KOZOKU NO KUNI (Our Homeland) von Yang Yonghi

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Nationalismus wie eigentlich die allermeisten -ismen sind Schwachsinn. Sie haben Millionen von Menschen das Leben gekostet oder sehr, sehr erschwert. In diesem Film wird dem Zuschauer aus dem Leben der Exilkoreaner in Japan erzählt. Nord-Koreanische Exilanten, von denen viele Zehntausend ab Ende der 50er Jahre zurück in ihre Heimat gingen - und seitdem dem irrwitzigen und grotesken Kommunismus des Il-Clans ausgeliefert sind.

Der sehr bewegende, eindringliche Film erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der nach 25 Jahren wieder seine Familie in Japan besuchen darf, um sich einer medizinischen Behandlung zu unterziehen. Sein Vater - noch immer überzeugter Kommunist - hatte ihn damals nach Nordkorea geschickt. Eine biblisch anmutende Geschichte ist das, wie bei Abraham, der seinen Sohn Isaak opfern sollte - es aber am Ende nicht musste, weil Gott nur sehen wollte, das er es tun würde. In diesem Film wird jedoch niemand verschont.

Die Geschichte des Kommunismus und Faschismus ist reich an üblen Geschichten, unzähligen Morden und Gemeinheiten, versauten Biografien und zerstörten Familien. Nordkorea ist die letzte Bastion des „wahren“ Kommunismus, während sich China und Vietnam zu einem von einer Partei gelenktem turbokapitalistischem System entwickelt haben. Die reine Lehre gibt es nur noch in Pjöngjang zu betrachten. Auf Kosten von Millionen Menschenleben, wie wir wissen. Einer dieser Millionen ist der End-dreißiger Sonho. Seine Geschichte in KOZOKU NO KUNI wird aus Sicht seiner Schwester Rie erzählt, dem Alter Ego der Regisseurin. Yang Yonghi hat bereits in ihren Dokumentarfilmen DEAR PYONGYANG und SONA, THE OTHER MYSELF ihre Familiengeschichte verarbeitet: Im Alter von sechs Jahren musste sie erleben, wie ihre drei älteren Brüder die Familie für immer in Richtung Pjöngjang verließen - vom Vater gesandt.

Sonho trifft seine Familie, den schweigenden Vater, der noch immer Il-Bildchen in der Wohnung hat und (zumindest nach Außen) glaubt, das Richtige getan zu haben. Dann die Mutter, die ihre Angst und Sorgen um den Sohn in Fürsorge kanalisiert. Rie, die junge Schwester, die als einzige sagt, was los ist, als einzige die STASI Typen vorm Haus angeht, die Sunho überwachen, als einzige die Nähe zu ihm findet. Und dann ist da noch der Onkel, so etwas wie die gute Seele im Film und derjenige, der die emotionale Seite dieses Dramas auslebt, wo die anderen Beteiligten oft seltsam leer und gelähmt erscheinen.

Eine kleine, doch dabei grenzenlose Geschichte, die man sicher so auch über die DDR Zeit, in China oder der Westbank erzählen könnte. Eben überall, wo Politische Führer, Despoten und Irre sich verrannt haben und deshalb Familien zerbrechen und Leben ausgelöscht werden, nur damit eine politisch Ideologie ihre Reinheit nicht verliert, ihr Widerprüche und Unzulänglichkeiten nicht offenbar werden.
KOZOKU NO KUNI ist aus meiner Sicht der bisher beste Forum Film, weil er ohne die in der Sektion oft anzutreffende von unbedingten Kunstwillen (und sonst wenig) geprägten Methoden auskommt, und stattdessen schlicht und ergreifend eine Geschichte erzählt, wie man sie erzählen sollte: Nah, dicht und allgemeingültig, ohne dabei die spezifischen historische, sozialen Hintergründe zu vergessen oder beliebig zu sein. Sehr schön.

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Titel

Orignaltitel

Kazoku no kuni

Englischer Titel

Our Homeland

Credits

Regisseur

Yang Yonghi

Schauspieler

Sakura Ando

Arata Iura

Land

Flagge JapanJapan

Jahr

2011

Dauer

100 min.

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