Berlinale Countdown:
MAGNOLIA von Paul Thomas Anderson (2000)

Sie sieht sehr strahlend aus, diese Welt in MAGNOLIA, vielleicht ein wenig zu verlogen ist sie unter dem Strahlen. Bis der Froschregen kommt. Für Episodenfilme typisch, berühren sich die diversen Geschichten von neun Hauptfiguren, ohne dass diese es bemerken. Am Anfang des Films steht ein Wetterbericht: „Teilweise bewölkt, 82% Regenwahrscheinlichkeit“. Der Film wird im weiteren Verlauf durch Wetterberichte aufgeteilt und verbindet die disparaten Geschichten in Raum und Zeit.

Es geht um vertrackte oder zerhackte, verlogene oder verlorene Beziehungen und irrationale Träume, es geht um den Tod und den Wunsch nach dem richtigen Leben.

Eine Zahnspange, die Lebensglück verspricht, ein Polizist, der einfach alles richtig machen will und versagt, ein Sohn, der den Vater verleugnet, eine Ehefrau, die ihre Ehebrüche bereut. Ein Pfleger, der scheinbar unbeteiligt mitten im Getümmel diverser Beziehungen steht. Das Ganze auch ein Portrait einer Zeit und eines Ortes: Hollywood am Ende des Jahrtausends.
Mit großartigen Schauspielern: Phillip Seymour Hoffmann, Julianne Moore, Tom Cruise (hier mal richtig gut!), William H. Macey, Alfred Molina, John C. Reilly.

Man spürt es pochen von Beginn dieses langen Films an: Das Ganze läuft auf etwas zu, den Tod, den Wandel, den Neuanfang. Und an der Stelle, an der sich das Leben der Figuren tatsächlich ändert, baut Regisseur Anderson einen kontemplativen Stillstand in seinen Film ein: Alle Figuren sind für sich allein und jeder singt den bedrückend schönen Aimee Mann Song mit dem Refrain: “It’s not going to stop”. Selten einen solch klassisch Brechtschen Verfremdungseffekt im großen Hollywoodkino gesehen und als passend empfunden.

Dann der berühmte und unerklärt bleibende Froschregen, ein Zeichen des Himmels, das die Welt verändert: Der Gameshowhost, der seine Tochter missbrauchte, wird am Selbstmord gehindert, das Ex-Wunderkind an einem Einbruch, Mutter und Tochter finden wieder zueinander, der Junge aus der Gameshow stellt seinen Vater zur Rede, der Polizist fährt zu seiner neuen Freundin, der Sohn vergibt dem Vater auf dem Sterbebett und kann endlich weinen. ENDE

Das ist sehr amerikanisch alles - auch der hoffnungsvolle Schluss - aber auch im besten Sinne amerikanisch: Ein bisschen größenwahnsinnig, aber mit viel Stilwillen, sehr genau beobachtet und mit bleibenden Bildern fotografiert, 1A Schauspielerensemble, das zusammen mehr ist als die Summe seiner Teile. Vielleicht deswegen einer der unterhaltsamsten, bestaussehendsten und zugleich tiefgründigsten Berlinale Gewinner.

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Titel

Orignaltitel

Magnolia

Credits

Regisseur

Paul Thomas Anderson

Schauspieler

Tom Cruise

Philip Seymour Hoffman

William H. Macy

Julian Moore

John C. Reilly

Land

Flagge Vereinigte StaatenVereinigte Staaten

Jahr

1999

Dauer

188 min.

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