14-mal war Heinz Emigholz mit seinen Filmen bereits auf der Berlinale. Das erste Mal 1982 mit NORMALSATZ, 2014 das bisher letzte Mal mit THE AIRSTRIP. Nach THE AIRSTRIP kündigte Emigholz an, dass er zukünftig neue Wege gehen werde. Ein Wechsel ins fiktionale Fach sei nicht ausgeschlossen. Nun ist er zurück und das gleich mit vier Langfilmen in der Berlinale Sektion Forum.
2+2=22 [THE ALPHABET] ist der erste Film in der Reihe. Fiktional ist der Film noch nicht, er ist aber ohne Zweifel anders als Emigholz Architekturfilme. Er setzt jetzt nicht nur auf das bewusste Hinschauen, sondern auch auf das bewusste Zuhören. In langen Einstellungen filmt er die Proben der Elektronikband Kreidler. Unter- und gebrochen werden diese Aufnahmen durch Straßenbeobachtungen in Tiflis und abgefilmten handschriftlichen Eintragungen aus Emigholz' Notizbüchern. Die Notizen sind nach Buchstaben geordnet. Ihre alphabetische Sequenz ist die Struktur von 2+2=22 .
Um die Filme von Emigholz erfassen zu können, braucht man eine Art konzentrierte Gelassenheit. Gerade bei 2+2=22 [THE ALPHABET] dauert es, bis man sich die Klammer zwischen den drei gestalterischen Aspekten "ersehen" und "erhört" hat. Das macht den Film zu einem spannenden und lohnenswerten Auftakt der Emigholz-Reihe. Die Komposition wird einem hier nicht gänzlich abgenommen.
Besonders faszinierend ist es, Kreidler beim Proben zuzuschauen. Ihre ernste und konzentrierte Arbeit an Klangstrukturen löst Pop-Musik vom Klischee des Jammens und rückt sie näher an das intellektuelle Schaffen eines Gebäudearchitekten.