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TERMÉSZETES FÉNY (NATURAL LIGHT) von Dénes Nagy (Berlinale 2021)

Soldaten im Nebel. Soldaten im Wald. Im Dunkel, in der Dämmerung. Dénes Nagy zeichnet mit NATURAL LIGHT ein düsteres, beklemmendes Bild vom Alltag einer kleinen Truppe ungarischer Soldaten, die während des Zweiten Weltkriegs den Deutschen Besatzern helfen, die russischen Gebiete zu sichern und Partisanen aufzustöbern. Schlamm, Kälte, Nässe – ab und zu ein bisschen Elchfleisch und eine Zigarette, mehr Komfort ist unter diesen Umständen nicht zu haben. Drei Tage lang folgen wir dem Unteroffizier Semetka auf seinem Weg durch den Wald und in ein kleines Dorf, in dem Partisanen vermutet werden. Was dann dort geschieht, ist nur eine alltägliche Episode in einem brutalen Krieg. Dass sie wie nebenbei erzählt wird, macht sie umso schrecklicher.

Der Regisseur verwendet fast ausschließlich natürliches Licht – das bedeutet in den meisten Fällen ein schummriges, dämmriges Etwas, das die ausgezehrten, schmutzigen Züge der Soldaten nur unzureichend beleuchtet. Wie anstrengend es ist, unter lautem Fluchen einen im Schlamm festgefahrenen Pferdewagen aus dem Dreck zu ziehen und zu schieben, vermittelt sich trotzdem ganz gut. Nur einmal kommt es zu einer echten Gefechtsszene, als die Einheit Semetkas in einen Hinterhalt gerät. Auch hier nur: ein blitzartiges Aufflackern von Mündungsfeuer, Keuchen, Laufen, Knallen, alles im Halbdunkel nur undeutlich zu erkennen.

Umso eindrücklich die Angst und das Misstrauen auf den Gesichtern der Dorfbewohner, die sich kaum trauen, den Soldaten ins Gesicht zu blicken. Ob in der Gegend Partisanen versteckt sind oder waren - es ist fast unmöglich, das herauszubekommen. Und so belauert man sich gegenseitig. Wobei nur die eine Seite über Gewehre verfügt.

Immer wieder muss Semetka seine Kamera zücken, um den einen oder anderen besonderen Moment fotografisch festzuhalten. Die meiste Zeit wirkt er ohnehin genauso: wie ein Zuschauer am Rande des Geschehens, der sich eigentlich nicht einmischen will. Und doch hat man das Gefühl, dass er durch seine bloße Anwesenheit verhindert, dass das Verhalten der Truppe den Dorfbewohnern gegenüber aus dem Ruder läuft. Vor dem entscheidenden Ereignis wird er dann auch unter einem Vorwand in den Wald auf Patrouille geschickt. Als er zurückkommt, ist es bereits geschehen. Ihm bleibt nichts mehr zu tun. So lakonisch hat man selten das Grauen des Krieges beschrieben gesehen.

Fotos: © Tamás Dobos

Tiziana Zugaro,   02.03.21 12:04

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