Psychothriller, Gruselfilm oder doch Psychogramm einer jungen Frau unter extremem Stress? EL PRÓFUGO (THE INTRUDER) der argentinischen Regisseurin Natalia Meta hat von allem etwas und verknüpft die Genre-Anteile äußerst geschickt miteinander. Visuell einfallsreich und bisweilen mit skurrilem Humor erzählt der Film von einem Schwebezustand zwischen Wahn und Realität. Die besondere filmische Atmosphäre dieser Gratwanderung hallt noch lange nach der Kinovorführung nach.
Inés, Chorsängerin und Synchronsprecherin, wird seit einem traumatischen Urlaubserlebnis von Albträumen und einer gestörten Sinneswahrnehmung heimgesucht. Mal erscheint ihr tödlich verunglückter Exfreund in einer Menschenmenge auf einer Party, mal hört sie seltsame Stimmen, die sie direkt ansprechen. Besonders rätselhaft: elektronische Schwingungen, die ihre Synchronsprecher-Aufnahmen beeinträchtigen und sogar auf dem Band als Wörtern ähnliche Störgeräusche aufgezeichnet werden. Für eine ältere Schauspielerin, die im gleichen Studio wie Inés arbeitet, steht fest: „Du bist von einem Eindringling besessen und musst ihn wieder loswerden!“ Mit Hilfe des Studio-Tontechnikers versucht Inés, die elektronische Verseuchung ihres Körpers zu exorzieren. Eine Szene, die allein schon den Film sehenswert macht.
Realität und Traumwelt fließen immer mehr ineinander, und zum Schluss kann Inés nicht mehr sicher sicher sein, von wie vielen „Eindringlingen“ sie eigentlich umgeben ist. Ein unkonventionelles Ende, das hier keinesfalls gespoilert werden soll, bringt eine überraschende Lösung für Inés Problem – wobei man sich als Zuschauer auch hier fragt: Realität oder Wahn? Érica Rivas verkörpert die mitteljunge Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs mit einer beeindruckenden Mischung aus Verletzlichkeit und Widerstandskraft. Unterm Strich: Ziemlich abgedreht, aber ungewöhnlich, einfallsreich und überzeugend inszeniert.
Fotos: © Rei Cine SRL, Picnic Producciones SRL