STICK CLIMBING von Daniel Zimmermann und UNTYING THE KNOTvon Jafar Panahi

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Zwei Kurzfilme: Eine begehbare Skulptur und eine 8 Minuten Anleitung zur Revolution

Zum einen ist das der Film Stick Climbing von Daniel Zimmermann, der mit einem Marsch durch ein Dorf unterhalb einer beeindruckenden Felswand beginnt. Das Bild schwebt mit Steadycam in einer Bewegung durch die Straße des Orts: Am Wegesrand oder entgegenkommend unter anderem: Ein Mann mit Esel, Musik vor einem Gasthaus, ein LKW drängt sich die enge Straße hoch, eine Tanzgruppe, eine Familie auf dem Fahrrad, Tennisspieler, Leute hier und da, alle in Bewegung. Für ein Dorf scheint viel los zu sein. Am Ende des Dorfs geht es dann links in den Wald und wir treffen auf am Fuss der Wand auf eine Holzlattenkonstruktion, die an der tatsächlich senkrechten Wand (Schwierigkeitsgrad 19+) angebracht nach oben führt.

In einem unmöglich erscheinenden Aufstieg geht es ohne (erkennbaren) Schnitt und Unterbrechung in einem irren Tempo hinauf, ohne dass man die Person je sähe. Man hört nur den Filmer Schnaufen bis er oben ist und auf das Dorf weit unter ihm blickt.
Die Vertikale wird im Film zur Horizontale und der irrwitzige Weg entlang der Latten tatsächlich zu einer Reise in die Möglichkeit oder Unmöglichkeit.
Fels und Latten und Film zu einer Bewegung in einer eigentümlich künstlichen Welt, die doch die Echte ist. Oder? Stick Climbing ist gleichzeitig Performance Film, abgefilmte Skulptur, eine Installations Dokumentation. Schön.

Der andere Film über Ding&Gesellschaft trägt den programmatischen Titel Untying the Knot und ist von Jafar Panhai. In jeder Sektion wird aus Solidarität mit dem inhaftierten Iraner ein Film gezeigt.
Dieser ist ein wenige Minuten dauerndes Drama um einen Teppich der verstorbenen Oma, den eine gehörlose Schwester und ihr Bruder in Armee Uniform in einem Auktionshaus verkaufen müssen, damit die Schwester heiraten kann.

Und wie der junge Mann sich nicht abwimmeln lässt, von „der und der ist nicht da“, oder „ich muss jetzt weg“, oder „mehr kann ich ihnen nicht geben“, oder sich Eintritt verschafft auch in die verbotenen Teile des Gebäudes, um nachzuverhandeln, dabei schmeichelt und jeden küsst, bis er erreicht hat, was er will - das ist eigentlich eine Studie wie Revolution im Iran vor sich gehen könnte: mit Küssen und Beharrlichkeit.

Den Knoten entwirren. Denn der Mann im Film kommt hin, wo er hinwill, überzeugt die Institution und Autoritäten am Ende ganz im Sinne Gandhis und Martin Luther Kings mit Geduld und Liebe.
Die Methode führt ja nach der Theorie des passiven Widerstands irgendwann dazu, dass der Gegner sein Gewissen und sein Herz entdeckt. „Wenn der Gegner ein Gewissen und ein Herz hat“ - wie die Black Panthers zu bedenken gaben. Das Regime im Iran hat den Regisseur jetzt erstmal zu Gefängnis und 25 Jahren Berufsverbot verurteilt.

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