POSTCARDS FROM THE ZOO von Edwin

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Und wieder ein Berlinalefilm mit Tieren, diesmal vor allem exotische Exemplare wie Tiger, Elefanten und Flusspferde in einem Zoo in Jakarta. Lana, die Hauptfigur des Films, wurde dort als dreijähriges Mädchen von ihrem Vater nach einem Ausflug zurückgelassen. Sie wurde von einem Tierpfleger aufgezogen und verbrachte ihre gesamte Kindheit und Jugend mitten im Tierpark in einem halblegalen Zeltlager in den üppigen Grünanlagen. Im Laufe der Zeit hat sich Lana ein enormes Fachwissen über die Tierwelt angeeignet und ihre besondere Zuneigung gilt einer einsamen Giraffe, die sie täglich in ihrem Gehege besucht. Erst nachdem sie sich in einen wortkargen jungen Mann verliebt, der in Cowboykluft Zaubertricks vorführt, entschliesst sie sich, ihre bisherige Heimat im Zoo zu verlassen und ihm nach draußen zu folgen.

So poetisch und verträumt wie hier, wurden Zootiere und Zoolandschaften wohl selten gezeigt. Trotz eines Lebens in Gefangenschaft lässt der Film den Tieren ihren Zauber und vor allem ihr Geheimnis. Die Kamera verweilt lange bei den einzelnen Tiergehegen und den Bewohnern und über allem liegt eine zarte Traurigkeit. Zugleich findet der Film auch starke und wunderbare Bilder für das dominierende Gefühl der Verlassenheit und der Sehnsucht seiner Hauptfigur. Durch die Einblendung kurzer zoologischer Begriffserklärungen wird die Handlung nicht nur in thematische Abschnitte gegliedert sondern es wird auch auf formaler Ebene eine direkte Verbindung zwischen dem Schicksal Lanas und dem der Zootiere hergestellt. Hier ist jeder so allein wie die heimliche Heldin des Films, die einsame Giraffe, die, obwohl sie eigentlich ein Herdentier ist, ein Einsiedlerleben in ihrem Tiergehege fristen muss.

Dann auf einmal, wenn man schon denkt, nie mehr etwas anderes zu sehen, als Giraffen, Flamingos und Flusspferde, nimmt die Geschichte einen zumindest im Verhältnis zum vorherigen Erzähltempo geradezu rasanten Verlauf in Richtung Realismus. Nachdem Lana den Zoo verlassen hat, endet ihr Weg bald in einem erotischen Massagesalon, in dem sie - ganz ähnlich wie zuvor die Zootiere - zusammen mit anderen Mädchen für die Kunden zur Betrachtung ausgestellt wird. Diese Wendung der Geschichte hin zur rauhen Wirklichkeit, habe ich als abrupten Bruch empfunden. Für mich liegt die besondere Stärke des Films eindeutig im ersten Teil, in dem in schwelgenden Bildern die Welt innerhalb der Zoomauern gezeigt wird.

Kommentare ( 1 )

Schöner Text - habe nur einen Einwand: Bei dem Ausflug der Heldin in die Außenwelt habe ich keinen Bruch empfunden. Lana bringt ihr Wissen aus dem Zoo mit, um sich auch in der Welt draußen zurecht zu finden. Genauso, wie die Tiere im Zoo sich ab und an eine Berührung wünschen, tun dies auch die Männer, die in den Massagesalon kommen. Lana nimmt sich ihrer mehr oder weniger genauso fürsorglich an, wie der Giraffe oder dem Tigerbaby. Insofern war das für mich auch keine Episode über das Ausgebeutetsein von Frauen in der Prostitution, sondern eine sehr eigene Herangehensweise an das Thema der Berührung aus Lanas Sicht.
Der Film hat eine ganz eigene Bildersprache gefunden, mit der er auf die Welt blickt, und deshalb würde ich mir für POSTCARDS FROM THE ZOO auch den Preis für die beste künstlerische Leistung wünschen.

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Titel

Orignaltitel

Kebun binatang

Englischer Titel

Postcards From The Zoo

Credits

Regisseur

Edwin

Schauspieler

Ladya Cheryl

Nicholas Saputra

Drehbuch

Land

Flagge IndonesienIndonesien

Jahr

2011

Dauer

95 min.

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