Gib den kotzenden Kakerlaken Zucker
In der iranischen Filmszene treibt ein Serienkiller sein Unwesen, ein sehr unangenehmer noch dazu (mal angenommen, dass es angenehme Serienkiller gibt): Er pflegt seine Opfer zu köpfen. Darüber hinaus ist der Mörder auch noch wählerisch. Bisher hat er ausschließlich Regisseure heimgesucht. All das hebt die Laune von Star-Regisseur Hasan nicht gerade und die ist ohnehin schlecht. Denn er steht auf der staatlichen Blacklist, darf keine Filme mehr machen und hält sich mit Werbespots für Kakerlakenvernichtungsmittel über Wasser. Als der Killer immer wieder zuschlägt, hat Hasan noch einen weiteren Grund für seine schlechte Stimmung: Natürlich ist er froh, dass er noch lebt. Aber ist er, verdammt nochmal, etwa nicht prominent und wichtig genug, um ein lohnendes Opfer zu sein?
KHOOK ist ein Film, wie ihn jeder Berlinale-Wettbewerb braucht: Laut, dreckig, ein bisschen abgedreht und witzig, denn zu lachen gibt es im Wettbewerb bekanntlich eher wenig. Regisseur Mani Haghighi hat mit seinem Film auf beglückende Weise dieses Bedürfnis nach Witz und Wahnsinn erfüllt. Seine Hauptfigur Hasan (Hasan Majuni) strotzt vor Kraft, Wut und Sarkasmus, allein seine Kollektion an ausgeleierten 80er Jahre Metal-Konzert-Shirts ist den Film wert. Seine Lieblingsschauspielerin (Leila Hatami) gibt diesem selbstverliebten Filmgenie außerdem Kontra, ohne mit der Wimper zu zucken. Wenn dann auch noch kotzende Kakerlaken zu einer Deep-Purple-Variation tanzen, (meiner Ansicht nach eine Mischung aus „Speed King“ und „Fireball“) ist das Glück perfekt. Zumal die Kakerlakenkotze eine betörend diamantene Anmutung hat. Dass es der Kotze an Zucker fehlt, wie eine Kakerlaken-Darstellerin bemängelt – geschenkt.
Wie die Jagd nach dem Serienkiller ausgeht, wird hier natürlich nicht verraten. Nur so viel: Wer sich Khook anschaut, bekommt auch noch AC/DC auf iranisch zu hören, erfährt, warum man sich vor iranischen Schwiegermüttern mit Schießgewehren in Acht nehmen sollte, auch wenn sie nur türkisch sprechen, und sieht darüber hinaus eine schöne Satire auf das iranische staatliche Filmwesen. KHOOK ist voller Esprit und intelligenter als einige so bemüht ernsthafte Wettbewerbsfilme, die sich für intelligent halten. Ich drücke alle Daumen, dass KHOOK in Deutschland einen Verleih findet.
Kommentare ( 1 )
Sehr schön aufladen Punkt gebracht. Dieser Film hat Power, Witz, Mut, Hintersinn, eine eigene Bildersprache, grelle Farben und eine Haltung. Dafür muss man seine Message weder mit dem Holzhammer vorbringen noch seine Geschichte unter prätentiösem Gehabe ersticken. Drücke auch die Daumen.
Posted by tiz | 21.02.18 22:14