MES SÉANCES DE LUTTE (Love Battles) von Jacques Doillon

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Zumindest in diesem Jahr war es wohl die am wenigsten besuchte Pressekonferenz. Vielleicht zehn Journalisten verlieren sich zu MES SÉANCES DE LUTTE in dem Presseraum des Hyatt. Zur gleichen Zeit läuft BEFORE MIDNIGHT mit Julie Delpy und Ethan Hawke. Dagegen hat es ein französischer Dialogfilm selbstverständlich schwer.

Zur Geschichte: Weil der Vater gestorben ist, kommt eine Frau zurück in ihr Heimatdorf. Sie trifft einen Mann aus dem Dorf und sofort wird die Spannung zwischen beiden (ihre Namen werden im Film nie genannt) spürbar. Es ist eine Mischung aus unterdrückter Wut, Aggression und Begehren. Sie hat ihn einst gelockt und dann zurückgewiesen. Die Narbe dieses Erlebnisses trägt ER noch heute mit sich herum.

Sie selbst ist ein unberechenbares Energiebündel; getrieben von einer Ruhelosigkeit, die sehr tief in ihr sitzt. Wie ein Schmetterling mit der Befreiung aus dem Kokon sein Dasein als Raupe hinter sich lässt, versucht SIE mit ihren hektischen Bewegungen, die Geschichte ihrer Familie und Verletzung durch die Nichtbeachtung des Vaters abzustreifen.

In dieser inneren Auseinandersetzung wird ER zum Sparring Partner in der realen Welt. SIE fordert ihn heraus. SIE provoziert, beleidigt, spielt mit Annäherung und Zurückweisung. Aus verbalen Wortgefechten werden physische Auseinandersetzungen mit Schlägen, Tritten und Umklammerungen. Doch am Ende sind die Verletzungen nur äußerlich. Nach innen hat der zunehmend ritualisierte Kampf eine heilende Wirkung.

In MES SÉANCES DE LUTTE wird die Wut durch die Dialoge nach oben getrieben, um dann offen auszubrechen. Die Kämpfe sind wie beim Tanztheater choreographiert. Sie haben etwas Artistisches (Hauptdarsteller James Thiérrée ist ein bekannter Zirkusartist). Trotzdem wirken die Szenen nicht verkünstelt. In der Art und Weise, wie sich die beiden Körper aneinander abarbeiten, wird spürbar, wie sehr Sex und Begehren von Aggression und der Suche nach Erlösung getrieben sind. Erst nach einer gewalttätigen Klimax können sich die wunden Körper schließlich vereinen.

Der neue Film des französischen Autorenfilmers Jaques Doillon (LE PETIT CRIMINEL, LE JEUNE WERTHER) hat viele starke Szenen. Die langen Dialogstrecken sind in Anbetracht heutiger Sehgewohnheiten aber auch eine Herausforderung.

Kommentare ( 1 )

Das fällt in die Kategorie "Namen, die halten, was sie versprechen". Ich verehre Doillon spätestens seit seinem Meisterwerk PONETTE (1996). Schön zu lesen, dass er immer noch in Form ist.

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Titel

Orignaltitel

Mes séances de lutte

Credits

Regisseur

Jacques Doillon

Schauspieler

Sara Forestier

James Thiérrée

Land

Flagge FrankreichFrankreich

Jahr

2013

Dauer

103 min.

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