Berlinale 2016: MAPPLETHORPE: LOOK AT THE PICTURES von Randy Barbato und Fenton Bailey

Das Verlangen nach Ruhm

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In einer Zeit, in der Fotografie eigentlich noch als eine mindere Kunstform angesehen wurde, gelang Robert Mapplethorpe mit perfekt komponierten Schwarz/Weiß Aufnahmen der Durchbruch in der amerikanischen Kunstszene. Dabei umfasste das Werk des 1989 verstorbenen Künstlers neben Blumenfotos und Portraits auch zahlreiche homoerotische Motive inklusive expliziter SM-Szenen. Vor allem die letztgenannten Darstellungen sorgten in konservativen Kreisen der USA der 70er und 80er Jahre für Empörung und wurden als pornografisch eingestuft.

Der von HBO produzierte Dokumentarfilm ROBERT MAPPLETHORPE: LOOK AT THE PICTURES von Randy Barbato und Fenton Bailey zeichnet das Bild dieses Ausnahmekünstlers anhand seiner verschiedenen Fotoserien und Schaffensphasen mit Hilfe von Interviewsequenzen mit ihm selbst, seiner Familie und mit Weggefährten aus der damaligen New Yorker Kunstszene. Neben ehemaligen Lovern und Modellen kommt auch Patti Smith zu Wort, die mit dem jungen Robert durch eine Liebesbeziehung verbunden war.

Vor allem die Interviews geben interessante Einblicke in Leben und Werk des Künstlers. So wird von nahezu allen Interviewpartnern betont, dass Mapplethorpe neben seinem künstlerischen Talent über eine charismatische Ausstrahlung verfügte, die andere schnell in seinen Bann zog und die er auch geschickt für die eigene Karriere nutzte. In den wenigen Momenten des Films, in denen sich Barbato und Bailey ihrem porträtierten Star kritisch nähern, wird Mapplethorpe als ein vom Perfektionismus Getriebener dargestellt, der in der Kunst in erster Linie nach dem ganz großen Erfolg strebte. Dabei wusste er auch die Ablehnung, die ihm zeitweise entgegenschlug, für sich zu nutzen und er kultivierte mit cleverem Selbstmarketing seinen Status als enfant terrible des Kunstbetriebs. So ließ er z.B. zeitgleich zwei Ausstellungen stattfinden, für die er jeweils eine harmlose und eine im SM-Look gestaltete Einladungskarte entwarf. Während eine Ausstellung vor allem seine Blumenbilder und die Prominentenportraits zeigte, war die andere seinen skandalträchtigen Fotografien vorbehalten. Glaubt man den Aussagen einiger Weggefährten, so hat Mapplethorpe auch zwischenmenschliche Beziehungen danach ausgewählt, inwieweit sie dem eigenen Aufstieg dienlich sein konnten. Eher schwer tat sich der Maestro dagegen mit der Konkurrenz im Kunstbetrieb. Nach Aussagen seines jüngeren Bruders und langjährigen Mitarbeiters Edward kam es beispielsweise zu einem Eklat, als auf einer Ausstellungseinladung der Name seines Bruders vor seinem eigenen stand.

Es sind gerade diese im Film hin und wieder aufscheinenden Bruchstellen, die den Menschen Robert Mapplethorpe hinter seiner Kunst greifbarer machen und in denen der besondere Reiz der Dokumentation liegt. Spannend sind auch die Aussagen einiger Familienmitglieder des Künstlers. Sie lassen die Wegstrecke erahnen, die zwischen der kleinbürgerlichen Enge seiner katholischen Herkunft und dem späteren Status als offensiv homosexuellem Star einer avantgardistischen Kunstszene zurückzulegen war.

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Titel

Orignaltitel

Mapplethorpe: Look at the pictures

Credits

Regisseur

Fenton Bailey

Randy Barbato

Schauspieler

Debbie Harry

Fran Lebowitz

Edward Mapplethorpe

Robert Mapplethorpe

Brice Marden

Land

Flagge DeutschlandDeutschland

Flagge Vereinigte StaatenVereinigte Staaten

Jahr

2016

Dauer

106 min.

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