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DIE WELT WIRD EINE ANDERE SEIN (COPILOT) von Anne Zohra Berrached (Berlinale 2021)

Schwierig. Wie kann man über diesen Film schreiben, ohne das Ende vorweg zu nehmen? Der Film beginnt ja auch mit dem Ende. Aus dem Off hören wir die Stimme von Saeed. Er richtet an seine Liebe Asli, bedankt sich für die letzten 5 Jahre, die sie mit ihm verbracht, ausgehalten hat. Dann wird eben diese Zeit nacherzählt, Jahr für Jahr.

Asli und Saeed lernen sich im Studium kennen, verlieben sich, ziehen zusammen, heiraten, streiten, vertragen sich wieder. Phasen einer Partnerschaft. Das Besondere deutet sich unterschwellig bald an: Saeed wendet sich der Religion zu. Er wird intoleranter und impulsiver. Dann verschwindet er plötzlich.

Wie gut kennt man jemanden, dem man so nahe steht, wie sonst kein anderer es tut? Was trägt jemand, von dem man eigentlich alles zu wissen glaubt, noch mit sich herum? "Wie gut kennst Du eigentlich Saeed?" Als Asli von Freunden mit dieser Frage konfrontiert wird, steht ihre Reaktion für die Grundkonstellation des Filmes. Liebe und Verbundenheit von Asli zu Saeed sind so stark, dass sie nicht hinsehen kann. Sie will das Gefühl nicht gefährden.

Die funkelnde Energie, mit der Canan Kir diese Verbundenheit von Asli spielt, prägt die Perspektive des ganzen Films und hält ihn zusammen. Sie kristallisiert aus Zeitgeschichte zwischenmenschliche Fragen. Nicht jeder wird mit dieser Vorgehensweise einverstanden sein. Doch bereits mit ihren vorherigen Berlinale Beiträgen ZWEI FRAUEN und 24 WOCHEN hat Regisseurin Anne Zohra Berracheds bewiesen, dass sie gesellschaftlich umstrittenes Terrain nicht scheut. In jedem Fall lohnt es sich, sich auf die Diskussion einzulassen.

Andreas Tai,   04.03.21 21:11

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