Endlich wahrgenommen werden, eine Chance bekommen, irgendetwas, das besser ist als das hier und jetzt, davon träumen alle Protagonisten im Film von Audrey Estrougo „Regarde-Moi“. Geschildert wird der durch Aggression und Frustration geprägte Alltag einer Gruppe von Jugendlichen in den Pariser Banlieus: Joe hat es geschafft. Er hat einen Vertrag als Spieler bei Arsenal London bekommen und wird am nächsten Tag die triste Hochhaussiedlung für immer verlassen. Focussiert auf diesen Abschied brechen die mühsam verdrängten Konflikte in der Gruppe allmälich auf und Rivalitäten, Neid und Hassgefühle treten offen zu Tage.

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Afrika?

"Faro, la reine des eaux" (Faro, Godess of Water) von Salif Traoré (Forum)

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Ein Film wie ein Schlag ins Gesicht aller räucherstäbchenschwingenden Natur-Esoteriker und Baumumarmer. Denn was Afrika braucht ist Elektrizität, Technologie und ein Ende der überkommenen Traditionen magischen Denkens. Zumindest wenn man Salif Traores leicht propagandistischem Film folgen mag.

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Eine Tasche voller Geld

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"I was a Swiss Banker" von Thomas Imbach (Forum)

Am Anfang war der Titel „I was a Swiss Banker“, woraus sich dann ganz logisch die Handlung ergab – so Thomas Imbach. Zumindest beginnt der Film ungefähr so, wie es der Titel erahnen läßt: junger, gutaussehender Mann im schnieken Anzug fährt im schwarzen Porsche – jung, dynamisch, erfolgreich. Und natürlich ist auch Geld im Spiel. Der Hauptprotagonist Roger Caviezel schmuggelt Schwarzgeld in die Schweiz. Kein Problem, die deutschen Zollbeamten hat er passiert, doch die Schweizer Dienstbeflissenen sind hartnäckiger und wollen einen Blick in die rote Tasche auf dem Beifahrersitz werfen. Ein kurzes Zögern und dann tritt Roger aufs Gas und braust davon.

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Wahlkampf an den Arkaden

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Tatsächlich ist Yamauchi aus "Senkyo - Campaign" nach Berlin gekommen, um auch hier Wahlkampf zu machen. Zufällig trifft er vor den Arkarden am Potsdamer Platz Forumsleiter Christoph Terhechte.

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Vergangenheit und Gegenwart auf dem Lande

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"L’esprit des lieux" von Catherine Martin (Forum)

Catherine Martin nimmt uns mit auf eine Reise durch das ländliche Québec. Nach über dreißig Jahren sucht sie die Orte auf, die Gabor Szilasi, ein in Kanada bekannter Fotograf, in seinen schwarz-weiß Aufnahmen festgehalten hatte. Dabei beschränkt sich der Dokumentarfilm nicht darauf, den exakt gleichen Bildausschnitt mit der Kamera einzufangen, es ist ein Abgleichen von Vergangenheit und Gegenwart: Den Fotografien von 1970 werden in Standbildern und langsamen Schwenks die Landschaften, Orte und Personen gegenübergestellt.

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Seine Figuren schweigen meist, dafür spricht er gern

Ein Interview mit Jeff Nichols, Regisseur von "Shotgun Stories" (Forum)

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Wir treffen uns in der Lobby des Marriott. Jeff Nichols kommt mit seinem sehr stillen Produzenten, der in den 45 Minuten nur einen einzigen Anruf bekommt - das hatte ich mir bei amerikanischen Produzenten anders vorgestellt.
Jeff Nichols ist ein sehr sympathischer und auskunftsfreudiger Typ. Nach dem Interview, sagt er noch: Mann jetzt hab ich wirklich alles augespuckt, aber war toll!
Er wird nach dem Festival noch ein paar Tag emit seiner Verlobten durch Berlin schlendern, “Es gibt so viel anderes neben Filmen!” Recht hat er!

festivalblog: Mr. Nichols, your film deals with a very traditional, almost biblical issue: the fight between half-brothers, who have the same father who abandoned his first family. Since it is not a fight about money or a kingdom it seems more a fight about which „history“ of their father is true. How you came to that idea?

Jeff Nichols: There are certain battles that are going on for hundreds of years now, there is so much bad blood literally and there are so many reasons on both sides to kill that you ask yourself how can a fight like that possibly end? I came up with only two answers.
1. You have one side totally destroy the other side, that they can’t fight back ever
2. At some point someone on either side has to say. I’m not gonna do this, maybe on the cost of my own life.
I was reading a New Yorker article about an Israeli woman,....

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80er: Säufer, Kiffer, Revoluzzer - aber nicht in Hamburg Hafenstraße

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"...a bude hur (It gonna get worse)" von Petr Nikolaev

Wer wie ich in den 80er im Westen aufwuchs, will gern wissen, wie es zur gleichen Zeit war, 18 zu sein und in einer Diktatur zu leben. Wenn dann noch angekündigt wird, der Film handle von einer Gruppe junger Leute, die einfach nur ihren Spaß haben wollen, so klingt das nach meiner Jugend - und irgendwie nach der Jugend der meisten Leute: Mit dem Unterschied, dass die meisten nicht in den Knast kamen oder ins Irrenhaus, weil sie lange Haare hatten oder nicht zur Armee wollten, und mit dem Unterschied, dass sich von niemanden was sagen zu lassen und auf die Kommunisten zu schimpfen in Tschechien sehr mutig, ja ein politischer Akt war, und bei mir in Dortmund albern, wie jeder Akt von Rebellion, wenn er vollkommen ungefährlich und ohne Konsequenzen ist. Nicht so bei Olin und seiner Gang.

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Zwei Filme übers Sterben - also das Leben!

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"Dans le villes" von Catherine Martin (Forum)

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"Chrigu" von Jan Gassmann & Christian Ziörjen (Forum)

In „Dans le Villes“ ist Herbst und es wird Winter. Drei Frauen unterschiedlichen Alters sind einsam - nicht nur allein, sondern wirklich einsam. Das Leben fühlt sich für sie nur noch an, wie eine Last, ein Schmerz. Der blinde Mann im Film ist auch allein, aber scheint einen Weg gefunden zu haben, die Einsamkeit, die bei ihm sogar noch Dunkelheit ist, zu bannen.
„Chrigu“, der auf den ersten Blick ein Dokumentarfilm über Krebstod eines lebensfrohen jungen Mannes ist, befasst sich doch vielmehr mit dem Leben, als „Dans le villes“. Dieser junge Mann ist nicht allein, will gerade nicht sterben, weil er das Leben liebt.

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Wer Nikki A sagt, muss auch Nikki B sagen

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"a.k.a. Nikki S. Lee" von Nikki S. Lee (Forum)

Die südkoreanische Fotokünstlerin Nikki S. Lee ist eine Meisterin im Spiel mit Identitäten. In ihren inszenierten Bildern übernimmt sie immer andere Rollen. Für ihren Film „a.k.a. Nikki S. Lee“ nimmt sie zwei grundsätzliche Identitäten an: Die der introvertierten „Nikki A“, die am liebsten allein in ihrer Wohnung liest oder sich um Ausstellungsdetails kümmert oder ernsthafte kunsttheoretische Diskussionen führt und die der jetsettenden „Nikki B“, die die Kunstwelt bereist, um Sammler zu treffen, neue Aktionen zu planen und den Kunstbetrieb am Laufen zu halten. Bei dieser Konstellation von einer Dokumentation zu sprechen wäre sicher naiv, dennoch gibt der Film Einblicke in das anstrengende Künstlerleben zwischen Kunst und Business.

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Wer Nikki A sagt, muss auch Nikki B sagen

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"a.k.a. Nikki S. Lee" von Nikki S. Lee (Forum)

Die südkoreanische Fotokünstlerin Nikki S. Lee ist eine Meisterin im Spiel mit Identitäten. In ihren inszenierten Bildern übernimmt sie immer andere Rollen. Für ihren Film „a.k.a. Nikki S. Lee“ nimmt sie zwei grundsätzliche Identitäten an: Die der introvertierten „Nikki A“, die am liebsten allein in ihrer Wohnung liest oder sich um Ausstellungsdetails kümmert oder ernsthafte kunsttheoretische Diskussionen führt und die der jetsettenden „Nikki B“, die die Kunstwelt bereist, um Sammler zu treffen, neue Aktionen zu planen und den Kunstbetrieb am Laufen zu halten. Bei dieser Konstellation von einer Dokumentation zu sprechen wäre sicher naiv, dennoch gibt der Film Einblicke in das anstrengende Künstlerleben zwischen Kunst und Business.

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Ein Ort des Vergnügens

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"Prater" von Ulrike Ottinger (Forum)

Wünsche nach Entgrenzung und Ausbruch gehören mit zu den ältesten Sehnsüchten der bürgerlichen Gesellschaft. Eine beliebte Möglichkeit dazu, gefahrlos dem Alltag zu entfliehen, bot sich von je her auf Jahrmärkten und Rummelplätzen. Der Film „Prater“ von Ulrike Ottinger entführt den Zuschauer in diese Welt aus Sensationen und Illusionen.

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Bilder, die von innen heraus leuchten

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„Factory“, "Harold Stevenson #1 and #2“ und „Trips and Parties“ von Danny Williams (Forum)


Danny Williams, Harvard Student und Filmemacher, gehörte für kurze Zeit – von 1965 bis 1966 – zu Andy Warhols Künstlerclique in der legendären Factory. Zeitweise war er Warhols Lover und lebte – mit dessen Mutter zusammen – in der gemeinsamen Wohnung. Er arrangierte die Lichtshow für Velvet Underground Konzerte und drehte experimentelle Kurzfilme. Irgendwann verlor der junge Mann die Gunst Warhols, kehrte in sein Elternhaus zurück, borgte sich noch am selben Abend das Auto seiner Mutter und ist seitdem verschwunden. Das Forum zeigt in diesem Jahr drei seiner stummen schwarzweiss Kurzfilme als Weltpremiere: Factory, Harold Stevenson #1 and #2 und Trips and Parties. Williams Werke bestechen durch ihren außergewöhnlichen Sinn für Rhythmus, eine Beleuchtungstechnik, die die Figuren geradezu leuchten lässt, und einer Kombination aus traumhafter Schönheit und feinem Witz.

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Kain und Abel in den Südstaaten

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"Shotgun Stories" von Jeff Nichols (Forum)

Echte „White Trash"-Typen denkt man die ersten Minuten. Nur komisch, dass die drei Brüder mit den Namen Son, Boy und Kid nicht laut und rüde sind, sondern still und melancholisch wirken, so als dächten sie die ganze Zeit an einem Plan herum, wie sie ihrem verkorksten Leben entkommen können. Aber wenn der älteste Bruder ohne scheinbare Gemütsregung verkündet seine Frau habe ihn wohl verlassen, der andere Bruder aus seinem Zelt im Garten kriecht im zerfledderten T-Shirt und mit schmierigen Haaren und der dritte Bruder, verfettet in einem vermüllten Van wohnt, dann denkt man eben, was für kaputte Typen sind das denn? Es dauert eine Weile bis aus den knappen Dialogen und Gesten der Brüder Charaktere entstehen, die sympathisch sind, etwas können, etwas wollen und sogar recht klare Vorstellungen von Richtig und Falsch haben,....

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Von Briefmarkensammler zum Politik-Meister in 10 Tagen

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"Senkyo - Campaign" von Kazuhiro Soda (Forum)

Erstaunlich wie Menschen und was für Menschen und aus welchen Gründen zu Politikern werden. Der 40 jährige Münz und Briefmarkensammler Kazuhiko Yamauchi wird von der LDP (Regierungspartei in Japan seit 1955, mit drei Jahren Unterbrechung!) völlig überraschend zum Kandidaten für die Stadtratswahlen bestimmt.
Er hatte einen kleinen Münzladen und wird im Wahlkampf als Experte für Budget angepriesen, als Self-Made Unternehmer, der frischen Wind in die Politik bringt (in Wirklichkeit hatten sie nur NOCH ungeeignetere Kandidaten).
Eigentlich ist der Mann ein sympathischer, aber unbeholfener, unerfahrener, uncharismatischer ein wenig hektischer Typ, der nun bestimmt und selbstsicher, dauergrinsend, Parolen verkündend, Versprechen machend auftreten soll.

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Ein unglaublich schlechter, sehenswerter Film

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“Andy Warhol: A Documentary Film” von Ric Burns

Ric Burns hat einen Dokumentarfilm gedreht. Dabei hat er das Kleine Ein-Mal-Eins des Dokumentarfilmdrehens bis zum letzten Komma befolgt. Sein vierstündiger Film erzählt das Leben Andy Warhols streng chronologisch. Verwandte, Zeitzeugen, Kunstkritiker und Kuratoren kommen zu Wort. In einem ausführlichen Voiceover wird das Leben Warhols erzählend vorangetrieben, dazu tönt ohne Pause einschmeichelnde Musik. Es ist ein Desaster. Das Allerschlimmste: Obwohl die Dokumentation ein Desaster ist, guckt man sie zwanghaft bis zum Ende, weil das Thema Warhol so faszinierend ist.

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Und noch ein Fussball-WM-Film – aber ohne Fussball

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"Subsitute" von Fred Poulet und Vikash Dhorasoo (Forum)

Kurz gesagt, dieser Film ist der maximale Gegen-Wortmann, kein Frankreich ein Sommermärchen oder so was. Es geht um Vikash Dhorasoo der in der Quali fast jedes Spiel bestritt, Spezel von Domenech war, dann aber bei der WM nur 16 Minuten spielte und beinah, ja leider nur beinah und damit kein Tor geschossen hat. So kennen heute nicht mal eingefleischte Le Bleu Fans seinen Namen. Der Film zeigt auch keine Fußballer beim rumhängen und Karten spielen, keine Spaßbilder aus den Entmüdungsbecken, keine Kabinenromantik, kein Training und auch nur vom Finale ein paar wackelige Bilder von der Tribüne.

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Pictures of an Exhibition

Filmstill Wolfsbergen von Nanouk Leopold

"Wolfsbergen" von Nanouk Leopold (Forum)

Besser als Anne Leweke im Programmheft des Forums kann man „Wolfsbergen“ nicht beschreiben. Der Text kann hier nachgelesen werde. Für mich eine Überraschung und einer der schönsten Filme bisher. Die Gefühle der Hauptfiguren zum Leben, zu sich selbst und zueinander sind derart gut in Szene gesetzt, dass sich die Bilder nicht mehr bewegen müssen. Ein Filmstill hat die Kraft, eine Situation zu beschreiben. Man denkt, man sei in einer Ausstellung für moderne Fotografie und man möchte ein Bild am liebsten unbemerkt von der Kino-Leinwand abhängen und mitnehmen.

Auf den Coolness-Faktor kommt es an

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„Don“ von Farhan Akhtar

Er ist smart, er ist sexy, er ist der König der Gangster – er ist Don. Und weil wir uns im Universum von Bollywood befinden, wird der Boss himself natürlich von Shah Rukh Khan gespielt, dem indischen Filmstar schlechthin. Farhan Akhtars Forum-Film „Don“ hat zwar eine stolze Länge von fast drei Stunden, dass einem aber trotzdem nie langweilig wird, verdankt man einem rasanten Plot, der gespickt ist mit spannenden Fights, gut getimten Gags und einer bunten Bilderflut. Und wenn den Figuren danach ist, fangen sie einfach an zu singen und zu tanzen: Willkommen in Bollywood.

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Angry

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"Pas Douce" ("A Parting Shot") von Jeanne Waltz

Wut im Bauch. Am helllichten Tag auf dem Fahrrad Gin trinken. Dann einfach in den kalten See fahren. Das Fahrrad wieder herausschieben. Seine Sachen in einen Müllsack packen. Einfach nur weg. Sein Gewehr nehmen und in den Wald gehen. Den Gewehrlauf an den Hals halten.

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Wenn es nur um's Überleben geht

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"Killer of Sheep" von Charles Burnett (Forum)

Bevor der Film auf der Leinwand läuft, läuft schon ein Film im Kopf ab. Dieser Film im Kopf kommt mit wenigen Infos aus und bewegt sich in erschreckend stereotypen Bahnen. Wenn also das Berlinale Heftchen schreibt, dass Charles Burnetts „Killer of Sheep“ aus dem Jahr 1977 „aus dem schwarzen Milieu von Los Angeles erzählt“, wird im Kopf ein Blaxploitation-Video mit coolen Brothers und fiesen Cops eingeworfen oder als Alternative das Sozialdrama komplett mit Unterdrückung, Ausbeutung und dem heroischen Kampf gegen die soziale Marginalisierung. Burnett hat vor 30 Jahren etwas völlig anderes gemacht: Er hat einen stillen, einfühlsamen Film gedreht, der in einem quasi-dokumentatorischen Stil das Leben eines Schlachthofarbeiters, seiner Familie und seiner Freunde in Alltagsszenen erzählt. Als Special Screening eröffnete der Film, der vor 26 Jahren schon einmal auf der Berlinale lief, in diesem Jahr das Forum.

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Von Von BallaBalla Tokio nach Helau-Stuttgart in 5 Minuten

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Forum: "Ichijiku no kao - Faces of a Fig Tree" von Mamoi Kaori

Das Geheimnis, wie ich nur fünf Minuten von der Berlinale entfernt, fast in eine Pollonese geraten wäre, aber stattdessen Spätzle mit Linsen und Rothaus Pils bekam, während fette Funkenmariechen neben mir gesungen haben, lüfte ich später.
Zunächst zum Film, der ähnlich gaga war, wie die Jecken aus Baden-Württemberg, auf die ich später treffen durfte.

"Ichijuku no kao" fängt toll an: Abendessen bei Familie Kadowaki: ein nur raunender und nöhlender Vater der Tintenfisch Innereien futtert und dazu raucht, eine Tochter, die nur "Mmh" zu allem macht, ein Sohn der gar nichts macht und eine Mutter, die sich raubeinige Wortgefechte über's Bier mit dem Vater liefert, der den Fernseher auch mit dem Hinterkopf sehen kann. Das ganze in dem Innenhof eines traditionellen japanischen Hauses, der so beleuchtet wird, als sei die Familie in ein Terrarium geraten und Teil eines Arrangements, von Kunstlicht beleuchtet und hinter Glas....

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Wo Frikadellen noch Buletten heißen

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"Jagdhunde" von Anne-Kristin Reyels (Forum)

Ein schöner Film, der die Irrungen und Wirrungen einer Berliner Familie im Mecklenburger Exil zeigt

Wenn Berliner nach Mecklenburg-Vorpommern ziehen, dann kann es schon mal vorkommen, dass sie sich wundern. „Du Papa, wie lange dauert das denn, bis die anfangen mit uns zu reden?“, fragt der Teenager Lars denn auch seinen Papa. Der weiß das auch nicht so genau, baut aber trotzdem fleißig weiter an seiner „Hochzeitsscheune“ und wartet halt mal ab, wie sich das mit den verschrobenen Dorfbewohnern so entwickelt. Anne-Kristin Reyels „Jagdhunde“ ist ein Film der leisen Töne, in dem eigentlich tragische Situationen mit einem ganz feinen Humor dargestellt werden. Und der ist nicht zuletzt dem begnadeten Josef Hader zu verdanken, der hier den Loser-Papa im ostdeutschen Exil gibt.

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Noch einmal sehen

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"Aju teukbyeolhan sonnim" ("Ad Lib Night") von Lee Yoon-ki (Forum)

Wenn der Vater oder die Mutter im Sterben liegen und Tochter oder Sohn lange verschollen sind, dann wünschen sich nicht nur die Eltern sondern auch Verwandte und Freunde, das verlorene Kind möge noch einmal nach Hause zurückkehren. Zwei junge Männer suchen bereits seit einem Monat nach der Tochter eines im Sterben Liegenden. Seit zehn Jahren ist sie verschollen. Plötzlich, auf einem Platz mitten in Seoul, glauben sie die Tochter zu erkennen.

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Koreanische Filme im Berlinale Programm

Das koreanische Kino bekommt immer mehr internationale Aufmerksamkeit. Während letztes Jahr die „kleinen“ A-Festivals in Locarno und San Sebastian in der deutschen Presse beinahe ignoriert wurden, war die Kritik vom Filmfestival in Pusan gerade zu entzückt. Kein Wunder also, dass sich dieses auch in der diesjährigen Berlinale widerspiegelt. Mit neun Filmen ist Korea wesentlich stärker vertreten als der ehemalige Berlinale-Liebling Hongkong mit 4 Filmen.

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Damals in der Factory

Die 60er Jahre sind ein stummer schwarzweiss Film, überbelichtet und mit seltsamen Kameraschwenks. Wer dieses Bild vor Augen hat, dessen Erinnerung bezieht sich irgendwie auf die Filme, die in und um die Factory von Andy Warhol entstanden sind – in diesem legendenumwobenen Laboratorium für Underground Kultur.

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"Politisch relevante Filme sind nach wie vor ein Schwerpunkt"

Interview mit dem Leiter des Forums, Christoph Terhechte

Das „Internationales Forum des Jungen Films“, kurz Forum genannt, hat sich von einem aus Protest gegründeten Gegenfestival zu der Plattform der Berlinale gewandelt, auf denen Filmemacher Werke vorstellen können, die thematisch und in der Form über das konventionelle Kino hinausgehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um erzählende oder dokumentarische Formate handelt. Dass das Ungewöhnliche auch erfolgreich sein kann, hat das Forum als Startrampe für ambitionierte Regisseure immer wieder bewiesen. Dafür stehen Namen wie Aki Kaurismäki, Wong Kar-Wai oder auch Michael Moore. Jüngstes Beispiel ist der Dokumentarfilm „My Country, My Country“ von Laura Poitras, der 2006 im Forum lief und jetzt für den Oscar nominiert wurde.

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Christoph Terhechte sitzt seit zehn Jahren im Auswahlkomitee des Forums und ist seit 2001 Leiter der Berlinalesektion. ::festivalblog sprach mit ihm über die Entwicklung des Forums, den Auswahlprozess und das Programm des Forums 2007.

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Filmlabor Forum

"Weltkinematografie der schroffen Gegensätze und verblüffenden Parallelen", so beschreibt das Internationale Forum des Jungen Films sein neues Programm, das es gestern bekannt gab. Deutsche Produktionen bilden dieses Jahr einen Schwerpunkt. Mit dabei sind u.a. "Madonnen" von Maria Speth ("In den Tag hinein") mit der Preisträgerin des Silbernen Bären 2006 Sandra Hüller und der neue Film von Angela Schanelecs "Nachmittag", eine Variation von Tschechows "Die Möwe". Darüberhinaus gibt es so spannende Gegensätze wie den Bollywood Gangster Film "Don" mit dem Superstar Shahrukh Khan, das Selbstporträt der amerikanisch-koreanischen Künstlerin a.k.a Nikki S. Lee sowie "Dol" vom irakisch-kurdischen Regisseur Hiner Saleem, der 2005 im Wettbewerb von Cannes mit "Kilomètre Zéro" den ersten irakischen Film nach dem dritten Golfkrieg vorgestellt hat.

Das komplette Programm findet sich auf den Seiten des Forums und der Berlinale.

Stummfilmspektakel im Forum

Das Forum wird auf der Berlinale 2007 das neue Werk „Brand Upon the Brain!“ des kanadischen Experimentalfilmers Guy Maddin präsentieren. Ort der einmaligen Aufführung am 15. Februar ist nicht ein Kino am Potsdamer Platz, sondern die Deutsche Oper. Untermalt wird der Stummfilm durch das Orchester der Deutschen Oper und einer Erzählerin, deren Vater im dem letztjährigen Berlinale-Film von Maddin („My Dad Is 100 Years Old“) porträtiert wurde: Isabella Rossellini.
Nach seinem ersten Kurzfilm „The Dear Father“ hatte Guy Maddin’s mit „Tales from the Gimli Hospital“ (1988) und „Archangel“ (1990) internationale Anerkennung gewonnen. Im Dezember 2006 startete „The Saddest Music in the World“ in den deutschen Kinos, in der der Hauptrolle war Isabella Rossellini zu sehen.
„Brand Upon the Brain!“ hatte seine Premiere auf den Filmfestspielen in Toronto 2006 (siehe Kritik in Variety). Es geht um den Charakter Guy, der nach 30 Jahren auf seine Heimatinsel „Black Notch“ zurückkehrt. Guys Reise in seine Vergangenheit lässt sich in Worten nur schwer beschreiben. Im Festivalkatalolg von Toronto wird „Brand Upon the Brain!“ angekündigt als “equal parts childhood reminiscence, Expressionist horror movie, teen detective serial and Grand Guignol reverie”.
Karten zu dem Ereignis kosten 18 Euro und sind bereits jetzt zu haben, u.a. unter http://www.deutscheoperberlin.de/ oder am Kartenschalter der Deutschen Oper.

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