DREAM BOAT von Tristan Ferland Milewski (Berlinale 2017)

Let's take the boys to sea!

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Eine Kreuzfahrt ist das ultimative Klischee von Spießertum. Ältere, gut betuchte Paare, die sich am Buffet vollessen und ab und zu mal an Land gehen um eine Kirche oder einen Tempel zu besuchen. Höhepunkt: Das Essen mit dem Kapitän.

Ein etwas anderes Zielpublikum hat das "Dream Boat": Der deutsche Regisseur Tristan Ferland Milewski dokumentiert eine komplett schwule Kreuzfahrt, an Bord tausende feierwütige Schwule. "Let's take the boys to sea", sagt der Kapitän am Anfang und die Kreuzfahrt beginnt. Viele, aber nicht alle entsprechen einem gewissen Klischee: Gut gebaut, Sixpack, Bart, kurze Haare, exaltiert. Milewski filmt die Partys, die bunten Kostüme und Drag Queens, den Sex, der nicht nur in der Luft liegt. Und er proträtiert liebevoll einzelne Teilnehmer der Kreuzfahrt. Es ist berührend zu sehen, wie auf dem Boot mit lauter Gleichgesinnten viele Sorgen von dem Teilnehmern abfallen: Nämlich jene, die durch die immer noch vorhandenen Vorurteile der Gesellschaft verursacht werden. Hier herrscht Ausgelassenheit und Freiheit.

Das gilt für Schwule aus scheinbar so fortschrittlichen Ländern, aus Europa oder den USA, aber um so mehr für die zahlreichen Teilnehmer aus Ländern wie Russland, Polen oder Jordanien, die sich hier endlich nicht verstellen müssen. Manche der Reisenden erzählen, dass sie aus Angst ihrer Familie bis heute nicht gesagt haben, dass sie schwul sind, andere haben Zurückweisung aus ihrem Umfeld erfahren. Dazu kommt die Sorge vor dem Alter: Was passiert in einer Szene, die von Körperkult geprägt ist, wenn statt Muskeln Falten dominieren? Und was ist mit langfristigen Partnerschaften und Treue, wenn Eifersucht verpönt und offene Sexualität abgefeiert wird? Auch AIDS ist hier ein Thema, auch wenn viele aufgrund der besseren Behandlungsmöglichkeiten davon nichts mehr wissen wollen.

Aber nicht alle Sorgen drehen sich um die schwule Community: Eifersucht, Krankheiten, Einsamkeit, Überdruss, Depressionen und das Leben an sich fahren auch mit. Milewski ist ein bewegender Film gelungen, der das Menschsein feiert und fast nebenbei ein eindringliches Plädoyer für Gleichberechtigung und Toleranz hält.

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Titel

Orignaltitel

Dream Boat

Credits

Regisseur

Tristan Ferland Milewski

Land

Flagge DeutschlandDeutschland

Jahr

2017

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