SAUDI RUNAWAY von Susanne Regina Meures (Berlinale 2020)

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© Christian Frei Filmproductions

In beklemmenden Bildern filmt die junge Muna ihren Alltag in Saudi-Arabien. Als sie damit beginnt hat sie sich bereits entschieden, Saudi-Arabien zu verlassen. Aber nicht nur das, sie hat sich auch entschieden, ihre Flucht per Smartphone zu filmen und die Aufnahmen später im Rahmen dieses Films zu veröffentlichen.

Was der Zuschauer ausschließlich mit Munas Mobiltelefonen gefilmt sieht ist in erster Linie ihr Familienalltag. Der ist relativ normal, aber vom ultrakonservativen saudi-arabischen System und einem strengen, bisweilen brutalen Vater geprägt: Der verbietet, wie viele saudi-arabische „Familienoberhäuptern“, seinen Töchtern alleine das Haus zu verlassen, wozu ihn saudi-arabische Gesetze ermächtigen. Er prügelt Munas jungen Bruder, bis er mit blutigen Striemen übersät ist. Die Frau kann das verständlicherweise nicht mehr länger ertragen.

Ihre Entscheidung das zu dokumentieren, also ihre eigene Familie heimlich zu filmen, ist sicher mutig, aber auch moralisch grenzwertig. Das schlechte Gewissen plagt sie auch massiv. Muna hat – was nicht selbstverständlich ist - einen Reisepass. Der ist nur noch kurz gültig und Muna steht vor ihrer Hochzeit. „Natürlich“ mit einem Mann für den sie nichts empfindet und den ihre Familie ausgesucht hat. Bei der Hochzeitsreise in die Vereinigten Arabischen Emirate bietet sich die Chance zur Flucht und Muna fliegt nach Deutschland, wo sie schließlich Asyl beantragt.

All das was im Abspann dieses Films steht stimmt: Die Menschenrechtslage für Frauen ist noch immer desaströs, trotz Reformen bleiben Frauenrechtlerinnn in Haft und bleiben viele Freiheiten verweigert. Dennoch gibt der Film ein sehr einseitiges Bild ab: Er bildet die klaustrophobische Welt von Muna ab, aber erzählt nichts über das Leben da draußen. Das will er ja auch nicht. Aber was Susanne Regina Meures mit ihrem Film RAVING IRAN hervorragend gelungen war – die destruktive Macht eines repressiven Systems, aber auch die Kraft des Widerstands zu zeigen – geht hier völlig unter.

So wird Muna und mit ihr die saudi-arabische Frau prototypisch als Opfer gezeigt; was zwar stimmt, aber nicht ausreicht. Die Umwälzungsprozesse im Land sind zwar längst nicht weit genug gediehen, aber durchaus grundlegend und bedeutend. Der Mut der Frauen – nicht jener, die heimlich fliehen, sondern Reformen einfordern oder im Untergrund Freiräume schaffen, ist grenzenlos und sie haben schon bedeutende Veränderungen erreicht. Viele, wie Loujain al-Hathloul, sitzen für ihre Courage im Gefängnis. Sie hätten einen Film verdient, der würdigt, was sie erreicht haben.

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Titel

Orignaltitel

Saudi Runaway

Credits

Regisseur

Susanne Regina Meures

Land

Flagge SchweizSchweiz

Jahr

2020

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