Wettbewerb 2016: HAIL, CAESAR! von Joel & Ethan Coen

Ein Hündchen namens Engels

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Was tun, wenn der Hauptdarsteller in einem bombastischen Kostümfilm plötzlich spurlos vom Set verschwindet - und das in voller Römerrüstung ? Eddie Mannix ist der Mann in den Hollywood-Studios, der so etwas wieder in Ordnung bringt. Da wird eben schnell mal ein Koffer voller Dollarnoten besorgt. Nebenbei muss er sich überlegen, ob er vom Filmbusiness in die noch lukrativere Flugzeugindustrie wechseln will. Das alles kostet ihn Schlaf und Nerven, und so klappt es auch mit dem guten Vorsatz, nicht mehr zu rauchen, so gar nicht. Josh Brolin spielt Mannix mit einer hinreißenden Mischung aus Abgebrühtheit und Sensibiliät, am Set der harte Boss, im Beichtstuhl ein Häuflein Elend. Die Regisseure Joel und Ethan Coen haben beim diesjährigen Eröffnungsfilm "Hail, Caesar!" tief in die Trick- und Besetzungskiste gegriffen: Dabei herausgekommen ist eine wunderbare Persiflage auf das 50er Jahre Filmbusiness, die es ganz nebenbei schafft, doch so etwas wie Nostalgie für die bedingungslose Hingabe an die große Illusion Hollywood zu wecken.

Da wird in einem fort getrickst und gemauschelt, es werden "Traumpaare" fabriziert, Entzugskuren organisiert und ledige Schwangerschaften vertuscht, dass es einem schwindlig werden kann. In einer luxuriösen Villa in Malibu hockt derweil eine Gruppe kommunistischer Drehbuchschreiber, die sich gegen das ausbeuterische "System" auflehnen wollen - mit eben jener Entführung. Unter ihnen befindet sich ein gewisser Professor Marcuse, dem von dem entführten römischen General eine unwiderstehliche Lektion in Sachen Dialektik erteilt wird. George Clooney, einer der Lieblingsschauspieler der Coen-Brüder, spielt diesen Hollywood-Mimen derart jovial-dümmlich, dass jede Szene mit ihm eine wahre Freude ist. Weitere Highlights sind Frances McDormand, die - kaum wiederzuerkennen - die gefährlichen Seiten des Cutterinnen-Berufs anschaulich macht, Tilda Swinton in einer Doppelrolle als eineiige Klatschreporterinnen, Seinfelds Newman als hinterlistiger Statist und ein Hündchen namens Engels.

Diese Hündchen wird übrigens später an Bord eines sowjetischen U-Bootes hüpfen, das sein Herrchen ins gelobte Land bringen soll. Dabei fällt dann der Koffer mit dem zuvor erbeuteten Lösegeld ins Wasser. Mehr als ein leises Stöhnen auf Seiten der kommunistischen Drehbuchschreiber wird darüber jedoch nicht laut. Was in einem anderen Film der Dreh- und Angelpunkt des Plots gewesen wäre, ist hier geradezu obszön nebensächlich. Der Kern des Ganzen liegt anderswo. Und diesem Kern nähert der Film sich zum Schluss noch einmal deutlich.

Derweil müht sich Ralph Fiennes als distinguierter Regisseur ("Laurence Laurentz") damit ab, einem ehemaligen Cowboy das Sprechen vor der Kamera beizubringen und Scarlett Johansson gibt die leicht ordinäre Diva, die aus recht kompromittierenden Gründen kaum mehr in ihr Meerjungfrauen-Kostüm passt. In einem Musical-Film legen eine Truppe von Tänzern in Matrosenkostümen eine Szene hin, die so sehr aus dem Closet herauswill, dass die Tür von innen aufzuspringen droht. Ein lustiges Treiben also, und auch wenn hinter all dem Business die harte Währung steht, ist es doch anrührend zu sehen, wieviel Mühe sich alle geben, die große, bunte Illusionsmaschine so perfekt zu gestalten, wie sie nur können. Als der römische Feldherr seine rührende Rede am Kreuz Christi hält, da tritt selbst den routinierten Kameraleuten und Scriptgirls ein Tränchen ins Auge. Die Message: Wir brauchen alle etwas, woran wir glauben möchten. Sei es nun Hollywood oder die Komintern.

Kommentare ( 1 )

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Titel

Orignaltitel

Hail, Caesar!

Credits

Regisseur

Ethan Coen

Joel Coen

Schauspieler

Josh Brolin

George Clooney

Alden Ehrenreich

Jonah Hill

Land

Flagge Vereinigte StaatenVereinigte Staaten

Flagge Vereinigtes KönigreichVereinigtes Königreich

Jahr

2015

Dauer

106 min.

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